II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 46

8. Freiwild box 14/2
deren Regierung diese
schwierige Aufgabe in Angriff nehmen. Ent¬
van veeren ausschließlich im Wege des gen¬
wird vom Sultan die Verwirklichung seine
mehr, die für Preise ausgesetzte Summe von
etwas aufgeblasene Jüngling weist alle Mahnungen
der Autor nicht durch eine aufgebauschte Glori¬
9000 M. so zur Vertheilung zu bringen, daß ein
entweder durch spitzfindige Titeleien oder
fikation seines Helden denjenigen einen Köder hin¬
zweiter Preis zu 300 M. und drei dritte Preise zu
durch ein unmotivirtes „Nein, ich will
geworfen, welche überhaupt gegen den Militaris¬
je 2000 M. verliehen werden. Hierauf wurden
nicht
zurück. Da erscheint ein Kamerad
mus sind. Damit mochte Herr Schnitzler einen
zuerkannt dem Bildhauer Werner Stein in Leipzig
Karinskis bei Rönning; er dringt in mildester
Zünder in die Anschauungen geworfen zu haben.
den 2. Preis von 5000 M., dem Bildhauer Wand
Form in den Querkopf und legt ihm dar, daß
welche das Premièren Publikum gerade diese
schneider in Charlottenburg ein 3. Preis von 2000 M.
wenn der geschlagene Offizier nicht Genugthuung
Theater hegt, denn es bereitete dem Antor be¬
dem Architekt Hans Patzel und dem Bildhauer erhalte, er ruinirt sei, er quittiren müsse; der Ver¬
sonders da die spontausten Ovationen, wo er den
Oskar Rühm, beide in Dresden, sowie dem Bild¬
mittler deutet auch an, es solle bei einem Duell
Gegensatz zwischen Militär und Civil zu Gunsten
hauer Carl Meisen in Friedenau je ein 3. Preis
mehr auf die Form geachtet und das Leben des
des letzteren ausklingen ließ. Der Autor hat mit
von 2000 M. Die Entwürfe von Bildhauer Wil¬
Jünglings geschont werden. Dieser Vorschlag,
seinem Stücke viel Staub ausgewirbelt; wir würden
helm Haverkamp in Friedenau bei Berlin, von
2 klarer gerechtfertigt wird, bleibt gleich¬
dies einer Betrachtung nicht für nothwendig er¬
Hugo Lederer in Berlin und von Johannes
falls wirkungslos, ebenso die Bitte des mit
achtet haben, wären in dem Staube nicht einige
Nötiger in Berlin und zum Ankaufe für je 500 M.
Rönning inzwischen verlobten Mädchens, zu
schöne glitzernde Steinchen zu bemerken gewesen.
empfohlen worden.
fliehen oder einer Begegnung mit Karinski
Vermögen wir uns auch nicht mit der Tendenz
auszuweichen. Könning, der anfangs verreisen
des Schauspiels einverstanden zu erklären, müssen
wollte, bleibt nunmehr, was er damit motivirt, daß
wir doch dessen Fassung als recht geschickt bezeichnen.
2 sich das Leben von seinem Gegner nicht schenken
Die Figuren sind scharf mit überraschender Natur¬
Deutsches Theater.
lassen wolle. Er versieht sich mit einer Waffe und
treue gezeichnet. Die lustige, stets zum Soupiren
Der hier als Autor bereits bekannte Herr
scheint nun eine Begegnung mit dem Offizier geneigte Soubrette, ihr frecher Direktor, der Alles
Arthur Schnitzler hat in seinem gestern der
provoziren zu wollen. Dieser trifft ihn. Nach einer
nur auf seinen Kaffeerfolg berechnet, sind ebenso
Oeffentlichkeit übergebenen dreiktigen Schauspiele
öffentlich nochmals ergangenen, dreimal wiederholten
schonungslos wahr, wie echt der sich langweilende
„Freiwild“, ei sehr aktuelle Themata berührt;
jedoch vergeblichen Forderung erschießt Karinski den
vergnügungslüchtige Lieutenant und die gesinnungs¬
das eine streift die soziale Stellung, welche Schau
Jüngling. Dann stellt sich der Offizier seiner
tüchtigen Freunde des beiden Hauptpersonen. Die
spieler des leichteren Genres in der Gesellschaft ein
Behörde.
Reden der Theaterangehörigen sind manchmal sehr
nehmen, das andere und zwar das Hauptthema,
Wie aus diesem Inhalte ersichtlich ist, hat
unverfroren; sie decken Privata auf, welche auf
schlägt rücksichtslos in die gerade jetzt so brennende
Herr Schnitzler mit seinem Stücke ebenso
offener Bühne, auch wenn sie als Folle für den
Duellfrage. Um die von dem Autor zu Stand¬
wenig etwas Neues geschildert, wie er der
Ernst der Handlung dienen sollen, abloßen wirken.
gebrachte Verquickung dieser beiden Punkte zu einem
jetzt wieder dem Brennpunkte öffentlicher
Da Handlung und Gesinnungsweise ganz auf
Schauspiele näher zu beleuchten, müssen wir uns
Diskussion stehenden Frage des Duell zwischen
österreichische Verhältnisse zugeschnitten sind, hatten
in Nachfolgendem mit dem Inhalte des Stücke
Militär und Civil eine andere als die eben ge¬
de Schauspieler auch im Idiom dieses Landes zu
eingehender beschäftigen.
bräuchliche Deutung gegeben hat. Auch wenn in
reden. Einzelnen gelang dies gut, wieder Andere
Bei Beginn der Handlung flattert vor uns die
dem Stücke ein hitziger und ein sierköpfiger Charakter
warfen den Zwang bald fort. Vollsten Lobes werth
lustige, leichtsinnige Gesellschaft eines Operetten¬
einander gegenüber gestellt werden und die Aktion
sind Fräulein Treuner als Anna, Frau Gisela
Unternehmens auf, das sich unweit von Wien ein
auf das Gebiet des Temperamente hinübergespiel
Schneider als die fidele Soubrette und
Operationsfeld aufsuchte. Aus dem Munde öster¬ wird, kann der Ausweg für die so entstanden¬
die Herren Kauer (Karinski), Rittner (Rön¬
reichischer Offiziere erfahren wir, was von den werd
Differenz, kein anderer als der auch im Leben bestehende
dung), Nissen (der vermittelnde gherzige
lichen Mitgliedern dieser Truppe gehalten wird
sein. Rönning bleibt tand gegen die Mahnung der
Diszier) und Herrmann Müller (Lieutenant). Auch
wir vernehmen auch, daß es nur einer der Damen
Freinde, daß nach dem militärischen Koder
die Herren Reicher und Hanns Fischer ver¬
möglich wurde, sich den Ruhm der Bestätin zu
über das Duell, der Offizier, dem eine
dienen Anerkennung für die Art, wie sie die Freunde
wahren. Für diese, Anna Riedel benannt, brennt in
Satisfaktion verweigert wird, sich diese suchen muß
spielten. Herr Thielscher hatte sich den Theater¬
wild auflodernder, leidenschaftlicher Flamme der
wo er sie findet, daß er sie ausüben muß und sei es
direktor auf seine Spielweise gezogen, womit er viel
Oberlieutenant Karinski, und schwärmt in auf
selbst unter Aufgeben seiner Karriere. Mit dem Titel
Wirkung erzielte.
richtige. Verehrung Paul Rönning, ein unabhängiger
„Freiwild“ sollte zwar Mitleid für den Helden der
Der Autor wurde mehrfach gerufen, besonders
junger Mann. Der mißlungene Ausfall einer
Schauspieles heraufbeschworen, dieser als ein Opfer
lebhaft, als sich zum Schluß einige Widersacher ver¬
Wette bringt beide Herren so aneinander, das
des Militarismus hingestellt werden; indes, das
nehmen ließen. Zweifelhaft war es, ob diese Leb¬
Rönning sich hinreißen läßt, den Oberlieutenant
ist eine eitle Tendenzkrämerei; so lange eben das
haftigkeit durch das angestrebte Niederdrücken der
vor Zeugen und in einem öffentlichen Garten
Duell besteht, müssen dessen Regeln beobachtet wer¬
Zischer, die Vorliebe für Herrn Schnitzler, oder
zu ohrfeigen. Die Folge dieser Handlungs¬
den, und keine Ausflüchte, keine Sophistereien ver¬
durch dessen Werk selbst hervorgerufen wurde. Das
weise ist die Herausforderung zu einem Duell
mögen sie umzustoßen. Nach dem Benehmen Rön
letztere Moment ist wohl das am wenigsten be¬
doch Rönning verneint es, hierzu genöthigt
nings hatte das Stück viel eher „Vogelfrei be¬
rechtigte.
CA.
zu sein. Alle Vorstellungen seiner Freunde, be¬
nannt werden sollen. Als der thörichte jung¬
sonders der Hinweis, daß, selbst wenn Rönning der
Mann sein erstes Rein auf die Forderung des
Beleidigte wäre, ihn festgesetzte, allgemein gebrauch¬
Offiziers setzte, wußte man sofort, wie der Streit
liche Regeln doch zwängen, sich mit dem Offizier zu
enden müsse, das Interesse für den weiteren Ver¬
el duelliren, fruchten nicht, denn der starpfige, lauf der Dinge wäre auch rasch abgestumpft, hätte