II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 29

box 14/2
8. Freiwil

welche die diganisirte socialdemo¬
Trouillot, hat sich angesichts der bevorstehenden Drittel¬
beren der Fall sei. Der kratische Arbeiterschaft ihre Zustimmung zu den Beschlüssen der
Erneuerung des Senates beeilt, seinen Bericht fertigzustellen,
hen Folgen einer zu in¬
heutigen Versammlung ausspricht. Ein Arbeiter kritisirte sodann sehr
scharf die Haltung des Jungczechen=Clubs bei der letzten und es wurde die Vorlage desselben in der Deputirten¬
gebung des betreffenden
ein Duell dessen Existenz als Officier vernichtet sei, weist
denn auch der Grundgedanke von „Freiwild" verfehlt,
dreifachen Betruge an
er die Zumuthung weit von sich und setzt sich lieber der
selbst wenn der Verfasser darauf verzichten würde,
Ehre, an den Eltern
Rache des Gegners aus, der ihn denn auch bei der ersten
die Comödie eines Scheinduells einem österreichischen
es kam ihm weniger
Begegnung und der erneuten Weigerung, sich zu schlagen,
Officier in den Mund zu legen, die für diesen
Zweikampfes zu prüfen
wie für jeden Officier eine moralische Unmöglichkeit ist.
auf der Straße niederschießt. Der tödtlich Getroffene sinki
jungen Mann noch
Große Meisterschaft hat Schnitzler dagegen in der satirischen
vor den Augen der Geliebten zusammen. „Gehen Sie!
schon
wenn
hängt
Schilderung der Sphäre bewiesen, in welche er sein Drama
sagt ihr der Arzt, und mit ihrer verzweiflungsvollen Frage:
In dieser spannen¬
verlegt hat. Mit knappen Strichen sind die frivolen mili¬
„Wohin?" fällt der Vorhang.
eigentliche Werth des
tärischen Lebemänner und das flotte Theatervölkchen der
Eine Frage bleibt auch das Drama. Sind die allein
Antes Gegenstück zu der
Sommerbühne in dem Badeorte „nicht allzu weit von
stehenden jungen Mädchen, die ihr cynischer Director der
t desselben Dichters ist.
Wien“ gezeichnet. Der Husaren=Lieutenant Vogel, welcher
Schande in die Arme wirft, indem er fragt: „Glauben Sie
zur Discussion, und
sein Verhältniß zu den Theaterdamen, als von Verehrung
vielleicht, daß ich meine Mitglieder ernähren soll?", das
Contrast zwischen Offi¬
die Rede ist, so bezeichnet: „Mit so feinen Worten bin ich
Freiwild, oder ist damit der Bürgerliche gemei welcher,
Diese scharf zugespitzte
riesig sparsam; verehren thu' ich die Frau Majorin, auf
sche Wirkung erhöht, die nach der anscheinenden Meinung des Autors, den gewalt¬
die Mädeln vom Theater hab' ich a Schneid," ist, vor
dert. Er läßt einen thätigen Rache des Officiers preisgegeben sein soll, wenn er
Hermann Müller vorzüglich in transleithanischem Deutsch
auf dessen Begriffe von Genugthuung nicht eingeht? Der
impfendes Wort über
gespielt, ein Cabinetstück wie die lustige Soubrette der
Dichter hat es unterlassen, eine solche Folgerung zu ziehen,
einem jungen Bürger¬
Frau Gisela Schneider und der von Herrn Reinhardt,
aber den Zuhörern drängt sie sich in dem einen oder
gen, aber diesem die
einem jungen Wiener Künstler, gut charakterisirte Komiker,
andern Sinne auf und führt leicht zu tendenziöser Auf¬
weigern. Die Gründe,
der, von Eifersucht geplagt, immer in tiefster Schwermuth
fassung, wozu der empörende Fall Brüsewitz in Karlsruhe
halten gegenüber seinen
einhergeht. Das im Vordergrunde stehende Paar von
einen naheliegenden Anhaltspunkt gibt. Allein dieser Vor¬
er habe einfach einen
Gegnern wurde von Rittner und Sauer eindrucksvoll dar¬
fall, bei dem ein Bürgerlicher wegen einer Lappalie von
sein Leben um eines
gestellt, und in Fräulein Annie Trenner, welche die sitten¬
einem Officier auf der Stelle erstochen wurde, ist
setzen, das Duell
strenge junge Schauspielerin mit herbem Ernste spielte,
mit dem des Schnitzler'schen Dramas nicht zu ver¬
wenngleich in dem
lernten wir ein tüchtiges Talent kennen. Mit großer Sorg¬
gleichen. Wer das Duell verwirft, kann es nur thun
nicht vorkommt, doch
falt wurde in dieser Vorstellung des Deutschen Theaters
weil er aus sittlichen und rechtlichen Gründen die Selbst¬
„Ehre besee mich
auf das einheitliche Festhalten des österreichischen Codrits
hilfe verurtheilt. Aber so darf der Sachverhalt nicht ver¬
Ehre mich beim Vor¬
geachtet und die Erfüllung dieser Aufgabe durch eine große
schoben werden, daß dem Einen zugestanden wird, eine Un¬
in Ehre ein Bein an¬
Anzahl vorzüglicher österreichischer Kräfte ermöglicht, indem
bill mit der Faust zu rächen, während man dem Andern
n. Oder den Schmerz
selbst namhafte Schauspieler, wie Emanuel Reicher, sich mit
das gleiche Mittel der Abwehr verweigert. Vollends erscheint
versteht sich also nicht
kleineren Rollen harmonisch in das Ganze einfügten, Künstler,
es unbillig und in allzu starken Widerspruche mit der ge¬
Ehre? Ein Wort
denen der österreichische Accent fremd ist, wie Nissen und
schichtlichen Entwicklung, wenn man damit beginnen will,
kanne irre werden und
der beliebte Komiker Thielscher, wurden mit Nutzen in
Comment=Reiter" mit bei dem Soldaten, dem der Degen das Symbol der Ehre
Rollen verwendet, in denen dieser Mangel nicht störte und
und seines Berufes ist, den Begriff des Zweikampfes aus¬
r), ihm verächtlich den
doch ihr künstlerischer Werth zur Geltung kam. Der geist¬
zumerzen. Es wird schon viel gewonnen sein, wenn es ge¬
de Sache nur aus dem
volle Wiener Autor hatte jedenfalls einen starken Erfolg,
lingt, im Heere die gewaltthätige Sitte auf die schwersten
aber will und soll
und der Berliner Aufführung darf er danken, daß sie
Fälle der Ehrenkränkung einzuschränken und die bürger¬
als ihm ein auffallen
mehr die glänzenden Seiten seines Talents als die inneren
lichen Elemente unter einander von der Pflege des alten
nt des Herausforderer
E. S.
Schwächen des Dramas hervortreten ließ.
einzugehen, weil ohne ständischen Vorurtheils abzuhalten. Darum erscheint uns