II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 144

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witz=Reminiscenzen entfernen lassen werde, war vor¬
ersichtlich mit großer Befangenheit; es ist allerdings
wirken zu lassen
auszusehen. Sicherlich nicht aus Rücksicht auf den Karls¬
leitung volles
zu berücksichtigen, daß sie eine neue Rolle zu schaffer
ruher Held als vielmehr um einer Demonstration gegen und dazu in München zu debutiren hatte. Erst in
Konzertpublikum
einen ganzen Stand, der für krankhafte Auswüchse
letzten Akt wurde ihr Spiel, dem Bühneroutine nicht
ponisten zur V
nicht verantwortlich gemacht werden soll, vorzubeugen, abzusprechen ist, freier, doch dürfte sie das Wort
einer so vor
Konnte sich doch ein Zuschauer im Parkett nicht ent¬
Das Interesse
„Schurke" dem Mörder ihres Bräutigams noch energ
halten, ein lautes Bravo auszurufen, als Paul Ranning
ischer zuschleudern. Fräulein Behrens war zwei Jahre
vorträge des
den Oberlieutenant Karinski züchtigte.
am Hoftheater in Kassel, vier Jahre am Hoftheater
Alfred Kre
chenern mit ei
Der Inhalt von Freiwild ist ein sehr schlichter.
in Schwerin, wo sie je erstes Fach spielte, engagirt
Oberlieutenant Karinski, dessen von Leidenschaften
sie wird zweifellos eine werthvolle Bereicherung des wieder in Er¬
Begleitung des
und Ausschweifung entstelltes Gesicht Herr Schmidt= Ensembles bilden. Brillant in Maske und Haltung
Häßler in vorzüglicher Maske wiedergab, bilde
des Gigers war Herr Klein=Rhoden, seine pagoden
Richard Strau
sich Schauspielerin Anna Riedel ein, er ist ge¬
haften Bewegungen mit dem Bemühen Eleganz zu Violinspiel hat
wöhnlich zu erzwingen, was ihm versagt wird. Sie
repräsentiren, sind die stumme Entschuldigungsbitte
Geläufigkeit er
ernster und au¬
lehnt seine Einladung ab, er begibt sich selbst zu ihr
für die Dummheit seines Standes, mit welcher er in
grellen Gegensatz zu seinem energischen und kraft¬
und findet die Thüre verschlossen. Zu seinen Kameraden
schen dem Künf
größerer Tonstä
zurückgekehrt, erzählt er sein Mißgeschick; der spätere
bewußten Freund Karl Ranninger, vorzüglich durch
Verlobte der Schauspielerin sitzt om Nebentisch und
Herrn Pahlan dargestellt stand. Nicht minder vorzüglich
begleitung zuwe
war Herr Neumann als Schmierendirektor, Herr wurden auch für
belächelt wohl mit innerer Genugthuung den Vorfall.
von Spohr und
Karinski stellt Paul Ranninger zur Rede und läßt Sieder als Schauspieler Enderle, Fräulein Nebauer
sich dazu hinreißen, die Schauspielerin zu verdächtigen, als Schauspielerin des Sommertheaters. Die kläg¬ Beifallsspenden
Kranzspenden
lichen Verhältnisse eines solchen Theaters in intimer
Eine Ohrfeige im Originaltert — ein Würgen am
die mit feurig
Hals nach Vorschrift der Censur — ist die Antwort
Malerei als Episodenwerk vorzuführen, war jedenfalls
Festouvertüre
ein sehr geschickter Griff des Autors, das seine
Ranningers. Die Kameraden Karinskis und die
wieder treffli¬
Wirkung als beißende Satire, die ein oberflächlicher
Freunde Ranningers trennen beide, Karinski schickt
wie aus eine
seinen Sekundanten, Ranninger weigert sich, sich mit Urtheiler frivol finden könnte, nicht verfehlte. Berück¬
sei hier noch
einem „Schuft" zu schlagen. Oberlieutenant Rohn¬
sichtigen wir noch, daß das erschienene Publikum
stadt bittet Ranninger, wenigstens ein Scheinduell ein¬
keineswegs aus Feiertagsbesuchern bestanden, sondern der Kaimfäl¬
zugehen, Karinski werde in die Luft schießen, müsse aus einem eher blasirten Premierenpublikum, so hat die
längst geru¬
aber seinen Rock ausziehen, wenn Ranninger die Direktion allen Grund, auf den überaus reichlich ge¬ nach Thunli=
spendeten Beifall stolz zu sein. Galt der Beifall auch ginn des Ko
Satisfaktion verweigere. Mit Entrüstung weist
findlichen K.
zum Theil der Tendenz des Stückes, so partizipirt die
Ranninger, der sich im zweiten Akt mit der Schau¬
spielerin verlobt hat, diese Komödie zurück. Karinski Direktion, durch Erwerb und Aufführung auch an diensteten v.
lauert ihm auf, fragt ihn nochmals, ob er ihm Genug- diesem und hat das Verdienst es in musterhafter Dar¬ beginnt un
stellung und sehr geschickter Inszenierung uns gebracht darf jeder
thuung geben wolle, um ihn auf seine Weigerung
nicht mehr
auf offener Straße niederzuschießen. Mit einer be¬
zu haben.
sondern wi
zeichnenden Handbewegung mahnt Rohnstadt seinen
Deutsches Theater. Samstag, den 16. Januar
Vorraum
Geschlossen.
Kameraden, rasch zu thun, was jetzt seine Pflicht sei
Spielplan des Deutschen Theaters. Sonntag, klein, kalt
Ueberflüssig hinzuzufügen, daß er ihn ermahnt, der
schieden
den 17. Nachmittags halb 4 Uhr zu ermäßigten Preisen:
weltlichen Gerechtigkeit zuvorzukommen.
kann. M.
„Die Galloschen des Glücks“. Abends halb 8 Uhr:
Man hat gegen das Stück eingewendet, daß
bar an W.
„Freiwild
der Auten die Sympathien und das wahre Interesse
Schaffung
für seinen Helden ihn durch eine brutale Handlungs
J. Schmid's Marionetten-Theater, Marsstr. 13
(Maffeianger). Sonntag, den 17. Januar: „Aladin Einführung
weise selbst verscherzen lassen. Das ist sicherlich
gebot an
richtig, aber es konnte eben auch nur eine an Ort und oder Die Wunderlampe, Zaubermärchen aus
zwingende
Stelle nicht gerächte Realinjurie den Konflikt her 100 Nacht. Anfang Nachmittags 3 Uhr.
Comédie Française. Auf der Durchreise nach
beiführen und andererseits ist Karinski keineswegs
Rußland wird das Ensemble der Comédie Française
Mustertypus seines Standes, als vielmehr ein Zer¬
bild. Der deutsche Offizier ist — wie Graf Westatt am 25. Januar l. Is. einmal im kgl. Hoftheater zu
Kirche
in seiner Auseinandersetzung „Ehre" sagt — „ Stuttgart gastiren und auch in München am 26.
Haidhause
und 27. Januar zwei Vorstellungen geben. Das En¬
tadellos erzogener Gentleman; die mustergiltige ge¬
semble bringt die wirkungsvollsten Stücke als Repertoir brachte an
schaftliche Haltung, die er in jeder Lebenslage be¬
mit, wie „La Doctoresse" von Paul Ferriere und H. von A. Bö=
wahrt, ist überall anerkannt, wo man gute Sitte zu
mitzler von Bocage, „Le Choix d'un Gendre von Labiche und Werk des
eben dieser Vorauszug ausgeht, durfte er ein krank
Delacour, „La Petite Marquise von H. Meilhac und sehr gelun
haftes Zerrbild auch züchtigen lassen, über eine mo¬
L. Halévy, „La Papilione“ von Victorien Sardou, eine Fest
von ganz
ralische Ohrfeige müßten die eigenen Standesgenossen „Ménages Parisiens" von A. Valabrique, „Le Klephte
Befriedigung empfinden. Daß ein haltloser Mensch, von A. Dreyfus u. a.
Gnaden de
wie Karinski, dessen Ehre nur eine äußerliche ist,
v. Hötzl,
auf die tiefste Stufe, zum Mörder, sinkt, ist wiederum
Fachkreise
Konzert.
durch seinen Charakter begründet, nicht durch den
einer wah¬
Ehrenkomment, der eben auch Ehrenmänner mit einem
Musikelub „Mozart. Alle Mitglieder und Ehren¬
Ehrgefühl voraussetzt, Ehrenmänner, für welche es
mitglieder, sowie Gönner und Freunde obigen Vereins
ganz unmöglich ist, nach Verdienst geohrfeigt zu werden zu der heute Samstag den 16. Januar statt¬
werden. Nur aus diesen Voraussetzungen läßt sich
findenden maskirten Familienunterhaltung höflichst
das
der Beifall des Publikums rechtfertigen. Und diesen
eingeladen. Dieselbe findet im Dürnbräukeller (ober¬
sch
spendete es in reichstem Maße, ja wir gehen wohl
Säle, Preysingstraße 80, vis-à vis Café Gasteig, statt.
nicht fehl, wenn wir annehme, daß Freiwild zahl¬
Beginn präcis 8 Uhr Abends, Saaleröffnung Uhr
lose, gut besuchte Wiederholungen erleben werde,
Symphoniekonzert Kaimsaal. Eine Leistung
Marien
Wiederholungen vor einem Publikum, das den Autor von styrtechnisch nicht besser zu gebender Form, Vollend¬
versteht und vor einem Publikum, das sein Schauspiel ung musikalischer Klarheit und Schärfe des Ausdruckes
in lebhafter Erinnerung an bedauerliche Vorkommnisse bot uns am vergangenen Mittwoch das Kaimorchester
eben mißverstehen will.
mit Aufführung der vierten Symphonie Anton Bruck
Sut
Ein frischer Hauch ging durch die ganze Vor
ner's in Es. Dieses Werk charakterisirt uns den Anton St.
stellung, die mit liebevoller Sorgfalt inszenirt war, kürzlich verstorbenen Komponisten als einen Musiker
Johann
Die drei verschiedenen Typen der österreichischen Offi= von kraftvoller Initative und nicht gewöhnlicher In¬
Mayer,
ziere waren scharf ausgeprägt, Herr Schmidt=Häßler
strumentirungsgabe. In dem Werke spricht sich aber
Kirmeier
charakterisirte das von Leidenschaften erfüllte Gesicht,
auch die ganze Eigenart der Persönlichkeit Bruckners
Fabrikant.
dem Spiel, Weiber, Schulden, Trinken ihren Stempel
aus, es fehlt der Symphonie an innerer thematischer
Oest
aufgedrückt, in meisterhafter Weise; gleich vorzüglich Ruhe, die einzelnen Tonbilder entwickeln sich zu wenig
Friederike
war die Auffassung der Rolle wie seine Sprache. Herr
und im sprunghaften Drängen nach Weiterentwicklung Alois Os
von Lenor machte die weniger dankbare Rolle des
entwickelt sich nichts. Es kommt der Komponist in
ger, Spe¬
„guten Kerl, durch das Gepräge des Kavaliers, der
seinem Werte trotz vieler hübscher Ansätze zu guten Schneider
die Zierde des Salons bildet, interessant; sein Rohn¬
Ideen selbst nicht zu jener tieferen schöpferischen Ruhe
Spängler
stedt war ein Kabinetstück vornehmer Darstellung. Wie
und Beharrlichkeit, die sich unbedingt auch in einem
aushelfer
scharf er den Geist der Rolle erfaßt, beweisen seine
Tonwerke in gewissem Grade behaupten muß, soll sich 3½ M.,
Schlußworte, als er mit eisiger Kälte sagt: „Der
für den Hörer mit der Aufführung zugleich ein künst¬
No¬
Herr Oberlieutenant — sonst spricht er von seinem
lerischer Genuß und nicht bloß ein Gesammtbild
Franz K.
Freund oder Kameraden — „weiß selbst, was er
musikalischer Effekte in kunstgerechter Form aneinander¬
Hai
jetzt zu thun hat." Er war wohl auch der einzige,
gereiht verhinden. Bei aller Anerkennung für den
Anton Ho¬
dem Beifall auf offener Szene wurde. Herr Kirsa
„Tonbildner Bruckner, seiner kraftvollen und reich¬
Gschwend
stattete den jungen Lieutenant der kleinen Garnison haltigen Schaffensbegabung müssen wir ihm doch zum
Sen
stadt mit den studentischen Manieren und dem harm¬
größeren Theile absprechen, was bei jedem Werk¬ Klara Ho
losen Selbstbewußtsein, hübsch zu sein, aus. Ueber
schöpfer die Hauptsache ist, „Conceptionsgabe, das
Anna
Fräulein Behrens möchten wir ein endgültiges Ur¬ äußerlich Wirksame auch nach innen wirkungsvoll zu
Friederik
theil nicht abgeben, sie kämpfte in den ersten Akten / gestalten und es von innen heraus auf die Hörer brosius