II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 138

8.
Freiwil
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Rollen hielten sich tüchtig — mit Ausnahme des „Balduin,
c. Folge ganz natürlichen Verwechslungen und in erschüttern
der Komit Menschen an sich selbst und noch mehr an Ander schlecht spielt, und des „Kohn", der schlecht spricht. Herr
Schmidt-Häßler sprach und spielte verständig, wie immer;
jederen irre werden läßt. Ein jammernswerther Pantoffel
aber die Rolle des „Karinski liegt ihm nicht, er macht darin
held, aus dessen Biedermannshülle hinter dem Rücken der
gestrengen Frau Gemahlin der versuchte Schwerenöther eine schlechte Figur. Die wichtige Rolle der Anna wurde
schlüpft, lädt den Fluch der bösen That er heuchelt, um sich ungenügend gegeben. Im Ganzen aber: eine Aufführung,
welche wiederholt und gesehen zu werden verdient. Diesem
ei einen Dispositions- und Reservefonds für „Erholungs
Lobe ist ein Tadel beizufügen: dafür, daß das Stück nich
fahrten" zu sammeln und zu sichern, seiner Frau gegen
so gegeben worden ist, wie der Verfasser es geschrieben hat
über Alimentationsverbindlichkeiten — auf sich, die dann
und wie es anderwärts — z. B. in der musterhaften Dar
in jedem Wort und jeder Szene fortzeugend Böses muß ge
stellung am „Deutschen Theater" zu Berlin — gespielt
bären, immer toll, immer „lachhaft". Wir unterlassen, zu
erzählen, was sich ob der Verwicklungen nicht erzählen wird. So darf man mit dem Werke eines ernsthaften
Schriftstellers nicht umgehen. Bedeutsame Sätze sind ge¬
läßt; es hieße auch des Schwankes lustige Ueberraschungen
strichen, das wichtigste Handlungsmoment verzerrt und
verrathen und dem Theaterbesucher ein volles Vergnügen
fast verwischt. Wollte man den Zuschauern den Anblick er¬
schmälern. Wir haben Schweighofer, wir haben unsere
sparen, daß ein Offizier, welcher in ausdrücklichstem
einheimischen Kräfte selten so gesehen wie gestern, aber auch
Gegensatz zu seinen Standesgenossen (deren einem die
selten so viel Lachen und Klatschen gehört. Schweighofer
wärmste Sympathie der Hörer zugewendet wird) als leicht¬
spielte mit allen Registern seiner reichen Komik, einfach
fertiger Mensch, Schuldenmacher, Spieler, Trinker ge
überwältigend, und Frau Hartl=Mitius, Frl. Drucker,
Frl. Nordheim, Frl. Bürger, Frl. Meittinger, deren schildert ist, für den übrigens trotzdem noch mildernde Um¬
stände angeführt werden — daß ein solcher Mensch, der zu
Dialekt — aus den deutschen Bundesstaaten ein bunte
fällig eine Uniform trägt, für eine Niederträchtigkeit durch
Sprachen=Durcheinander — uns freilich nicht gefallen
konnte, sowie die Herren Ermarth, Manz und Geis standen einen Schlag bestraft wird? Bestraft von einem an¬
zuhe
ihm in nichts nach. Das gleiche Lob ist Herrn Skitt, der die ständigen Manne, der zufällig keine Uniform trägt -
und überdies um jener That willen sein Leben verliert
Regie vortrefflich führte, zuzuerkennen.
Als ob der Mord, den der Offizier begeht, nicht noch viel
M. B. Deutsches Theater. Donnerstag, zum ersten
Male: „Freiwild“, Schauspiel in drei Akten von verdammenswürdiger erschiene, wenn er den Schlag
Arthur Schnitzler. — Der Inhalt dieses Stückes ist den nicht empfangen hat! Zudem: nicht um einen deutschen
Lesern der „M. N. N." aus den Berichten über die aus=Offizier handelt es sich, die Handlung geht in einem
wärtigen Aufführungen bekannt: Ein Offizier von kleinen Bade=Ort in der Nähe von Wien vor, die Militärs
bezeichnen sich deutlichst als Oesterreicher, tragen öster¬ Fein
schlechtem Charakter beschimpft ein anständiges Mädchen
reichische Uniformen — und in Oesterreich wird das Stück
ein ehrenhafter junger Mann gibt ihm dafür einen Schlag
in's Gesicht und verweigert Genugthuung, weil nur der gespielt, von einem Wiener ist es geschrieben.... Das
Schuld die Strafe gefolgt und die Sache also zu Ende sei, Münchener Publikum mag sich für die schmeichelhafte
Meinung bedanken, daß ihm ohne Gefahr nicht gezeigt
der Offizier schieht ihn auf öffentlichem Platze nieder. Eine werden könne, was die Bürger anderer Städte ruhig sehen
gute literarische Arbeit, ein sehr interessantes, sehr unter
haltendes, sehr wirksames Theaterstück. Wir haben nicht dürfen.
s. w. Augsburger Stadttheater. Am 13. Januar
viele dergleichen. Warum muß ein solches Werk auf eine
Bühne erscheinen, deren Kräfte nicht gestatten, es voll zur wurde zum überhaupt ersten Male gegeben: „Astorre
Geltung zu bringen? Weil alle Hofbühnen — und nicht Oper in drei Aufzügen (nach K. F. Meyers Novelle „Die
etwa das Münchener Hoftheater allein — noch Anderes zu Hochzeit des Mönchs", frei bearbeitet von August Har¬ Do¬
lacher), Musik von J. Krug=Waldsee. Daß ein genialer einst
beachten haben, als den literarischen und theatralischen
Werth; nicht nur die hohe Rücksicht auf die Kunst, nicht Musiker auch aus einem schlechten Textbuche eine nicht am
blos genießbare, sondern sogar eine herrliche Oper fertig. Blond
nur die nothwendige Rücksicht auf den pekuniären Ertrag
bringen kann, beweist uns Mozarts unsterbliche „Zauber¬
sondern Rücksichten niedrigerer Art auf Vorurtheile, Vor¬
Kai
rechte und Empfindlichkeiten. Das „Deutsche Theater" thut flöte". Was Herr Harlacher an K. F. Meyers Novelle ver
recht, jenes der Hofbühne verschlossene Gebierzu bearbeiten, brochen hat, gehört auf ein anderes Konto: hier handelt es Bisen
Sie ni
sich nur um die Holprigkeiten und Unebenheiten des Text
Geschieht das mit Geschmack und Fleiß, so wird der Erfolg buches, das der Librettist dem Komponisten zur Verfügung
Franz
nicht fehlen. Er hat auch gestern nicht gefehlt. Die Zu
schauer unterhielten sich sehr gut und applaudirten sehr leb¬ stellte. Mit bangem Zagen wird wohl Mancher, der der
Ge¬
Text vor der Aufführung aufmerksam gelesen hatte, in
haft. Die Vorstellung war von Herrn Oberregisseur Stoll
berg vortrefflich geleitet. Die Herren Klein=Rhoden und Theater gegangen sein, zu harren der Dinge, die da kommen kaufen
ter v. Lenor wurden bei offener Szene gerufen; auch die Herren sollten. Aber die angenehm enttäuscht fanden wir uns
Fr.
Fortsetzung siehe nächste Seite.
der Pahlau, Kirsch, Sick sammt den Inhabern der kleineren
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