II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 1), Paracelsus. Versspiel in einem Akt, Seite 24

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9. 1. Paracelsus
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Alexander Moissi, Renée Stobrawa, Walter Brandt in Schnitzlers „Paracelsus“.
mit süßer Zunge, er ist der Gütige, und schließlich hat er die große
Es ist jetzt die Jahreszeit, da die Theaterdirektoren nicht gute
Szene der Demütigung, als er, statt bestraft zu werden, entlaufen
Stücke für das Publikum heraussuchen, sondern gute Stücke für die
darf und noch dazu das Gestohlene als Geschenk erhält. Da exekutiert
großen Mimen, die sich mal wieder in Berlin sehen lassen.
er, durch diese Güte härter gestraft als durch Strafe, die berühmte
Publikum und Kritik brauchten sich also eigentlich weder um die
Verneigung, da bricht Schluchzen aus ihm, da ist er ganz Buße und
Stücke noch um die Aufführung kümmern, sondern nur um den,
um dessentwillen Stück und Aufführung gestartet werden.
Beschämung. Das alles macht Moissi mit schelmischer Grazie, ein
Nur durch eine Wand getrennt, spielt nun in den Kammerspielen
wenig sehr deutlich und wohlgefällig .. . immer als Paracelsus wie
Bassermann Schnitzler, und im Deutschen Theater Moissi
Schnitzler... hier der große Bariton, dort der große Tenorio
der Schauspielkunst. Sie spielen gerade den unbedeutendsten
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Schnitzler, denn es wird ja nicht Schnitzler Schnitziers wegen,
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sondern Bassermanns und Moissis wegen gespielt. Moissi gibt (in
Berlin zum erstenmal) Schnitzlers Versstückchen im Renaissance¬

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kostüm „Paracelsus“, das in seiner harmlosen Tändelei
manchmal an Koppel=Ellfelds „Goldene Eva“ erinnert, aber doch
mit einem tiefen Sinn untermalt ist.
Schnitzler ist bekanntlich der deutsche Dramatiker, in dessen
Stücke am meisten Verführung und Ehebruch getrieben wird. Hier

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nun ist der Trick, daß kein Ehebruch geschehen ist (noch nicht). Die
Frau des Baseler Biedermanns wird jedoch von Paracelsus derart


hypnotisiert, daß sie glaubt, sie habe bereits wirklich Ehebruch ge¬


trieben. So tritt sie (eine Trilby der Renaissance) dem Gatten
und dem Geliebten gegenüber, von ihrer Unzucht so überzeugt, und
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die anderen überzeugend, daß keiner mehr weiß, was Wahrheit war.