8.
Freiwild
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Theater und Musik.
„Deutsches Theater." Herr Direktor V. Naumann
schreibt uns mit Be auf unsere Kritik der Premiere von
„Freiwild“ (Nr. 23 der „M. N. N.), daß die in dem
Stücke vorgenom nen Aenderungen nicht von ihm aus¬
gingen, sondern in der k. Polizeidirektion ihm vorge¬
schrieben wurden Herr Naumann hat seinem Briefe das
„rektifizirte Textbuch sowie die betreffende Verfügung bei¬
gelegt; sie lautet: „Bei Freiwild sind Seite 29/30, 37, 43,
45, wie vorgezeichnet, Streichungen vorzunehmen; der
Schlag in's Gesicht (S. 39) hat in möglichst wenig auf
fallender Weise zu erfolgen, indem vor Allem der Vorgang
sich im Hintergrund der Bühne vollzieht, die Mitspielenden
dazwischen springen, um den Schlag aufzufangen und dgl.
S. 17 und 32 sind an den mit Farbfreich bezeichneten
Stellen Milderungen des Textes vorzunehmen. Im
Uebrigen besteht gegen die Aufführung keine Erinnerung.
— Damit ist Herr Naumann allerdings vollkommen ent¬
lastet. Auf eine nähere Würdigung des gewiß nicht glück¬
lichen Eingreifens der Zensur einzugehen, besteht für uns
kein Anlaß mehr, da unsere Leser eine solche — allerdings
an eine andere Adresse gerichtet — schon in der erwähnten
Nummer unseres Blattes gefunden haben.
d. Im Münchner Volkstheater ging gestern Frei¬
Ra¬
burgerstraße 50 übernahm derer und
Restaurateur Martin Steinmann.
Deutsches Theater.
München, den 14. Januar 1897.
Mit dem heute zur erstmaligen Aufführung gekommen
Schauspiel „Freiwild von A. Schnitzler oben
wir der rührigen Leitung des Schmerzenskindes der hiesigen
Theater einen guten Erfolg versprechen zu können. Die
Novität ist nicht nur unterhaltend und fesselnd, sondern sie
gewinnt auch unser ganzes Interesse durch die künstlerische
Form mit welcher es der Autor verstanden hat ein Stück
sozialen Elends vor unseren Augen zu entrollen. Unter
„Freiwild" versteht Schnitzler jene Kunstnovizinnen, die
am Anfang ihrer Bühnenlaufbahn stehend gezwungen sind
an sogenannten „Schmieren", sich die erforderliche Bühnen¬
routine zu erwerben, wo sie mit der kargen Entlohnung
nicht zurecht kommen und daher auf Nebenerwerbe ange¬
wiesen sind. Welcher Art diese Nebenerwerbe sein können
läßt sich leicht errathen, die jungen unerfahrenen Geschöpfe
verlieren sich allzubald in die Garne gewissenloser Schürzen¬
jäger, wodurch die berüchtigte Theatermoral schon im Keime
ihren Todesstoß erhält. Mit meisterlichem Geschick führt uns
Schnitzler in das Milieu der hier angedeuteten Verhältnisse
ein, wir sehen die jeunesse dorée eines kleinen Curortes
wie sie ihre Fangarme nach den nieblichen Schauspielerinnen
des Sommertheaters ausstreckt, dessen Direktor es ganz für
selbstverständlich hält, daß an seinem „Kunstinstitute die
Schauspielerinnen mit allen Mitteln dafür zu sorgen haben
um die Besucher anzuziehen. Alle Bühnenmitglieder schienen
sich auch in diese Verhältnisse eingelebt zu haben, nur nicht
die „Naive" Anna Riedel, welche sich noch einen Kern von
sittlicher Entrüstung über die ihr aufgedrungenen Daseins¬
bedingungen bewahrt hat, Anna widersteht standhaft allen
Verlockungen und Anerbietungen, dieses reizt aber den Ober¬
lieutenant Karinski umsomehr und er will sich die Gunst
des Mädchens erzwingen. Wiederholt abgewiesen, glaubt er
den Verursacher seines Mißerfolges in dem Maler Rönning
zu erblicken, welchen er in frivoler Weise solange heraus¬
fordert, bis dieser die Geduld verlierend ihm auf offenem
Platze eine derbe Züchtigung zu theil werden läßt. Jetzt ist
Karski der Beleidigte, er fordert Rönning auf Pistolen,
doch dieser lehnt ab, da er nicht sein Leben wegen solch
nichtiger Vorgänge in die Schanze schlagen will. Karinski
ganz im Banne der Vorurtheile seines Standes stehend,
dem der Waffenrock schon längst nur noch als Deckmantel
für sein lasterhaftes Leben diente, vermag sich trotz dem
Zureden guter Freunde nicht zu entschließen zu quittiren,
ohne erst seine vermeintliche Ehre gerettet zu haben. Als
ihm Rönning auf offener Straße begegnet und dieser neuer¬
dings die Aufforderung zum Duell ablehnt, schießt ihn
dieser mit kaltem Blute nieder, womit das Drama seinen
Ausgang nimmt,
Es würde uns zu weit führen, wollten wir auch noch
die reiche Nebenhandlung mit ihren humorvollen Chargen
berühren. Der Aufbau geschieht mit meisterlichem Geschick,
die Dialogführung läßt den Bühnenpraktiker erkennen, alle
Scenen sind wirkungsvoll ausgestaltet und mit sicherem
Blick auf den Höhepunkt zugeführt, der sich bis zur letzten
Scene hinüberspielt,
Die Aufführung zeugte von der immer mehr fort¬
schreitenden Vervollkommnung des Deutschen Theater=En¬
sembles. Mit verblüffender Wahrheit stattete Herr Schmidt¬
Häßler den unsympathischen Charakter des Oberlieutenants
Karinski aus. Auch Herr Pahlau verdient mit seinem
Paul Rönning alles Lob, ebenso sei der Herren v. Lenor,
Klein=Rhoden und Neumann vorzugsweise gedacht.
. Behrens hat noch an temperamentvoller Darstellung
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meisters
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Theater und Musik.
„Deutsches Theater." Herr Direktor V. Naumann
schreibt uns mit Be auf unsere Kritik der Premiere von
„Freiwild“ (Nr. 23 der „M. N. N.), daß die in dem
Stücke vorgenom nen Aenderungen nicht von ihm aus¬
gingen, sondern in der k. Polizeidirektion ihm vorge¬
schrieben wurden Herr Naumann hat seinem Briefe das
„rektifizirte Textbuch sowie die betreffende Verfügung bei¬
gelegt; sie lautet: „Bei Freiwild sind Seite 29/30, 37, 43,
45, wie vorgezeichnet, Streichungen vorzunehmen; der
Schlag in's Gesicht (S. 39) hat in möglichst wenig auf
fallender Weise zu erfolgen, indem vor Allem der Vorgang
sich im Hintergrund der Bühne vollzieht, die Mitspielenden
dazwischen springen, um den Schlag aufzufangen und dgl.
S. 17 und 32 sind an den mit Farbfreich bezeichneten
Stellen Milderungen des Textes vorzunehmen. Im
Uebrigen besteht gegen die Aufführung keine Erinnerung.
— Damit ist Herr Naumann allerdings vollkommen ent¬
lastet. Auf eine nähere Würdigung des gewiß nicht glück¬
lichen Eingreifens der Zensur einzugehen, besteht für uns
kein Anlaß mehr, da unsere Leser eine solche — allerdings
an eine andere Adresse gerichtet — schon in der erwähnten
Nummer unseres Blattes gefunden haben.
d. Im Münchner Volkstheater ging gestern Frei¬
Ra¬
burgerstraße 50 übernahm derer und
Restaurateur Martin Steinmann.
Deutsches Theater.
München, den 14. Januar 1897.
Mit dem heute zur erstmaligen Aufführung gekommen
Schauspiel „Freiwild von A. Schnitzler oben
wir der rührigen Leitung des Schmerzenskindes der hiesigen
Theater einen guten Erfolg versprechen zu können. Die
Novität ist nicht nur unterhaltend und fesselnd, sondern sie
gewinnt auch unser ganzes Interesse durch die künstlerische
Form mit welcher es der Autor verstanden hat ein Stück
sozialen Elends vor unseren Augen zu entrollen. Unter
„Freiwild" versteht Schnitzler jene Kunstnovizinnen, die
am Anfang ihrer Bühnenlaufbahn stehend gezwungen sind
an sogenannten „Schmieren", sich die erforderliche Bühnen¬
routine zu erwerben, wo sie mit der kargen Entlohnung
nicht zurecht kommen und daher auf Nebenerwerbe ange¬
wiesen sind. Welcher Art diese Nebenerwerbe sein können
läßt sich leicht errathen, die jungen unerfahrenen Geschöpfe
verlieren sich allzubald in die Garne gewissenloser Schürzen¬
jäger, wodurch die berüchtigte Theatermoral schon im Keime
ihren Todesstoß erhält. Mit meisterlichem Geschick führt uns
Schnitzler in das Milieu der hier angedeuteten Verhältnisse
ein, wir sehen die jeunesse dorée eines kleinen Curortes
wie sie ihre Fangarme nach den nieblichen Schauspielerinnen
des Sommertheaters ausstreckt, dessen Direktor es ganz für
selbstverständlich hält, daß an seinem „Kunstinstitute die
Schauspielerinnen mit allen Mitteln dafür zu sorgen haben
um die Besucher anzuziehen. Alle Bühnenmitglieder schienen
sich auch in diese Verhältnisse eingelebt zu haben, nur nicht
die „Naive" Anna Riedel, welche sich noch einen Kern von
sittlicher Entrüstung über die ihr aufgedrungenen Daseins¬
bedingungen bewahrt hat, Anna widersteht standhaft allen
Verlockungen und Anerbietungen, dieses reizt aber den Ober¬
lieutenant Karinski umsomehr und er will sich die Gunst
des Mädchens erzwingen. Wiederholt abgewiesen, glaubt er
den Verursacher seines Mißerfolges in dem Maler Rönning
zu erblicken, welchen er in frivoler Weise solange heraus¬
fordert, bis dieser die Geduld verlierend ihm auf offenem
Platze eine derbe Züchtigung zu theil werden läßt. Jetzt ist
Karski der Beleidigte, er fordert Rönning auf Pistolen,
doch dieser lehnt ab, da er nicht sein Leben wegen solch
nichtiger Vorgänge in die Schanze schlagen will. Karinski
ganz im Banne der Vorurtheile seines Standes stehend,
dem der Waffenrock schon längst nur noch als Deckmantel
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Zureden guter Freunde nicht zu entschließen zu quittiren,
ohne erst seine vermeintliche Ehre gerettet zu haben. Als
ihm Rönning auf offener Straße begegnet und dieser neuer¬
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Ausgang nimmt,
Es würde uns zu weit führen, wollten wir auch noch
die reiche Nebenhandlung mit ihren humorvollen Chargen
berühren. Der Aufbau geschieht mit meisterlichem Geschick,
die Dialogführung läßt den Bühnenpraktiker erkennen, alle
Scenen sind wirkungsvoll ausgestaltet und mit sicherem
Blick auf den Höhepunkt zugeführt, der sich bis zur letzten
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