II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 1), Paracelsus. Versspiel in einem Akt, Seite 36

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BERLIN SO 16, RUNGESTRASSE 22-24
Bearbeitet die deutsche und ausländische Presse auch auf Inserate.
Liefert Listen über geplante Bauten aller Art. Geschäftseröffnungen.
Festlichkeiten usw.
Berliner Allgemeine Zeitung
Berlin SW. 68
Ausschnitt aus der Nummer vom:
— A. MAl ·922
„Schuihler und Tolstoi J)
im Deuischen Theater.
Gastspiel Alexander Moissi.
Ja, es ist nicht leicht, durch Erfolge in aller
Welt verwöhnt zu werden und doch einfach zu
bleiben. Unser lieber, bewunderter, glänzend kon¬
servierter und so unendlich begabter Moissi hat
auf seinen langen Gastspielfahrten nun allmäh¬
lich eine Art angenommen, die zum Widerspruch
herausfordert. Der einst so Stürmische, Feurige,
in dem immer ein zitterndes Gefühl sich bis zur
Explosionsgefahr zusammenzuballen schien, ist
mehr und mehr ganz bewußt, bereuhend, soloy
spielerhaft geworden. Er scharmiert mit dem
Lublikum, in das er betonte Stellen, oft gar
lbstgefällig, hineinspricht. Er zerdehnt Sätze,
neinen Effekt wie Pfefferkörner auszubreiten.
legt seine Wirkungen gleichsam auf den Teller,
schmiert ein Brot erst mit Butter, dann mit Mar¬
melade, dann mit Gelee, und legt noch eine
terschicht darüber. Das muß einmal ganz
klar ausgesprochen werden. Gerade wer die alte
Reigung zu diesem feinen Sprecher, diesem phan¬
tasiereichen Schauspieler bewahrt hat, muß am
dringlichsten wünschen, daß er die Stargewohn¬
heiten, die sich eingeschlichen haben, wieder zum
Fenster hinauswirft.
Schnitzlers reizvoller und geistreicher Ein¬
akter „Paracelsus“ stellt dar, wie der Wun¬
derdoktor, Abenteurer und Menschenkenner des
16. Jahrhunderts in ein Patrizierhaus kommt,
dessen Herrin er einst geliebt hat. Durch das
Philistertum des Gatten gereizt, entfaltet er
seine hypnotischen Zauberkünste und leuchtet in
lerlei Rätsel und Unsicherheiten der braven
ürgerehe hinein. Der Schauspieler würde den
stärksten Eindruck machen, wenn er zuerst als
schlichter Mensch unter Menschen auftreten und
dann erst seinen Dämon loslassen würde. Aber
Moissi kann nicht abwarten. Er muß sofort mit
der Miene eines in Trance befindlichen Geister¬
menschen hereintreten, weil das anscheinend die
Aufmerksamkeit stärker fesselt. So bleibt alles
im gleichen Ton, es fehlt an Steigerung und Be¬
wegung. Und doch fühlt man, wie außerordent¬
lich der Künstler in dieser Rolle sein könnte. Denn
ex hat die magische Kraft des Blicks, das Lächeln
der Ueberlegenheit, die gebietende Sicherheit des
Wesens, die dem Paracelsus angemessen sind.
Das Ensemble der übrigen kommt nur recht und
schlecht mit: Grete Mosheim in einer Neben¬
rolle, hatte am ehesten einen persönlichen Umriß.
In Tolstois wunderschöner kleiner Ko¬
mödie aus dem Nachlaß, die unter dem Titel
„Er ist an allem schuld“ die Verderblich¬
keit des Branntweins annagelt, spielt Moissi den
Wanderburschen, der in das Bauernhaus hüpft,
artig und manierlich ist, bis der Schnaps ihn zu
einem kleinen Diebstahl verleitet, und nachher als
ein schluchzender Büße fortwankt. Solche ent¬
gleisten Existenzen und schwachen Seelen, an denen
die russische Literatur reich ist, haben ihm von
jeher am besten gelegen. In diesen Rollen war
er mir immer lieber, als wenn er deklamato¬
risches Pathos aufbot. Er ist auch jetzt noch ein
liebenswürdiger Bursch von de Landstraße, voll
von Schnurren, mit der komischen Grandezza
eines kleinen proletarischen Hochstaplers. Aber
auch da hört das Liebäugeln mit den Zuschauern
nicht auf und verdirbt ganze Partien. Teurer
Alexander Moissi, such' ein Obdach, geh' ein in
irgendeinen festen Kreis, wo du auch einmal
zurückzutreten verstehst, hinter den Mitspielern,
hinter dem Gesamtwerk einer. Dichtung, und
unsere Liebe zu dir wird wieder ihre ganze alte
Zärtlichkeit zurückgewinnen.
Max Osborn.
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ADOLF SCHUSTERMANN
ZEITUNGSNACHRICHTEN-BUREAU
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Datum: ###
Moissi-Abend
Von
Ernst Blaßt
Zuerst gbleic Flexander Moissi als relativisti¬
scher Hypi#eti## Schnitzlers Einakter „Para¬
celsusunwersam, weil Hypnose und Relati¬
vismus für den Zuhörer nichts Faszinierendes
mehr haben können, und man nicht verstehl, wozu
der große Schatten des Paracelsus heraufbe¬
schworen werden muß, wenn es sich nur darum
handelt, ein bekanntes Experiment zu machen und
diesem eine kleine Betrachtung über die Relativität
von Einbildung und Wirklichkeit nachzusenden. —
Danach, in Tolstois Komödie „Erist anallem
schuld“, bezaubert Moissi als alkoholischer, halb¬
zerstörter, graziös prahlender und stehlender Hand¬
werksbursche Personen und Zuschauer des Stücks
durch eine selige, schöne Unzurechnungsfähigkeit,
durch die Anmut der Willensschwäche, durch den
zarten Glanz und die heimliche Güte des Lasters.
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