II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 1), Paracelsus. Versspiel in einem Akt, Seite 31

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9. 1. A
endairet anersenehferen an
BERLIN SO 16. RUNGESTRASSE.
Bearbeitet die deutsche und auslandische Presse auch auf Inseraste.
Liefert Listen über geplante Bauten aller Art. Geschäftseröffnungen.
Festlichkeiten usw.
Deutsche Tages=Zeitung
Morgenausgabe — Berlin SW. 11
Ausschnitt aus der Nummer vom¬
Su MA 224
Moissikult im „Deutschen Theaker“.
Das „Deutsche Theater“, einst eine Pflegestätte für Kunst¬
werke, lebt zurzeit von der Beliebtheit einzelner Künstler.
Das ist bequemer für die Leitung und segensreicher für — die
Kasse. Aber die Kunstpflege selbst geht dabei zum Teufel; denn
die Rampenlichtgrößen wählen sich ihre Rollen aus, und zwar
nach penönlichen Gesichtspunkten. Die Kulturarbeit des Drama¬
turgen het zu schweigen. Bassermann und Moissi beherrschen seit
Wochensen Kaum. Ihre Anbeter ziehen in Scharen zur Huldigungs¬
stätte und be###den einen Götzenkult, der als geschmackwidrig polizei¬
lich##soten Verden müßte. Vorgestern war es Bassermann, gestern
hatte Moissikdas Wort. Er wählte Schnitzler und Tolstoi. Das
liegt seinem lyrischen Singsang entschieden besser als Grillparzer,
der doch zuweilen auch innere Kraft verlangt. Schnitzlers kleines
Versspiel „Paracelsus“ ist eine launige Satire auf mensch¬
lichen Hochmut und menschliche Beschränktheit. Der „Wunder¬
doktor“ Paracelsus hat es leicht, mit den Menschen sein Spiel zu
treiben. Das Wunder seiner Kunst besteht einfach darin, daß er
ihre Schwächen durchschaut und ihnen daraufhin mit hoypnotischer
Kraft seinen Willen aufzwingt. Das ist hübsch und dramatisch
aufgebaut, wenn auch die schwermütige Ergebenheit gegenüber
menschlichen Leidenschaften etwas unbehaglich stimmt. Aber das
Bewußte und Selbstbewußte der Rolle des Paracelsus liegt der
spielerischen Art Moissis. Hier kann er Kopf und Augen ver¬
drehen, die Gesichtszüge nach Belieben falten und glätten, mit
Worten und Stimme jonglieren. Man nimmt es als Gaukelspiel
der Darstellungskunst und bemüht sich gar nicht, Herz und Gemüt
zu strapazieren. Sehr viel echter und ergreifender war sein
Gegenstück, der grobklotzige Waffenschmied Walter Brandts.
Die Entwicklung vom Brutal=Selbstbewußten zur Angst und
schließlich zu nachdenklicher Bescheidenheit vermochte in ihrer
Schlichtheit geradezu menschlich zu ergreifen.
Dann der Schulmeister Leo Tolstoi, der nach genauem
Schema — Punkt 1, 2 und 3 — die Menschen erziehen will. „Er
ist an allem schuld. Der Alkohol nämlich. Er macht den
kindlich=gutmütigen Kraftmenschen Michaila zum Rohling, den
Blücks= und Freiheitsschwärmer Moissi zum „Expropriateur, was
man gemeinhin Dieb nennt. So meint Tolstoi. Er hat aber noch
mehr gute Lehren auf Lager. So beispielsweise: Sei nicht vor¬
tilig in deinem Urteil. Oder: Vergelte Böses mit Gutem. Und
schließlich: Nehmt dem Menschen nicht das Menschentum. Das
steht alles recht trocken und ohne rechte Handlung nebeneinander.
Das Schlimmste aber bleibt der Alkohol. Der soll „an allem
schuld“ sein. Ob nicht das alte kluge Mütterchen der Sache sehr
viel näher kommt, wenn sie meint, das Schlechte liege wohl im
Menschen selbst? Moissi war hier als heruntergekommener
Freiheitsheld schlechthin meistehaft. Die haltlose slawische
Schwärmerei, ständig schwankend zwischen Schwermut und Aus¬
gelassenheit, schlürfte er behaglich wie ein köstliches Rausch¬
getrank in sich hinein, ließ sich die Sinne davon benebeln und sie
in allen Registern des Sentiments wieder ausströmen. Und
wieder war es die Kraftnatur Walter Brandts, der eine
Brücke vom Gefühlsüberschwang zum Menschlichen fand. Johanna
Terwins stürmisches Temperament rundete die Aufführung in
glücklicher Weise ab.
Nachdem sich die Enttäuschung über das Stück gelegt hatte,
tobte unentwegt eine völlig berauschte Schar um ihren Liebling
E. M.
Moissi.
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BERLIN SO 16, RUNGESTRASSE 22-24
Bearbeitet die deutsche und ausländische Presse auch auf In###te.
Liefert Listen über geplante Bauten aller Art. Geschäftseröffaungen.
Festlichkeiten usw.
Die
Zeit
Abendausgabe— Berlin SW. 48
Ausschnitt aus der Nummer vom:
4. MAl 82#
*Deutsches Theater. Alexander Moissi,
„em Gast, zu Ehren, gab es zuerst Schnitzlers
Versspiel in einem Akt: „Paracelsus“ eine
kleine wortgewerbliche Arbeit, die heute kaum
noch Reize hat, zumal das Episödchen aus dem
Leben des großen Paracelsus von dem Medizinen
in Schnitzlereinfach zu einer hypnotischen Szeye
gemacht wirh, „die Moissi als ein psychologisch
moderierter S#ali spielte. Vorzüglich aber
war er incolckois kleiner Komödie: „Er ist
an allem schuld“ nämlich der Alkohol,
diesem besten Propagandastück für die Abstinenz.
Namentlich im ersten Akt war Moissi ganz her¬
votragend. Dieses In=sich=selbst=vergnügt=sein,
#e reizende Seelenbeiterkeit des primitiven, ach
so liebenswürdigen Vagabunden, des typischen?
russischen Barfüßlers mit dem etwas schwachen
Kopf, aber dem reichen Herzen, das war be¬
zaubernd menschenecht, und man spürte in jedemf
Augenblick, wie tief der Darsteller diesen russischen
Menschen liebt, versteht und darum auch ohne
Mätzchen und Mimeneitelkeit darzustellen vermag.
Wenn ihn der Alkohol dann aber wieder am
Kragen hat und er pathetisch wird, ist er freilich
wieder der Heldenmoissi, den ich nicht mag. Ein
feiner Charakterkomiker steckt in diesem Schau¬
spieler, wie es scheint. Am Ende gibt er als
selcher noch sein Bestes? — Was um ihn herum
sich bemühte, russische Bauern zu spielen, war
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fürchterlich mitanzusehn.