II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 48

8. Freiwild
box 14/2
überwachen zur Zeit in Baden Hofrath Dr. Dorcher Athen meldet, der Kammer ein Gesetzentwurf zugehen. Arzt zu seiner schwer erkrankten Gemahlin zu ung
und Dr. von Beck, während Geheimrath Dr. Czerny Die Ueberreichung des von der Nation gespendeten silber, holen. Unterwegs fiel er todt auf das Straßen¬
regungen, wie Spiel und dessen Begleiterscheinungen, noch am wie so verwirkt, mußte die Einsicht, nicht etwa die ver¬
sche
maledelte Tugend siegen. Herr Oberlieutenant Karinsky
Theater, Kunst u. Wissenschaft.
Leben erhält, dessen seelische Roheit wir in riden Liebesanträ¬
erklä¬
gen erkennen, dessen offenbaren Minderwerth seine kavaliers=Sie haben trotzdem erbärmlich gehandelt, und Herr Arthur
Mittwoch, 4. November.
Schnitzler, Sie haben — bei allem Respekt vor Ihrem im
ne
A. Dr. Das modernste Beure der Lustspielliteratur widrigen Kaffeehausreden feststellen, kurz einen Menschen,
ist augenblicklich dasjenige, in dem Kulturhistorie fein, der nicht verdient „des Königs Rock zu tragen! Dem ponirenden Können, Ihren frische Schilderungen und seinen
Details seis gesagt — Sie haben uns nicht mehr wie eindelig
steht ein Civilist, tugendhaft ohne Lächerlichkeit und von
witzig und leidlich poetisch dialogisirt wird, die modernsten
jener amerikanischen Ritterlichkeit gegenüber, die auf der Fragezeichen mit einem schönen Gedankenstrich hinterlassen
Dramatiker dagegen ziehen ihre Sujets aus den brennende
deres
Ein herzliches „Bravo dem kundigen Theatermann und
Stelle schützt und straft, wo sie sich dazu berufen fühlt
in ih
Tagesfragen, deren jede sie rottenweise anfallen und halb
famosen Bühnenillustrator, ein leises „Schade" für den nur
Um beide Herren gruppiren sich ihnen entsprechende Ge¬
erloschen auf dem Platze liegen lassen. Solch' ein Flacker
alten
Propheten, der unsere Seelen nicht zu befreien vermochte
folgschaften. Der Civilist ohrfeigt den Militär für
leben ist zwar bald ausgeblasen, aber es ist kein
Der Erfolg des „Freiwild war ein großer, wenn
eine wissentlich falsche Verdächtigung einer Dame
übles Beginnen, die Schaubühne gewissermaßen
Seela
und ein Duell zwischen beiden ist unvermeidlich, ihm auch des Beifalls ungezischte Freude nicht ganz zu
von
als eine lebendig spiegelnde und Ehrfurcht ge¬
Theil wurde ! Gespielt wurde, gespielt — Herr Adolph Fors
Doch dies lehnt der Civilist mit einer mannhaften, jede
bietende Lehrkanzel zu betrachten und von ih
Feigheit ausschließenden Erklärung ab, deren kurzer In¬ L'Arronge, der Sie im Theater saßen, sind Sie frei von Neid
aus allem Volk Aufklärung zu predigen! Das Wor
halt sich in dem Sprichwort vom groben Klotz und groben Es geht auch ohne den Alten vom Berge! Fangen wir
und die daraus entstehende That mit allen logischen
Natur
Folgen hat immer die ungeheuerste Macht auf der Keil zusammenfassen läßt. Der Ehrenkoder wird straff oben im Zettel an! Da ist Oskar Sauer, ein erprobte¬
mit, 3
Darsteller solch vertrackter Rollen wie der Oberlieutenant ein be¬
angezogen, der Offizier muß seine Genugthuung haben
Bildungsschule des Volkes, auf dem Theater! Ein¬
Lehre, die alle unsere Sinne ergreift, unsere Irrthümer um seinen „Rock geschieht dies, um eben diesen Rock, den Karinski, besonders zu loben. Hermann Nissen, der Allem
„Verkörperer guter Herzen", hatte seinen Oberlieutenant
er unzweifelhaft, wie ihm schon angedroht ist, abzulegen
wegrasirt und uns von Wahn gesunden läßt, ist besser auf
nach eigenem Herzen abgestimmt, Rudolf Ritter
vom Regiment aus gezwungen wird!! — Ohne „Rod
dem Theater, wie auf einer Kanzel untergebracht und
tödtet er sich, sagt er, längst bevor diese kreirte den Civilisten und Ritter der verfolgten Unschuld
entweiht eines nicht vor dem andern! Vier Propheten,
in jener wahren, ihm eigenen und niemals unser
einer ist sogar aus dem Grabe erstanden, haben uns das Züchtigung zu ahnen ist, und für diese äußere, von
gang
Interesse loslassenden Weise. Hans Fischer und
jedem Ehrengericht ihm sicher abgesprochene Ehre schießt
modernisirte fünfte Gebot „Du sollst Dich tödten lassen
Bon¬
er den Civilisten über den Haufen! Also nur für seinen, Emanuel Reicher boten zwei Kaffeehaustypen, jede
vom Theater herab in vier verschiedenen Offenbarungen
Zur
kleinlich persönlichen Ehrenwahn, noch dazu nach einer in ihrer Weise famos! Ein Husarenlieutenant
verkündigt und uns darthun wollen, warum „Ehre"
ihm gerecht ertheilten, freilich harten Strafe knallt er den von Hermann Müller dargestellt, gehört von nur
Deut¬
„Muth" und „Todtschlag“ so merkwürdig viele Ansichten
„Kerl wie einen Hund nieder! Mag sein, daß jeder an zu den Sehenswürdigkeiten für alle Lieutenantspieler
und Auslegungen vertragen. Arthur Schnitzler
Guido Tielscher spielte einen „Sommerdirektor
Offizier so handeln würde, aber in unseren
ein Dichte bester Art in Tages= und Sittenfragen, ist der
.
jeder Zoll ein Seelenverker, und — so köstlich hat er
und auch in den Ange seiner Umgebung ist diese
vierte der kürzlich vom Geist getriebenen Propheten
noch nie übertrieben! Die Künstlerschaar der Herren Teufel,
Oberlieutenant kein Kavalier, nur noch ein
Sein „Freiwild“ ist eines jener wundervollen Tendenzstücke
Hausflu¬
Mensch auf Abbruch — sein Ehrgefühl ein Selbstbetrug, Marx, Biensfeldt, Reinhardt, der Damer
deren Lehre man erst merkt, wenn man sich vom Gewal
Sonntag
Schneider und Eberty war so schminkecht, wie nur
Im
streich der Geschehnisse erholt hat! Man empfindet dem sein Kamerad, der für ihn sogar ein Scheinduel
nicht, daß uns eigentlich gepredigt wird — ein hohes arrangiren will, mit einer scharfen Zerstörung, nicht mit möglich. Fräulein Trenner, die ernste, unüberwind, ist der
liche Flotte", bot all den Stürmen auf ihre Zugehörigkeit tausend
bloßen Ueberredungsphrasen zu Leibe gehen müßte. Es
Verdienst des Autors! Schon in Schnitzlers „Liebelei
ist mehr
zum Frawil, den Trotz ihrer Schönheit und das Talent
ist eine Willkür des Verfassers, keine Logik, daß der Offi¬
war etwas von „Freiwild“ vorzuahnen! Hier wie dort
Sehen
zier der Erstschießende ist, auch der Civilist ist bewaffnet, solche Nolle zu gestalten. Die Regie des Herrn Lessing
gestellt,
sind jene armen Weiber geschildert, die ein „Freiwild" für
liegende
und hätte er eine fixere Hand, so läge der Andere machte aus der Bühne eine riesenhafte camera obscura
jeden Mädchenjäger von Beruf oder Zufall abgeben, un
Sch
— alles belebt, alles echt und schön. Hätten sich noch die
am Boden und — das Stück wäre ebenso unbe¬
hier wie dort wird das Gebot aufgesagt: Du solls
der Hoch
Blätter an den Bäumen bewegt, dann wäre die Vor
friedigend abgeschlossen, wie auf die erstgenannte Art
Dich tödten lassen! Nur ist der Ausgang der
— könne
Ganz anders hätte sich die Sache gestaltet, wenn beide täuschung eines Kleinkarlsbad vollkommen gewesen.
Ich
„Liebelei" im Grunde logischer, als der des „Frei¬
And
Von Herrn Blumenreich, der schon in unsere
wilds". Schnitzler, der mit haarscharfer Logik Gegner absolut einwandfrei, beide unantastbar wären
nur im
damit wäre eine literarische Großthat zu liefern gewesen, Mittagsausgabe mit seiner italienischen Erholungsreise
aus einem Nichts die große Duellfrage hervorzaubert, ihre
brecher:
eine erschütternde, nicht bloß spannende — Predigt über figurirt, trifft soeben ein Schreiben kurz vor Schluß der
Entwickelung und ihrer ganzen kalten Pomp erörtert
fänglich
das verkehrte fünfte Gebot! Daß der Herr Oberlieutenant Redaktion ein, das uns mittheilt, die Herren Sehring
wird von dieser Logik zuletzt selbst zerstückelt, und nicht¬
später eine Kugel für sich übrig hat, ist zwar sehr Rosenthal und Kaufmann haben und eine Privatklage
bleibt übrig, als ein quälendes Fragezeichen! Was haben
gegen ihn angestrengt und die Zurücknahme derselben, so¬
schneidig, löst aber keineswegs die angeregte Sache un
Sie gewollt, Herr Arthur Schnitzler?! Sie zeigen un¬
einen Offizier, über den die Kameraden den Kopf schütten, deren komplizirten Apparat! Selbst auf Kosten der weit sie Herrn Kaufmann anlangt, siehe bevor.
Der Ursprung der Tatowirung. Es ist die Haupt¬
von dem behauptet wird, daß er sich durch künstliche Auf¬ Standesehre, die, wie ausgeführt, in diesem Spezialfall so
Mlle