II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 122


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an dem Director, das liegt nicht an den Schauspielern, das liegt
Schnitzler geht mit einer außerordentlichen, theatralischen Kraft, die daß die Baumeister weiter an
auch Komödien haben ihre Geschicke! — am Ende auch nicht an den in ihm seit der „Liebelei" in ungeahnter Weise gewachsen ist, beiden of
Stücken, das ist einfach Pech
mäßig viel Geld verdienen
aber auf dem Theater meist schüchtern behandelten socialen Fragen energisch
Und so lange ferner der
Auch der Sonnabend, der im „Theater des Westens“ schon wiede
zu Leibe und beleuchtet sie mit einer wunderbaren, rückhaltslosen Kühn= Wolken vollhängen wird, wa
eine Première bot, war in dem eben erläuterten Sinne einheit. In dieser Hinsicht gemahnt „Freiwild“ mehr als einmal an
so lange wird das Publikum
verlorener Tag. Gegeben wurde Joseph Ruederer's dreiactige Fudermanns „Ehre", besonders in der durchdringenden Schärfe, mit der Fragen des Tages in mehr
Komödie „Die Fahnenweihe". Literarisch genommen war diese Schnitzler den Wahn gebilden eines bis zur Verrücktheit unvernünftigen werden, auch Stücke verlange
Première die bedeutsamste, welche die Bühne an der Kantstraße Sittengesetzes entgegentritt und dafür mit klaren, hellen Worten das der Menschheit verschont wir
bisher zu verzeichnen hatte. Der junge Münchener Autor ewige, immer währende Recht der Vernunft etablirt. Der dramatischen gutmüthige Onkels mit schn
ist ein Talent. Dafür spricht die Schärfe seiner Charakterzeichnung. Er Wirkung nach und in seiner Bedeutung für die Lösung jener wichtigen dann durch einen jungen Ma
ist aber noch kein reises Talent. Das beweisen die vielen Schwächen im Probleme, in denen Zukunft und Vergangenheit, Menschenthum und biederen Rede beigelegt wer
Aufbau seines Werkes. Die „Fahnenweihe ist bereits vor vierzehn Tradition mit einander den wild wogenden Kampf der Gegenwart wickelungen, die nach bewährt
Tagen von den Mitgliedern eines Vereins, der „Dramatischen Gesellschaft
fechten, ist „Freiwild entschieden ein Fortschritt gegen „Liebelei
helfen, werden ebenso im geei
und zwar an derselben Stätte und von denselben Kräften aufgeführt Als Dichtung aber halte ich das ältere Werk für stärker, denn gelöst werden, um den ang
worden. Der Erfolg, der dem Stücke bei dieser Première beschieden war, les lebt nicht von den Abfällen des Tagesstreites, sondern schöpft zwischen dem Sohn vom „Ri
ist am Sonnabend bei der eigentlichen Première nicht ganz bestätigt seine Kraft aus dem ewig fruchtbaren Grunde der menschlichen einerseits und dem lieblichen
worden. Die beiden ersten Acte langweilten, weil es ihnen an Handlung Liebe, während „Freiwild“, wenn einmal die Mauern gefallen sind, und Sitte vorschreiben.
gebricht; der dritte, bewegte, an schlagenden Pointen reiche Act dagegen
gegen die es anrennt, nichts mehr sein kann, als ein Theaterstück vo
Gespielt wurde das
gefiel. Die „Fahnenweihe ist, wie bereits erwähnt, ein neue, eine gestern. Aber noch ragt die Zwingburg, die Kastengeist und Ritterdünkel machte den tragikomischen Vi
realistische und naturalistische Behandlung des Themas, für das Sardou errichtet haben, trotzig in die Lüfte. Noch ist der Lump, der rauflustig guten Onkel, Herr Stria
den dramatischen Titel gefunden hat: „Unsere guten Landleute, auf's Terrain tritt, in den Augen der „Cavaliere besser, als der Ehren=Studienreise, und Herr Bar¬
Ruederer schildert bayerische Bauern, wie sie sind, will sagen, wie manche mann, der seinem Gewissen mehr vertraut, als dem zweifelhaften Aus wiederhaben wollte, Fräulein
sind, und er thut dies mit einer Treue, Genauigkeit und Unerbittlichkeit, gange des modernen Gottesgerichtes. Und da wohl noch eine geraume lichen Humor des östlichen Zu
kurz mit einer Wahrheit, die als Gegenstück zu den verlogenen Dorf=Zeit vergehen dürfte, ehe die Vernunft den Wahn besiegt haben wird, so stellte den fidelen Berliner Ba
geschichten und Doricomödien verflossener und überwundener Perioden sei uns das neue Schauspiel Schnitzler's herzlich willkommen als muthiger, In diesem lustigen Ensemble
kraftvoll, gesund und heilsam genannt werden muß. Daß diese Wahrheit starker Helfer im Streit¬
brau ihre Pflicht, und es erst
oft abstoßend berührt, ist nicht Ruederer, sondern der Landleute Schuld
Ja, „Freiwild“ ist ein Tendenz-Drama, aber ein gutes Drama mit einer Vorstellung nachsagen
Fahnenweihe wird im Theater des Westens“ vortrefflich gespielt.
ter guten Tendenz, im übrigen keineswegs ohne dichterische Qualitäten sondern alle an ihrem Platze
oberhaupt, wenn in diesem Stücke die Tendenz die Kunst bisweilen über Au ab
die Neueina Götzensperger, das wuchert, so liegt das weniger am Wollen oder Können des Autors, als Hauptperson in und
lebenswarme Gestalten, an denen man auch nicht einen Zug vielmehr an dem Stoffe, den er sich nun einmal erwählt hatte.
Lachsalben unterbrachen met
issen möchte. Erwähnung verdient noch ein Zwischenfall, der di
An diesem Stoffwahl kann man so recht die Wahrheit des Wortes Spiel eine kleine Pause einer
altung des Publikums zu gewissen, die Gegenwart bewegenden Fragen erkennen, daß Dichter oft Propheten sind. Jeder, dem die Thatsache nich
ein brausender Beifall, der au
kennzeichnet. Der Großhändler Rettinger hat im dritten Art zu sagen: vertraut ist, daß „Freiwild“ längst vor dem berüchtigten Brüsewitz= wie seine Ursachen dem Publi¬
„Ich hab' doch Ehre, ich muß doch Ehre im Leibe haben, ich bin ja Ereignisse six und fertig war, mußte denken, daß Schnitzler aus
Reserveoffizier. Als Herr Bonn diese Worte, nicht etwa zugespitzt, diesem charakteristischen Vorkommnisse für sein neuestes Werk inspiri¬
Concordia=Theater.
sondern ungezwungen, ganz im Geiste seiner Rolle vorbrachte, brach ein war. Wer freilich die „Liebelei" und Schnitzlers persönliche Vornehmheit Töchter, Posse mit Gesang
Beifallssturm los, der den Darsteller zum Innehalten nöthigte.
kennt, weiß ihn außer Stande zu solchem Thun. Die „Actualität" des Schott, Musik von G. Stef
Glücklicher, weit Glücklicher als das „Theater des Westens“ am Schnitzler'schen Dramas, die seiner Bühnenwirksamkeit noch weiter zu Hilfe nahen Weihnachtsfestes ein
Sonnabende, war das „Thalia-Theater" am Freitage. Diese im kommi, verdankt lediglich dem Zufalle ihr Entstehen, der es wollte, daß sollen Stück gespendet wurde.
Herzen eines betriebsamen, durch Handel und Gewerbe hervorragenden wenige Wochen, nachdem ein Dichter ein Brüsewitz=Stück erdacht hatte, friedigend verlies. Vonden män
Stadttheils gelegene Bühne war, als sie noch „Adolf=Ernst=Theater ein Brüsewitz sein Bubenstück vollführte
hieß, in der letzten Zeit zu einem Orte ödester und plattester Unterhaltung
Dr. Schumann), Herr Wink
Die rabiaten Gegner, die Schnitzlers „Freiwild" aus politischen sowie Herr Sand (der Gele=
herabgesunken. Kein Scherz war so dumm, daß er hier einer geduldigen Gründen sicherlich finden wird, sollten übrigens die Unparteilichkeit des hatte, vortheilhaft aus. Von
Zuhörerschaft nicht verabreicht worden wäre. Als „Thalia-Theater" und Autors anerkennen. Dem Lumpen im Offiziersgewande, dem Spieler, höhere Tochter Lilli durch
unter W. Hasemann's geschickter Leitung ist jetzt diese Unterhaltungs=Mädchenjäger und Raufbolde Karinski stellt er den harmlos gutmüthigen Darstellung. Frl. v. Frank¬
stätte bestrebt, Lustiges und Gefälliges in literarischem Gewande zu Lieutenant Vogel und den wackeren, menschlich empfindenden Rohnstedt als durch ihr Spiel Erfolg,
bieten. Das von einem Schauspieler=Ensemble, welches für diese Zwecke zur Seite. Schnitzler will eben keinesfalls den Offiziersstand als solchen Spiel und Gesang ziemlich
fast nichts zu wünschen übrig läßt, getragene Bestreben ist durch einen angreifen, sondern lediglich dessen kastenhafte Sonderrechte und Ehrbegriffe
Treffer erster Güte belohnt worden, durch den vierartigen Schwank „Goldene unter deren Schutz ein Elender, wie dieser Karinski, sich Achtung erzwingen
Herzen" von C. Karweis, der am Freitage einen der unbestrittensten kann, wenn er nur immer rasch bei Pistole und Säbel ist, in ihrem ganzen
An
Erfolge errang. Karlweis ist, wie bekannt, ein liebenswürdiger Wiener, Widersinne kennzeichnen
In der Privatklage de
der im gewöhnlichen Leben Karl Weiß heißt und dem Amte eines Eisenbahn¬
Das Werthvollste in „Freiwild“ ist übrigens nicht diese Geschichte mann gegen den Verfasser der
Inspectors vorsteht. Auf dem Gebiete des Wiener Volksstücks hat Karlweis mit ihren persönlichen Consequenzen für den Duellweigerer und ihren Paul Blumenreich, stand
gegenwärtig keinen ebenbürtigen Rivalen. Für seinen „Kleinen Mann“, allgemeinen Ausblicken in die unerquicklichen Verhältnisse der Gegenwart, Berliner Schöffengerichts Ter¬
der vor einigen Jahren auch in Berlin in Scene ging, ist ihm vor sondern die mit der Haupthandlung geschickt verknüpften Schilderungen zur Verhandlung nicht komm
Kurzem der „Raimund=Preis" verliehen worden. Auch „Goldene Herzen aus dem Theaterleben. Hier ist jeder Strich echt, dem Leben abgelauscht umfangreicher Schriftsatz eine
ist in seiner Art ein gutes Werk; gut, weil angenehm erheiternd von und mit sicherer Künstlerschaft zu einem Bilde verwerthet, das bei allem des Klägers, sprach seine Vern
ersten bis zum letzten Augenblick. Eines größeren Lacherfolges haben sich Humor mancher Details einen in seiner Wahrheitstreue niederdrückenden Klage schon vor länger als zu
auch die ausgelassensten französischen Schwänke nicht rühmen können. Eindruck macht.
der Angeklagte angeblich ein¬
Der Karlweissche Schwank hat aber vor diesen Schöpfungen etwas sehr
„Freiwild wurde hier, wenn auch nicht in jeder Rolle gleich vor=er erst im letzten Augenblicke
Löbliches voraus: einen hübschen, leitenden, folgerichtig durchgeführten trefflich, so doch verdienstlich und in fest geschlossenem Zusammenspiele daß er beabsichtige, die auch
Gedanken. „Goldene Herzen" ist eine humoristische Satire auf die sprüch= Herr Regisseur Niedt) vorgeführt. Der einzige Vorwurf, den man der Agenten A. Rosenthal angest¬
wörtliche Wiener Gutmüthigkeit und Opferwilligkeit, die in Wahrheit Regie machen kann, betrifft die steife Theilnahmlosigkeit, mit der sich die binden, so erklärte sich R.-A.
erst dann und auch dann oft nur zu Reclamezwecken sich geltend mach
Gäste des Baderestaurants im Hintergrunde gruppirten und verhielten. Die Angriffe der Broschüre
wenn es bei dem Hilfsbedürftigen sozusagen „Matthäi am Letzten" is
Von den Einzelleistungen möchte ich am höchsten den gutherzigen auf die Finanzoperationen de
wenn der schon lange Hilfsbedürftige durch irgend eine verzweifelte That Lieutenant Vagel des Herrn Höfer und die fesche, freche Pepi des alleweil aber nichts zu thun; dieser war
die Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Karlweis kennt seine lieben Wiener keck zugreifenden Frl. Jurberg bewerthen. Beide waren von einer nicht des schon begründet gewesen¬
von Grund aus. Die Beobachtungsgabe, die ihm eigen ist, bildet in
zu übertreffenden, typischen Echtheit. Herr Botz gab dem wackeren Vorwürfe beziehen sich auf
Verein mit frischem, keckem Humor seine Stärke. Um die Entwickelung Könning eine sympathische Männlichkeit, war aber nicht immer durchaus Der Vertreter des Verklagten
der Handlung macht er sich nicht viel Sorge. Da schreitet er munter sicher im Text. Herr Schady wirkte als tüchtiger, einsichtiger Offizier weil er Herr Shering als we
einher, unbekümmert darum, ob er auf neuzeitlichen Wegen oder auf den mit ruhiger Distinction sehr erfreulich. Frl. Niedt fand für die ideal Kaufmann benutzen wolle. D
Pfaden des seligen Rührstückes wandelt. Die köstliche Hauptfigur des gesinnte Kunstbeflissene innige, warme Töne, ohne den Gehalt der Rolle tagen und von einer Verbindu
neuen Schwankes ist ein heruntergekommener, verbummelter Maler, überall auszuschöpfen. Störend wirkte das kurze Backfischkleidchen, in
Am Dresdener Hofthe
Leonhard Ballester, der dadurch nach vielen Jahren des Entbehrens dem die Riedel“ einberging. Ein Grund für diese Costümirung ist zufolge das Musikdrama „D
plötzlich zum Gegenstande öffentlicher Beachtung und Mildthätigkeit wird, weder im Stücke, noch in der Persönlichkeit der Darstellerin gegeben, Bungert einen so starken Er¬
daß einer seiner Bekannten, ein Redacteur, gleichfalls eine gelungene Herr Marx nahm sein Giger wieder überscharf, so daß er sich bisweilen mit Generalmusikdirector Scho¬
Figur, die Nachricht verbreitet und glaubhaft erscheinen läßt, Ballester selber über seinen „Hamur amusirte, aber es war doch Virtuosität in
Sarah Bernhardt ist
habe sich durch Kohlendunst ersticken wollen. Thatsächlich ist der betäubt
seiner Darstellung. Aus der farblosesten Gestalt des Stückes, einem worden. Beim Festmahle im
Maler, den die zu Hilfe eilenden Nachbarsleute auffinden, nicht vom Gas jungen Arzte, versuchte Herr Bayrhammer erst gar nicht, etwas Besonderes saß sie auf erhöhtem Sitze un
umnebelt, sondern von ungewohntem Weingenuß bezecht. Herr Leopol
zu machen, und that damit das Rechte. Unter den männlichen Stützen Auftreten und Abgang erfolgte
Deutsch, ein Schauspieler von bedeutender komischer Kraft, staltete diesen des Badetheaters ragte Herr Steinrück hervor, der den Director diese
Stockwerke in den Saal führt.
Maler mit einer Fülle humoristischer Einzelheiten aus. Es wurde, wie „Kunstinstituts", ohne jene Uebertreibungen gab, zu denen die herbe weißes goldgesticktes Seidenklei=
gesagt, von der ersten bis zur letzten Scene unbändig viel gelacht. Allen Charge leicht verführen könnte. Herr Kunstadt spielte den melan des Festes stehen, grüßte
Breslauern, die um die Messezeit nach Berlin kommen — und ihrer sind scholischen Komiker gewandt, nur um einige Grade zu rabiat. Aus Wirkungen eines aus den Wo
eine große Zahl — kann der Besuch des „Thalia=Theaters“ aufrichtig der winzigen Episode des Kassirers Kohn, der zu einer der hübschesten Tischrede hielt Sardou, der an
empfohlen werden. Bequem liegt das Theater; nicht weit vom Meß= Bemerkungen des Stückes Anlaß gieht, hätte mehr gemacht werden wischte. Die erste Strophe
palast. Auch das ist eine Empfehlung.
St.
können, als es Herr Scholz vermochte, der zudem sehr ungünstig placirt sungen und orchestral begleitet
war. Die nicht gerade angenehme Aufgabe, den Brüsewitz=Karinski auf Leyer auf Deinen Lippen und
Lobe=Theater. Sonntag, 13. December. „Opus I." Plauderei seine Schultern zu nehmen, genügte Herr Kühns besser im ersten, denn mit dem Siegernamen, deren
von P. Linsemann. „Freiwild.
Schauspiel von Arthur im dritten Acte, wo sein säbelrasselnder Unmuth gar zu theatralische dunkle Zeit auserkoren hat,
Schnitzler. Die erste Gabe des jüngsten Novitäten=Abends unsere
Manieren hatte. Am Sonnabend trug übrigens Kühns=Karinski der Ruhm der Dichter ergänzen
Lobetheaters ist mit wenigen Worten besprochen. „Opus I" ist wirkli¬
Vorschrift des Dichters und den österreichischen Armeeverhältnissen gemäßlichen Muse, Heil Dirl
das, was der junge Autor zu geben beabsichtigte, nämlich eine Plauderei, als Urlauber durchweg Uniform. Am Sonntag trat hierin eine mer
diese auf der Bühne des
und zwar eine lustige, nette, harmlose Plauderei. Sie ereignet sich
würdige Aenderung ein. In dem Aufzuge, zu dessen Schlusse Karinske Coppé Sarahs Anfänge in
wie das bei dramatischen Plaudereien nun einmal zu sein pflegt
geohrfeigt wird, ging er in Civil, erst als er im letzten Acte „brüsewitzte, erklärte bescheiden, der gri
zwischen einem jungen Manne und einer jungen Dame. Diesmal gehört durfte er wieder in Uniform erscheinen. Nach dieser neuesten Kleider werde künftig sein, daß Sarah