II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 1), Paracelsus. Versspiel in einem Akt, Seite 38

aracelsus
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DRUEKENWWEN
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Gute Entwürfe
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Dienstag, 6. Mai 1924
ADOLF SCHUSTERMANN
ZEITUNGSNACHRICHTEN-BUREAU
mehrere Wochen in Dresden gesungen hatte,
er augenblicklich seine Stimme im
läßt
BERLIN SO 16, RUNGESTR. 22-24.
Kristallpalast=Varieté in Leipzig
hören. Dieses Auftreten im Varieté veran¬
Film-Kurler. Berlin.
laßte das „Neue Wiener Journal“, einen
Zeitung:
Artikel über Slezak zu schreiben, worin der
Künstler bemitleidet wurde, da er „um des
e & MAI 2N
Adresse:
Mammons willen“ genötigt sei, in
„Rauchtheatern“ zu singen. Leo Slezak hat auf
diesen Brief in launiger Weise folgendermaßen
Datum:
geantwortet:
„Verehrter Herr Redakteur! Von liebe¬
voller Seite wurde mir der von Besorgnis um
meine Stimme überströmende Artikel aus
Theater und Kunst
Ihrem geschätzten Blatte eingesandt. Diese Be¬
A een1
Allerdings ist für
sorgnis ist unbegründet.
normale Abende der Kristallpalast in Leipzig
Schnftler: „Parazelsus“. Ein Spiel in
ein Rauchtheater, aber seit ich hier gastiere ist
Anmüt und Oberfläche; deshalb etwaige
ein strenges Rauchverbot vom Beginn der Vor¬
Probleme ungewollt aufleuchten machend.
stellung bis nach meinem Auftreten erlassen,
Parazelsus ... Magie, Welt, der Schatten¬
das vom Publikum in der respektvollsten Weise
tanz unseres Daseins!
befolgt wird. Es ist vorgekommen, daß ein
Graziöse Causerie um die tiefsten Dinge
Ahnungsloser sich vor meiner Abteilung eine
herum mit der Aktitüde als ginge es in sie hin¬
Zigarre anzünden wollte. Er wurde von seinen
ein. Man wird unwillig.
Sitznachbarn aufmerksam gemacht.
Dieser Parazelsus ist Moissi. Kanten ab¬
Da mein Auftreten nur wenige Minuten
schleifend, die Dämmerung aufzeigend mit der
dauert, so kommt es als Arbeitsleistung kaum
nihilistischen Geste: was wissen wir? Nichts!
den Gesangsübtngen gleich, die ich täglich zu
Er findet zuweilen Innigeres als das Niveau
machen pflege, nur mit dem Unterschied, daß
des Spieles ihm gibt.
diese Uebungen nicht honoriert werden. Ich
„Er ist an allem schuld.“ Komödie in zwei
halte es für die Stimme eines Opernsängers
Szenen von Tolstoi.
für weitaus schädlicher, fünfzig bis sechzig
Ein Bettler handelt schlecht an seinen Gast¬
Abende en suite in einer Operette eine große
gebern und bringt sie zu moralischer Ent¬
Rolle singen, sprechen, spielen und gar tanzen
scheidung für das Gute. Jüdem er sie mit unserer
zu müssen... Jedenfalls bin ich am 15. Mai in
aller menschlichen Schwäche erschüttert.
Wien und werde auf heimatlichem Todon wie¬
Im Rausch tut er Böses, sagt er. Vorher sagt
der dreimal wöchentlich tragische Konflikte lösen
er es; kaum hat er getrunken, tut er es, an
und von sieben bis zehn als sonniger Held in
seinen Gastgebern. Bestiehlt sie.
unserer hehren Kunst baden.
Man holt ihn zurück, will ihn strafen; er be¬
kennt in Demut, will Strafe. Man entläßt ihn
Die Bezeichnung „armer Slezak“ ist jetzt
beschenkt. Um Christi Willen!
gottlob fehl am Ort. Der „arme Slezak“ war
Vier Menschen erfüllen das moralische
ich, bevor ich am Varieté gesungen habe, und“
Postulat des Evangeliums an einem, der ihnen
wenn ich auch noch nicht der reiche Slezak bin,
vorher ein toller Luftikus schien. Aber vier
so bin ich doch weniger aem als vor zwei
russische Menschen (niemals wäre er in Mittel¬
Monaten.
europa um die Schupo herumgekommen, einer
Warum ich es tat? Böse Menschen sagen,
unter den vier hätte es gemanaget). Es sind
des Mammons wegen. Das ist eine lieblose
Russen, also einige. Grade mehr Gottes Ge¬
Auslegung meiner kulturfördernden Absichten.
schöpfe. Mehr Unterlassungssünder, als Sünder.
Ich will richtigen Stimmansatz und Gesangver¬
Nur ihre Oberfläche ist giftig; Geschöpfe, die im¬
edelung ins Varieté tragen. —
Sonst nichts!
mer aufzuwühlen sind durch das Gute.
Mit herzlichsten Grüßen bin ich Ihr ganz er¬
Moissi als Bettler gab beseelte Wärme mit
gebener
Regie an¬
einiger Zurückhaltung. Gerners
Kammersänger Leo Slezak.“
Jawitz.
spruchslos und durchschnittlich.
Die blaue Vier.
Unter diesem Titel, der offenbar in Erinne¬
Slezak im Varieté.
rung an den einstigen „Blauen Reiter“ Franz
Der berühmte Tenor Leo Slezak tritt seit
Marcs und Kandinskys gewählt wurde. haben
einiger Zeit im Varieté auf. Nachdem er sich jetzt die in Weimar wirkenden Künstler
Rente idr