D
9.2. Jie Gefaehrtin box 14/7
gzmanen
FRE BEHAA
NC
„ODUEIVER
österr. behördl konz. Unternehmen für Zeitungs-Au
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
nigen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr).
Ausschnitt aus:
Sdeuische Allgemeine Zotungs
vom:
LS 1909
Theater und Musik.
B. Das Lessing=Theater hatte für Sonnabend ein
kälteres Stück aus seinem Repertoire hervorgeholt: Die Ge¬
fährtin, Schauspiel in einem Akt von Arthur
Schnitzler, und gab ihm mit allen Stimmungsmitteln,
Bühne für die moderne Dramatik verfügt, neues
Neben. Der Einakter ist durchaus auf den seelischen Kampf
eines einzelnen gestellt, eigentlich mehr retrospektiv als fort¬
schreitend, ohne besonderes äußeres Geschehen und duher
mehr Novelle in dialogisierter Form als scharf sich zu¬
spitzendes Drama. Wenn das kleine Werk dennoch eine
oftmals atemlose Spannung erweckte, so war das vor allem
der außerordentlichen Kunst des Herrn Oskar Sauer zu¬
danken, die, scheinbar ganz schlicht und gleichwohl auf
vollendete Technik gestützt, das Stück zu einem wahrhaft
erschütternden Erlebnis gestaltete. Herr Sauer hat gewisser¬
maßen nur einen Monolog zu sprechen, den zwei Personen
erläuternd und klärend unterbrechen. Am Ende bleibt sein
Spiel für etliche Minuten stumm und wird zu einer
von kurzer Pantomime; und gerade hier wirkt er
mit gleicher Intensität, wie ein Schauspieler, der
eine große Rede mit flammenden Sätzen schließt. Die
Einfachheit triumphiert; man ist versucht, von einem Raffinement!
der Einfachheit zu sprechen, in der Herr Sauer an der Bühne
der Gegenwart seinesgleichen vielleicht vergeblich suchen würde.
In die Stimmung der Trauer ist das Schauspiel gehüllt.
Denn Professo Robert Pilgram hat eben seine um zwanzig
Jahre jüngere Frau durch einen jähen Tod verloren. Noch
klingen die stillen Schauer des Begräbnisses nach. Doch schnell
soll über den Witwer ein niederschmetterndes Erkennen kommen.
Durch eine Freundin seiner verstorbenen Gattin, durch Briefe,
die diese zurückbegehrt, wird dem Professor nach und nach be¬
stätigt, was er lange wußte: seine Frau hat ihn betrogen, mit einem
jüngeren Gelehrten betrogen, der Pilgrams Schüler und
Freund ist. Pilgram versteht, begreifi und würde auch ver¬
ziehen haben, wenn die beiden zu ihm gekommen wären und
gebeten hätten, sie frei zu lassen. Schlimmeres aber noch wird
dem Professor offenbar. In später Abendstunde erscheint, aus
einem Seebade herbeigeeilt, jener Freund, um dem Professor
kondolierend die Hand zu drücken. Ein geschickt gesteigertes
Gespräch entdeckt, daß der junge Mann bereits seit Jahr und
Tag eine Verlobte besitzt. Das raubt dem Professor Pilgram
die Fassung: denn somit ist seine Gattin ja nur für jenen eine
untergeordnete, eine lediglich genießende Geliebte gewosen! Er weist
in aufbrausender Entrüstung dem bisherigen Freunde die Tür.
Dann ein kurzer innerer Kampf, und Pilgram gewinnt sich
selbst zurück, schüttelt das Vergangene wie eiwas Ekles ab und
verschließt das Zimmer seiner Frau, gewillt, auf längerer Reise
vollends zu überwinden.
Wie nun Herr Sauer diesen
Professor Pilgram darstellte, wie er alle Phasen seines seelischen
Ringens zu packender Wahrhaftigkeit werden ließ, wie dieser
feingeschnittene Kopf, dieses seltsame Blicken der Augen, dieser
ganze vornehme Gestus zu überzeugenden Ausdrucksmitteln und
sprechenden Interpreten für den inneren Kampf wurden, — das
war schlechthin meisterlich, und das wirdso leicht nicht vergessen, wer
es gesehen und gehört hat... Die Freundin der Professorsgattin
spielte Frl. Mathilde Sussin wie ein Verhängnis, das auf
leisen Sohlen unerbittlich naht; und den Schüler und ehemaligen
Hausfreund machte Herr Stieler mit einem Ton der Ver¬
haltung, der das Bewußtsein einer Schuld vernehmlich genug
anklingen ließ. Am Ende des Stückes — der Vorhang senkt
sich über das mondscheindurchleuchtete Zimmer der Ver¬
storbenen, das der betrogene Gatte von außen verschließt —
löste sich die Spannung in lebhaften Beifall auf. Doch der
Verfasser konnte nicht vortreten, da er nicht anwesend war
und die Schauspieler durften es nicht ..
Die Traumdichtung Hanneles Himmelfahrt vor
Gerhart Hauptmann folgte. Man hatte sie in einigen
gegen früher anders besetzt
und
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9.2. Jie Gefaehrtin box 14/7
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„ODUEIVER
österr. behördl konz. Unternehmen für Zeitungs-Au
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
nigen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr).
Ausschnitt aus:
Sdeuische Allgemeine Zotungs
vom:
LS 1909
Theater und Musik.
B. Das Lessing=Theater hatte für Sonnabend ein
kälteres Stück aus seinem Repertoire hervorgeholt: Die Ge¬
fährtin, Schauspiel in einem Akt von Arthur
Schnitzler, und gab ihm mit allen Stimmungsmitteln,
Bühne für die moderne Dramatik verfügt, neues
Neben. Der Einakter ist durchaus auf den seelischen Kampf
eines einzelnen gestellt, eigentlich mehr retrospektiv als fort¬
schreitend, ohne besonderes äußeres Geschehen und duher
mehr Novelle in dialogisierter Form als scharf sich zu¬
spitzendes Drama. Wenn das kleine Werk dennoch eine
oftmals atemlose Spannung erweckte, so war das vor allem
der außerordentlichen Kunst des Herrn Oskar Sauer zu¬
danken, die, scheinbar ganz schlicht und gleichwohl auf
vollendete Technik gestützt, das Stück zu einem wahrhaft
erschütternden Erlebnis gestaltete. Herr Sauer hat gewisser¬
maßen nur einen Monolog zu sprechen, den zwei Personen
erläuternd und klärend unterbrechen. Am Ende bleibt sein
Spiel für etliche Minuten stumm und wird zu einer
von kurzer Pantomime; und gerade hier wirkt er
mit gleicher Intensität, wie ein Schauspieler, der
eine große Rede mit flammenden Sätzen schließt. Die
Einfachheit triumphiert; man ist versucht, von einem Raffinement!
der Einfachheit zu sprechen, in der Herr Sauer an der Bühne
der Gegenwart seinesgleichen vielleicht vergeblich suchen würde.
In die Stimmung der Trauer ist das Schauspiel gehüllt.
Denn Professo Robert Pilgram hat eben seine um zwanzig
Jahre jüngere Frau durch einen jähen Tod verloren. Noch
klingen die stillen Schauer des Begräbnisses nach. Doch schnell
soll über den Witwer ein niederschmetterndes Erkennen kommen.
Durch eine Freundin seiner verstorbenen Gattin, durch Briefe,
die diese zurückbegehrt, wird dem Professor nach und nach be¬
stätigt, was er lange wußte: seine Frau hat ihn betrogen, mit einem
jüngeren Gelehrten betrogen, der Pilgrams Schüler und
Freund ist. Pilgram versteht, begreifi und würde auch ver¬
ziehen haben, wenn die beiden zu ihm gekommen wären und
gebeten hätten, sie frei zu lassen. Schlimmeres aber noch wird
dem Professor offenbar. In später Abendstunde erscheint, aus
einem Seebade herbeigeeilt, jener Freund, um dem Professor
kondolierend die Hand zu drücken. Ein geschickt gesteigertes
Gespräch entdeckt, daß der junge Mann bereits seit Jahr und
Tag eine Verlobte besitzt. Das raubt dem Professor Pilgram
die Fassung: denn somit ist seine Gattin ja nur für jenen eine
untergeordnete, eine lediglich genießende Geliebte gewosen! Er weist
in aufbrausender Entrüstung dem bisherigen Freunde die Tür.
Dann ein kurzer innerer Kampf, und Pilgram gewinnt sich
selbst zurück, schüttelt das Vergangene wie eiwas Ekles ab und
verschließt das Zimmer seiner Frau, gewillt, auf längerer Reise
vollends zu überwinden.
Wie nun Herr Sauer diesen
Professor Pilgram darstellte, wie er alle Phasen seines seelischen
Ringens zu packender Wahrhaftigkeit werden ließ, wie dieser
feingeschnittene Kopf, dieses seltsame Blicken der Augen, dieser
ganze vornehme Gestus zu überzeugenden Ausdrucksmitteln und
sprechenden Interpreten für den inneren Kampf wurden, — das
war schlechthin meisterlich, und das wirdso leicht nicht vergessen, wer
es gesehen und gehört hat... Die Freundin der Professorsgattin
spielte Frl. Mathilde Sussin wie ein Verhängnis, das auf
leisen Sohlen unerbittlich naht; und den Schüler und ehemaligen
Hausfreund machte Herr Stieler mit einem Ton der Ver¬
haltung, der das Bewußtsein einer Schuld vernehmlich genug
anklingen ließ. Am Ende des Stückes — der Vorhang senkt
sich über das mondscheindurchleuchtete Zimmer der Ver¬
storbenen, das der betrogene Gatte von außen verschließt —
löste sich die Spannung in lebhaften Beifall auf. Doch der
Verfasser konnte nicht vortreten, da er nicht anwesend war
und die Schauspieler durften es nicht ..
Die Traumdichtung Hanneles Himmelfahrt vor
Gerhart Hauptmann folgte. Man hatte sie in einigen
gegen früher anders besetzt
und
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