II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 131

wild
8.
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übrig bliebe, als sich eine Kugel durch den Kopf zu dramatischen und bühnenwirksamen Charakteristik der In der Darbietung des pianistischen Theiles der
Sonate, documentirt sich aufs Neue wieder Herrn
sagen; ein anderer, der gesetztere Oberlieutenant Rohn Figuren und der vorzüglichen Zeichnung des Milieus
Spengels vornehme Reproductionskunst. Diesem, von
stedt, spricht die Hoffnung aus, daß Karinski die Die Exposition im ersten Acte gehört zu den besten
Uniform freiwillig ausziehe und zu einem bürgerlichen die wir in letzter Zeit gesehen haben. Alle Details beiden Instrumentisten mit Liebe dargebotenen Vortrage,
Berufe übergehe. Da kommt Karinski selbst dazu, um waren so meisterhaft angebracht, daß sie sich zu einem der seinem Werthe nach von der wohlaccreditirten
stimmungsvollen Ganzen vereinigten. Die einzelnen Zuhörer=Gemeinde mit Beifall belohnt wurde, folgte
Abschied von seinen Kameraden zu nehmen. Seine
Mienen und seine Worte lassen aber errathen, daß er Personen, welche nur so nebenher auftreten, strotzen eine Kammersonate für Violine mit beziffertem Baß
sich nun selbst Genugthuung verschaffen werde. Bestürzt von Lebensfülle und Naturwahrheit, so namentlich von Corelli, deren Principalstimme Herr Concert¬
eilt ihm Rohnstedt nach, um ihn von einer unüber einzelne der Schauspieler und Schauspielerinnen, der meister Dessau=Bremen ausführte. Das gestern
legten That zurückzuhalten. Gleich darauf erscheinen Schauspieldirector, selbst der kleine Piccolo des Cafés. vernommene Werk des berühmten Maestro ist
1700 zuerst in Rom
Paul und Anna in Begleitung des Arztes, welcher Paul Dabei ist die Handlung straff zusammengehalten und die dritte von sechs
den vor einem brutalen Ueberfall Seitens des Lieutenants geht mit gemessenen und sicheren Schritten auf das erschienenen Solo-Sonaten. Franz Ries hat das
erin warnt, und ihn veranlassen will, schnell abzureisen. Endziel los. Das sind gewiß Vorzüge eines modernen Original bearbeitet und den Violinpart mit Vortrags¬
Aber Paul weigert sich, er will doch sehen, ob man Stückes, die um so höher zu schätzen sind, da den zeichen rc. versehen. Dies Arrangement, welches vor
seines Lebens nicht mehr sicher ist, wenn man nach meisten unserer modernen Dramatiker das feste Kurzem im Berliner Verlage Ries & Erler erschien und
der¬
tet, Ueberzeugung und Pflicht das Rechte gethan hat. dramatische Rückgrat fehlt. In Schnitzler hat die deutsche das dem gestrigen Vortrage zu Grunde lag, ist nicht
zu Während sich Anna und Werner noch Mühe geben, Bühne einen Dramatiker gewonnen, der nicht nur vollständig correct, hat aber trotzdem manche Vorzüge
verfügt, sondern auch in Der zweite Satz der Sonate ist zwei Mal benutzt
ter den Starrsinn Pauls zu beugen, erscheint Karinski über eine sichere „Mache
einem gefunden Realismus seine Wurzeln geschlagen hat, worden und auch an einigen Stellen abgeändert. Für
und ruft dem Gehaßten entgegen, ob er sich ihm zur
die Wahl einer zweiten Anwendung war dem Be¬
Ueber die Darstellung ist nur Gutes zu melden
tigen Duell stellen wolle oder nicht. Statt aller Antwort
arbeiter die Idee leitend, zwei im Original einander
heln. geht Paul ihm entgegen und fordert, daß er ihm Platz Herr Director Steinert hatte die Novität in vor
das mache. Nach einer mehrmaligen Aufforderung, auf züglicher Weise in Scene gesetzt, so daß die Illusion folgende Allegrosätze zu trennen. In der Generalba߬
thig welche die gleiche Antwort erfolgt, reißt Karinski ein nirgendwo gestört wurde. Herr Nhil spielte den Paul bearbeitung hat Herr Ries Zweckmäßiges gegeben,
bild Pistol aus der Tasche und schießt Paul nieder, der Rönning mit sicherer Beherrschung seiner Aufgabe, eigenmächtige Zusätze kommen verschwindend wenige
den, gleich darauf seinen letzten Seufzer aushaucht. Mit Diese Figur ist schwer zu spielen, da sie sich mehr vor. Herrn Dessau's Ausführung des absolut schönen
passiv als activ verhält und erst am Schlusse des Werkes, stand auf der Höhe einer reifen, durch Nichts
ellen den Worten: „Ich weiß, was jetzt meine Pflicht ist!
letzten Actes thatkräftig aus sich herausgeht. In der nachtheilig beeinflußten Kunstleistung. Schöner, voller
inski geht Karinski ab. Damit schließt das Stück.
Es ist nicht die Aufgabe des Kritikers, aus Anlaß Liebesscene des zweiten Actes hätte der Künstler Ton, Wärme des Ausdrucks, fertige Technik ver¬
und
dieses Stückes nunmehr in eine akademische Erörterung mehr Wärme und Leidenschaftlichkeit geben können, einigten sich in den Vorträgen dieses hochbegabten
zu über die Berechtigung oder Nichtberechtigung des Duells Außerordentlich interessant war die künstlerische Interpreten zu edlem Ganzen. Wie bei der Dar¬
einzugehen, zumal der Autor selbst mit seiner Meinung Leistung des Herrn Witt als Karinski. Diesem bietung der Cello=Sonate von Brahms, konnte man
eigenartigem Charakter gab er stellenweise einen sich auch beim Corelli-Vortrage mit reiner Freude dem
inski zurückhält und nur die Thatsachen sprechen läßt. Wer
Hauch dämonischer Brutalität, welcher unheimlich musicalischen Genusse hingeben.
Arzt man eine Tendenz in dieses Stück hineinlegen will, so
Dem die Mitte des Programms füllenden Werke
kann es höchstens Die sein, daß es grausam ist, einen wirkte. Er war der Soldat, der zum Krieg
klärt, Officier, der gewillt ist, sich einem Duell zu stellen, geschaffen ist und nur unwillig, einem wilden Thiere von Corelli folgte Schuberts umfangreiches Es-dur¬
aus der Armee auszuschließen, weil der Gegner aus gleich, den Zwang erträgt, friedlich unter friedlichen Trio, op. 100 (1827). So herrlich das Trio ist, er¬
erde. Hochmuth, Feigheit oder philosophischer Ueberzeugung Geschöpfen zu leben. Vorzüglich war auch Frau Doré reicht es doch nicht seinen Vorgänger op. 99, B-dur
sich nicht schießen will. Das ist aber eine ganz neben als Anna Niedel und desgleichen Frl. Engl als aus demselben Jahre. Amusant ist Schubert's Brief
sächliche Sache, wenn die Frage der Berechtigung des leichtfertige Soubrette. Herr Hallenstein gab den vom 1. August 1827 an den Musikverleger Probst¬
ßes Duells überhaupt nicht gelöst ist. Und in dieser ruhigen Oberlieutenant Rohnstedt in würdiger Weise Leipzig die Widmung des Es-dur-Trio betreffend
„Das Opus des Trios ist 100. Dedicirt wird die
und Herr Flashar charakterisirte den Arzt Werner
de zu Hinsicht verhält sich der Autor durchaus unparteiisch
mit großer Lebenswahrheit. Herr Bozenhard spielte Werk Niemandem, außer Jenen, die Gefallen dar¬
glich Er gibt uns eine scharf umrissene Illustration de
Die
hnet, socialen Conflictes zweier Ehrbegriffe, der nun einmal den Gigerl Grehlinger mit vielem Humor, Herr finden. Dies die einträglichste Dedication
Homann den etwas troddelhaften Lieutenant Vogel Herren Schwormstädt, Dessau und Spengel erwarben
Marr, besteht und so leicht nicht ausgerottet werden wir
trotz aller klugen Reden hüben und drüben. Die mit gutem Erfolg. Eine sehr komische Charge bot sich durch die Uebermittelung dieses Werkes die
Arzt Charaktere der beiden Helden sind so klar, verständlich Herr Brahm als geschäftskluger Theaterdirector, des reichsten Beifallsbezeugungen. Hoffentlich bringt uns
die nächste Saison weitere Kammermusikabende der
wohl und anschaulich geschildert, daß man ihre Handlungs= gleichen Herr Peters als eifersüchtiger Komiker.
samen weise völlig versteht. Vielleicht ist dem Autor sogar kleineren Rollen fügten sich Frl. Schäffer und die drei Künstler. Im Hinblick auf ihre gehaltvollen
sucht, der Charakter des schneidigen Lieutenants, von Herren Garner, Zimmermann, Huth, Reichardt Vorträge dürfte ein recht zahlreicher Besuch der
und dem man unmöglich verlangen kann, daß seine und die kleine Wilhelmi (Piccolo) dem Ensemble Soireen als durchaus gerechtfertigt erscheinen.
Emil Krause.
Oscar Riecke.
hat, Gedanken über die oberflächliche, ihm anerzogene wirkungsvoll ein.
dern, und angewöhnte Denkungsart hinausgehen, noch besser
geschildert, als der kluge, nachdenkliche Paul, welcher
Zweiter Kammermusikabend
sie
Tandem.
bald in seiner Verachtung der conventionellen Sitte sehr
des Herrn Cäsar Schwormstädt
Ein Carnevalsscherz.
kühl, ja sogar etwas abstract erscheint. Aber diese
sid
Ver=Figur ist durchaus nicht unwahrscheinlich, sie hätte nu¬
am Donnerstag, 7. Januar.
Von N. Bach.
stedt etwas lebenswärmer gezeichnet werden müssen. Es
Der in jeder Beziehung genußreiche Abend began
„In der That, begann der reiche, etwas protzen
schen fehlt ihr das pulsirende Leben, sie tritt von Anfang an
haft anzuschauende Chef eines größeren Bankhauses der
illige, fertig vor uns hin, während das leidenschaftlich mit der gewaltigen Cello=Sonate F-dur, op. 99, vor
Residenz, „damit würde sich den Vogel abschießen
unde brutale Temperament des Lieutenants in seiner Johannes Brahms (1887), einem Werk, das von
werden es mir dann Alle machmachen, ha, ha — doch
nur Steigerung bis zum wutherfüllten Haß das Interesse Concertgeber im Verein mit Herrn Musikdirecto¬
Spengel in künstlerisch abgerundeter Weise über
Pardon, Mr. Parson, hier eine Puros von W. Hiestrich
viel stärker fesselt.
mittelt wurde. Es hieße Eulen nach Athen tragen, nehme nur von Dem, wissen doch, hat bestes Kraut
Der Kampf zwischen den Vertretern zweie
schla¬
wollte man nochmals eine Analyse dieser herrliche
und Asche, ha, ha, ha, nämlich Asche, goldne Asche und
dem diametral entgegengesetzten Anschauungen rief,
Tonschöpfung widmen. Dank der Thatkraft unsere
Asche, welche ihm Gold anbringt. Ist nämlich sein
toßen schon gesagt, ein lebhaftes Für und Wider im Publicum
Rennpferd, die Asche von Kisber-Village Queen,
hervor, und mit äußerster Spannung verfolgte man vielen gediegenen Concertisten, ist die Sonate, wie
Aber es Alles, was Brahms geschaffen, gerade in Hambur¬
riesiger Steher
vor den Fortgang der interessanten Handlung.
Mr. Parson, obgleich Engländer, schenkte dieser
wäre sehr ungerecht, wollte man dieses Interesse so zu sagen „populär geworden. Dankbar muß man
nellen lediglich auf das Conto des actuellen Stoffes aber stets sein, wenn sie eine Wiederholung wie die hippologischen Mittheilung wenig Gehör, ihn interessirte
augenblicklich etwas Anderes. Ruhig brannte er die
stellt schieben. Die Hauptursache des großen Erfolges, gestrige erfährt. Herrn Schwormstädt's Inter¬
der sich in lebhaften Hervorrufen der Darsteller pretation ist die eines feinsinnigen Künstlers, dessen
Nachdruck nur mit Erlaubniß des Verfassers gestattet.
tho¬
sideres documentirte, liegt doch in der meisterhaft abgeklärtes Spiel den Porzug schöner Tonfille besitzt.