8. Freiwild
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der übriges dabei verfährt, indem er, frei von jeglicher Gehässigkeit, die
Vertreter der bewaffneten Macht als durchaus ehrenwerte liebenswür¬
dige Leute charakterisirt, bis eben auf jene unrühmliche Ausnahme,
die ihm den Stoff zu seinem Schauspiel liefert, ist nur dazu ange¬
than, seiner Anschauung und Arbeit erhöhten Nachdruck zu verleihen.
Und so hat sich, trotz des moralischen Gerichts, das da geübt wird, wirklich,
niemand zu beklagen. Denn es geht durchaus ehrlich und gerecht dabei zu
Zwei der auftretenden Offiziere, Oberleutnant Rohnstedt und Leutnant
Vogel, wahren die Ehre der Armee durch absolut ehrenhafte und verständige
Gesinnung, der dritte, Oberleutnant Karinski, der eine Schauspielerin durch
üble Nachrede beleidigt, dafür von deren späterem Bräutigam und Gatten,
einem Maler, mit einer Ohrfeige gezüchtigt wird, und diesen dann, da der¬
selbe ihm den Zweikampf verweigert, wie ein „Freiwild“ bei der erstbesten
Begegnung niederschießt, ist von vorhinein eine moralisch, gesellschaftlich und
finanziell gestrandete Existenz, von der man einer solchen Gewaltthat sich
füglich vorsehen kann; also bei aller offenbaren Tendenz des Stückes enthält
es sich doch tendenziöser Zuspitzungen und Uebertreibungen, sowohl in der
Zeichnung der Begebenheiten und Situationen, wie der Personen und Per¬
sönlichkeiten. So gelang es dem Autor, alle in seinen Bann zu ziehen:
zunächst die Schauspieler, die voll sichtlicher Hingabe sich mit ihren Rollen
identifizirten, und von denen namentlich die Herren Schady (Rohnstedt),
Höfer (Vogel), Botz (Maler), Bayrhammer und Marx (des letzteren
Freunde) ehrenvollste Erwähnung verdienen neben den durchweg vortrefflichen
Vertreterinnen der Frauenrollen des Stückes (sämtlich Schauspielerinnen¬
typen) den Fräul. Rolf, Jurberg und Niedt. Auch der Karinski des Herrn
Kühns gelang nicht übel, ein vorkommender Schmierendirektor und dito
Komiker erfreuten durch die Herren Steinrück und Kunstadt sich sehr
glaubhafter Interpretation. Das Auditorium war so erregt, daß es stellen¬
weise sozusagen mitspielte. Das war kein litterarisches Urteil mehr, sondern
eine Demonstration
N. C.
Vereine und Versammlungen.
t (Deutscher Radfahrerbund) Der Gau 24 Breslau zählt am
Schlusse des laufenden Geschäftsjahres über 1200 Mitglieder. Neuanmel¬
dungen von Mitgliedern nie
.
heurigen gesteigerterungen und die verschärfte Controle,
Hof= und
die über alle öffentlichen Berufe geübt wird, an der Spitze der Kaiserpaar
Blätter Männer von gründlichem Wissen und tadelloser Verhaltung nah¬
Man macht die
und Civilisten,
Kunst und Wissenschaft.
Die Officiere
recht angenehm
Lobetheater. Sonnabend, 12. December. Zum ersten Male: wurde von Herr
Freiwild, Schauspiel von Arthur Schnitzler. Regie: Herr Karinski ist es
Regisseur Niedt.
das Leben geni
Ende entweder
Freiwild! — In Berlin wurde das Stück mit großem Beifall
aufgenommen. Enthusiastischen Beifall fand es bei seiner Erstauf¬ verzweifelter Le
führung im hiesigen Lobetheater. Ein derartiger Applaus wie bei als wüster M.
dieser Erstaufführung ist wohl selten im Lobetheater gehört worden
Sommertheater
Das ist das Schicksal aller tendenziösen Stücke: Sie machen auf das Niedt bis an
Publikum einen gewaltigeren Eindruck als manche, die einen größeren aber ist auch
dichterischen Werth haben. Und tendenziös ist dies Stück entschieden, daß im Theater
Es behandelt den Conflict zwischen einem Officier und einem Civi=Schauspielerin
listen. Es stellt die Anschauungen der Officiere und der Civilisten Publikum —
einander gegenüber. Diese Umstände würden allein schon genügen, und so. Den
dem Schauspiele einen großen Erfolg zu sichern. Nun kommt dem zuwirken, darf
Stücke aber noch ein Zufall zu Statten: nämlich jene unglückselige (Herr Stein¬
Asfaire, die vor Kurzem zwischen einem Officier und einem Civilisten statten. Da
stattfand und der der Civilist zum Opfer fiel. Die Gemüther sind humor voll von
noch zu sehr erregt, als daß das Publikum ein Stück, in welchem ein Mädel! Die
ähn der Vorfall wie der erwähnte geschildert wird, ohne demonstra¬ Bräutigam a
Enderle (Herr
tive Kundgebungen entgegennehmen könnte.
Wollte Schnitzler wirklich gegen das Gebahren gewisser Officiere, Liebhaberin Kä
das sie den Civilisten gegenüber zeigen, Front machen? Der steht die Kunst
Titel seines Schauspiels konnte auf diese Absicht hinweisen; wen geht das
keinesfalls aber der Inhalt, denn der Autor schildert uns spielerinnen si¬
so treffliche, prächtige Officiere, wie wir sie Gott sei Dank in der geringen Gaze
österreichischen und deutschen Armee so häufig antreffen. Director hat
„Räudels", um mich schlesisch auszudrucken, wie der Karinski im zu ernähren?
„Freiwild“, giebt es in allen Ständen. Und im Grunde genommen es nicht begrei
darf. Sie ha¬
ist auch dieser Karinski, so abstoßend er erscheinen mag, nicht zu ver
dammen. Er schmäht eine Schauspielerin. Dafür erhalt er von Director, der
einem Maler, der die Dame verehrt, eine Ohrfeige. Daß Karinski liebt sie den re¬
eine Dame, mag sie selbst an einer Schmiere agiren, beleidigt, ist der Rolle des
nicht cavaliermäßig. Ja, man kann es roh nennen. Daß aber ein theatralisch.
Anderer, der weder der Gatte noch der Bräutigam, noch der Bruder, bei ihm bishe
noch Verwandter der Dame ist, einfach dem Officier eine Ohrfeige Maler die
verabreicht, das ist auch nicht zu entschuldigen. Wo käme man dem Oberlieu
schließlich in aller Welt hin, wenn ein derartiges Gebahren zur der Naiven
Methode würde?
Zorn. „Bube
Freunde des
Gehen wir etwas näher auf den Inhalt des Stückes ein.
Die Geschichte spielt in Oesterreich und zwar in einem kleinen Wiener Wind
Badeorte. Man lernt dort das Ensemble eines Sommertheaters kennen, der Oberlieute¬
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der übriges dabei verfährt, indem er, frei von jeglicher Gehässigkeit, die
Vertreter der bewaffneten Macht als durchaus ehrenwerte liebenswür¬
dige Leute charakterisirt, bis eben auf jene unrühmliche Ausnahme,
die ihm den Stoff zu seinem Schauspiel liefert, ist nur dazu ange¬
than, seiner Anschauung und Arbeit erhöhten Nachdruck zu verleihen.
Und so hat sich, trotz des moralischen Gerichts, das da geübt wird, wirklich,
niemand zu beklagen. Denn es geht durchaus ehrlich und gerecht dabei zu
Zwei der auftretenden Offiziere, Oberleutnant Rohnstedt und Leutnant
Vogel, wahren die Ehre der Armee durch absolut ehrenhafte und verständige
Gesinnung, der dritte, Oberleutnant Karinski, der eine Schauspielerin durch
üble Nachrede beleidigt, dafür von deren späterem Bräutigam und Gatten,
einem Maler, mit einer Ohrfeige gezüchtigt wird, und diesen dann, da der¬
selbe ihm den Zweikampf verweigert, wie ein „Freiwild“ bei der erstbesten
Begegnung niederschießt, ist von vorhinein eine moralisch, gesellschaftlich und
finanziell gestrandete Existenz, von der man einer solchen Gewaltthat sich
füglich vorsehen kann; also bei aller offenbaren Tendenz des Stückes enthält
es sich doch tendenziöser Zuspitzungen und Uebertreibungen, sowohl in der
Zeichnung der Begebenheiten und Situationen, wie der Personen und Per¬
sönlichkeiten. So gelang es dem Autor, alle in seinen Bann zu ziehen:
zunächst die Schauspieler, die voll sichtlicher Hingabe sich mit ihren Rollen
identifizirten, und von denen namentlich die Herren Schady (Rohnstedt),
Höfer (Vogel), Botz (Maler), Bayrhammer und Marx (des letzteren
Freunde) ehrenvollste Erwähnung verdienen neben den durchweg vortrefflichen
Vertreterinnen der Frauenrollen des Stückes (sämtlich Schauspielerinnen¬
typen) den Fräul. Rolf, Jurberg und Niedt. Auch der Karinski des Herrn
Kühns gelang nicht übel, ein vorkommender Schmierendirektor und dito
Komiker erfreuten durch die Herren Steinrück und Kunstadt sich sehr
glaubhafter Interpretation. Das Auditorium war so erregt, daß es stellen¬
weise sozusagen mitspielte. Das war kein litterarisches Urteil mehr, sondern
eine Demonstration
N. C.
Vereine und Versammlungen.
t (Deutscher Radfahrerbund) Der Gau 24 Breslau zählt am
Schlusse des laufenden Geschäftsjahres über 1200 Mitglieder. Neuanmel¬
dungen von Mitgliedern nie
.
heurigen gesteigerterungen und die verschärfte Controle,
Hof= und
die über alle öffentlichen Berufe geübt wird, an der Spitze der Kaiserpaar
Blätter Männer von gründlichem Wissen und tadelloser Verhaltung nah¬
Man macht die
und Civilisten,
Kunst und Wissenschaft.
Die Officiere
recht angenehm
Lobetheater. Sonnabend, 12. December. Zum ersten Male: wurde von Herr
Freiwild, Schauspiel von Arthur Schnitzler. Regie: Herr Karinski ist es
Regisseur Niedt.
das Leben geni
Ende entweder
Freiwild! — In Berlin wurde das Stück mit großem Beifall
aufgenommen. Enthusiastischen Beifall fand es bei seiner Erstauf¬ verzweifelter Le
führung im hiesigen Lobetheater. Ein derartiger Applaus wie bei als wüster M.
dieser Erstaufführung ist wohl selten im Lobetheater gehört worden
Sommertheater
Das ist das Schicksal aller tendenziösen Stücke: Sie machen auf das Niedt bis an
Publikum einen gewaltigeren Eindruck als manche, die einen größeren aber ist auch
dichterischen Werth haben. Und tendenziös ist dies Stück entschieden, daß im Theater
Es behandelt den Conflict zwischen einem Officier und einem Civi=Schauspielerin
listen. Es stellt die Anschauungen der Officiere und der Civilisten Publikum —
einander gegenüber. Diese Umstände würden allein schon genügen, und so. Den
dem Schauspiele einen großen Erfolg zu sichern. Nun kommt dem zuwirken, darf
Stücke aber noch ein Zufall zu Statten: nämlich jene unglückselige (Herr Stein¬
Asfaire, die vor Kurzem zwischen einem Officier und einem Civilisten statten. Da
stattfand und der der Civilist zum Opfer fiel. Die Gemüther sind humor voll von
noch zu sehr erregt, als daß das Publikum ein Stück, in welchem ein Mädel! Die
ähn der Vorfall wie der erwähnte geschildert wird, ohne demonstra¬ Bräutigam a
Enderle (Herr
tive Kundgebungen entgegennehmen könnte.
Wollte Schnitzler wirklich gegen das Gebahren gewisser Officiere, Liebhaberin Kä
das sie den Civilisten gegenüber zeigen, Front machen? Der steht die Kunst
Titel seines Schauspiels konnte auf diese Absicht hinweisen; wen geht das
keinesfalls aber der Inhalt, denn der Autor schildert uns spielerinnen si¬
so treffliche, prächtige Officiere, wie wir sie Gott sei Dank in der geringen Gaze
österreichischen und deutschen Armee so häufig antreffen. Director hat
„Räudels", um mich schlesisch auszudrucken, wie der Karinski im zu ernähren?
„Freiwild“, giebt es in allen Ständen. Und im Grunde genommen es nicht begrei
darf. Sie ha¬
ist auch dieser Karinski, so abstoßend er erscheinen mag, nicht zu ver
dammen. Er schmäht eine Schauspielerin. Dafür erhalt er von Director, der
einem Maler, der die Dame verehrt, eine Ohrfeige. Daß Karinski liebt sie den re¬
eine Dame, mag sie selbst an einer Schmiere agiren, beleidigt, ist der Rolle des
nicht cavaliermäßig. Ja, man kann es roh nennen. Daß aber ein theatralisch.
Anderer, der weder der Gatte noch der Bräutigam, noch der Bruder, bei ihm bishe
noch Verwandter der Dame ist, einfach dem Officier eine Ohrfeige Maler die
verabreicht, das ist auch nicht zu entschuldigen. Wo käme man dem Oberlieu
schließlich in aller Welt hin, wenn ein derartiges Gebahren zur der Naiven
Methode würde?
Zorn. „Bube
Freunde des
Gehen wir etwas näher auf den Inhalt des Stückes ein.
Die Geschichte spielt in Oesterreich und zwar in einem kleinen Wiener Wind
Badeorte. Man lernt dort das Ensemble eines Sommertheaters kennen, der Oberlieute¬