II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 104

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8. Freiwild
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BERG, DAS THEATER IN WATER 189697.
seine Fauste, die gegen die Kirche schlagen
auf dem Titelblatte der Buchausgabe sagt
thun ihm nur selber wehe, sein Hauch, der
mehr als Heinrich allen seinen Reden,
die Mauern einblasen soll, schwacht nur seine
die fast immer gegativ bleiben (abgesehen
Lunge. Seine Rede wird haltlos und sie kommt
von dem natürlich, was sie gegen seine Frau
auf das Bekenntnis hinaus: ich weiss nichts
und Freunde sagen sollen.) Das Schlimmste
mehr zu sagen. „Ich weiss nicht, wer mich
aber ist, dass Hauptmann hier auch seine Dar¬
zwang, doch zwang mich was." So pflegte
stellungskunst im Stiche gelassen hat. Ausser
bisher nur Wildenbruch seine Helden reden
der alten Wittichen ist keine einzige Gestalt
zu lassen. Hauptmann hat etwas sagen wollen,
so dargestellt und charakterisiert, dass man
aber sein Gedicht ist nichts als eine einzige
sie sahe und an sie glaubte, wie sonst an Haupt¬
Elegie über das Thema: „Mir gab kein Gottmanns Menschen. Das berühmte Rautendelein,
zu sagen, was ich leide." Und weil er nicht
das dem Drama den Theatererfolg verschafft
wusste, was er sagen sollte, redete er um so hat, ist ein Zwischending zwischen Mensch
mehr, man das nicht verstand, hat und Naturgeist, wie das ganze Drama zwischen
man gesagt: die Versunkene Glocke" sei der
Wirklichkeit und Märchenhaftigkeit hängen
Faust der Modernen man ja auch zur Zeit
geblieben ist. In der Symbolik hat ich der
nicht verstanden hat und steilenweise heute
Dichter vergriffen. Sein Held ist ein Glocken¬
noch nicht versteht. Und weil sich Haupt¬
giesser, und er thut, als wären noch nie Kirchen
mann am Ende selber nicht mehr erstand,
auf Bergen erbaut worden. Des Glocken¬
hat er statt eines realistischen ein Märchen¬
giessers Werk aber schwebt immer in der
drama geschaffen, diese neueste Mode, Ge¬
Höhe. Und was soll dies Werk einem Meister,
schaffen hat er sie nun eigentlich nicht, auch der schaffen will über das Christentum hinaus,
Fulda nicht, der ihm mit dem „Talisman" vor¬
also doch eine Kirche? Das Bild von der
anging. Das Märchend ist vielmehr
versunkenen Glocke ist herrlich und tiefsinnig,
die eigentlich romantische Kunstform, ist
aber das Gleichnis von dem Glockengiesser
aber so alt fast wie das deutsche Drama
ohne Sinn und Gehalt; einen Baumeister hätte
selber. Gewissermassen ist es die Ablösung
man eher verstanden, der sich gegen die Kirche
des religiös mythologischen Draas, ve ja
auflehnt und heidnische Werke schaffen will
das Märchen selbst nur verirrte Mythologie
Tempel oder die neue Kunst des neuen Men¬
ist. Es wurde die Exemplifizierung allgemei¬
schen, das Werk des Übermenschen. Aber
ner menschlicher Leiden und Kämpfe die
wieder auf den Baumeister passte nicht die
Verlebendigung und Naturerfüllung der Stroher¬
Sehnsucht nach dem Quelle der Märchenpoesie:
nen Allegorie, welche die Symbolik verzopfter
„Es singt ein Lied, verloren und vergessen,
Ein Heimatlied, ein Kinderliebeslied,
Gelehrtendichtung war. Der „Faust" ist das
Aus Märchenbrunnentiefen ausgeschöpft.
grosse Ereignis dieser Gattung, Kleists „Kath¬
Das wieder ist die Sprache eines Dichters,
chen von Heilbronn, Hebbels „Genoveva
sich vom konsequenten Realismus befreien
die tiefsten Versuche der Art. Bei Fulda wird
will. Auch sonst geschieht vieles in dem
das Märchen eine Fabel à la Gellert oder Rückert,
Drama, das keiner von des Dichters Parakleten
die er buchstäblich auf die Bühne bringt, für
enträtseln kann. Heinrich stirbt, „der Sonne
Tieck war es das Vehikel der sogenannten
ausgesetztes Kind", wie er sich selbst einmal
romantischen Ironie. Bei Hauptmann verrat es
sehr hübsch nennt. „Die Sonne kommt, jubelt
wieder seinen tiefen religiösen und mythischen
ihm Rautendelein zu, und verworren, wie sie
Ursprung. Und das ist das Interessante an
getönt, klingt diese Dichtung aus:
der Sache. Seine Kleine-Leute-Religion schut
„Hoch oben: Sonnenglockenklang
das „Hannele", der Mythos vom Übermenschen
Die Sonne. Sonne kommt! Die Nacht ist lang.“
gab ihm „Die versunkene Glocke, Aber
Das ist schwere Traumlyrik, kein Drama, es
Heinrich ist kein Übermensch, nicht einmal
schläfert ein, es ermüdet. Lyrik, die sich nicht
ein Mann, sondern ein schwacher schwanken¬
löst von der Gemütsstimmung ihres Erzeugers,
der Mensch, der ins Licht will, aber in di¬
befreit weder Hörer noch Redner, sondern macht
Finsternis hineinstolpert. Der Dichter sehnte
nur beiden Pein. Hauptmann ist so wenig Dra¬
sich heraus aus der dumpfen Atmosphäre des
matiker wie Wildenbruch; der eine ist es gewor¬
sozialen Elends, die aber sein Lebenselement
den, weil der Maler, der andere, weil der Rhe¬
ist; in jedem zweiten Verse ist von Licht
toriker in ihm nach den Theater verlangte. Aber
Sonne, Tag die Rede, die Formeln des deut¬
so nahe wie hier, standen sie sich bisher nirgends.
schen Sonnenkults klingen überall an. Hein¬
Hauptmann konnte Menschen auf die Bühne
rich selbst ist Baldur.
bringen, Wildenbruch konnte Scenen aufbauen.
Aber damit wird es nicht Licht in ihm
In den letzten Werken haben sie ihrer Tugen¬
und über ihm. Nietzsche hat ihm sein Gemüt
den vergessen und haben selbst den Schein
verwirrt. Ein von einem Pfeile getroffenen
von Dramatik von sich gethan. Sie sind in
Schwan, das Tier Baldurs und Lohengrins
Bezug auf Dramatik nichts mehr als die Be¬
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