II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 147

Freiwild
8.
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tout wird, sondern wenn man in dem Flugblatt
og Mersburg erforderlich. Der bisherige beschloß: Die Vereinigung „Vorwärts“ ist aufzu
auch auf nachstehenden im Druck ebenfalls hervor¬
lösen, ihr Organ „Der Sozialdemokrat" geht ein
om Vertreter Abg. Stephan (Reichspartei) ist an
Etat Dienstag plötzlich gestorben. Bei der Wahl von die Sektionen sollen der Arbeiterunion beitreten gehobenen Satz stößt:
„Deshalb bekennt sich jeder Eisen¬
und von dieser sofort wieder aufgenommen werden.
Frage 1893 wurde Stephann mit 8229 Stimmen gewähl¬
Nach dieser Aufnahme sind Vorstand und alle bahner durch den Eintritt in den Ver¬
während 5212 auf den Kandidaten der Freisinnigen
sischen
ein als Gegner der sozialdemokratischen
Ackerei Volkspartei und 2242 auf den sozialdemokratischen Komitees der Arbeiterunion neu zu wählen. An
Grundsätze und Bestrebungen und ver¬
1. Juli 1897 hat dieselbe darüber abzustimmen
Erden. Kandidaten fielen.
pflichtet sich, getreu nach den im Statut nieder¬
(Zur Affaire Tausch.) Der langsame ob Mar vorläufig Redakteur der „Tagwacht
inu
gelegten Grundsätzen zu handeln.
wesen Verlauf der Untersuchung gegen den Kriminal bleibt oder nicht; in ersterem Falle gilt die Wah
Die Zentrumsabgeordneten Dr. Pichler,
ung, kommissar v. Tausch hat an „maßgebender Stelle bis 1. Januar 1898, auf welchen Termin ein¬
at der Anlaß gegeben, eine möglichste Beschleunigung ordentliche Wiederwahl des Redakteurs vorzu Dr. Schädler, Staatsanwalt Söldner,
der Widerspruch, in dem der Ehrbegriff einer bestimmten menen Menschen. Die Erfolglosigkeit seiner Bewerbungen des Stückes entscheiden. Es fragt sich zunächst, ob die
Klasse zu dem Rechtsbewußtsein des Volkes steht, so klar reizt ihn dazu, in der Wuth schmähliche Ausdrücke über Personen seines Stückes, die zu der ritterlichen Ehr¬
Januar zu Tage getreten, daß er zur Erörterung zwingt, und die Dame zu gebrauchen in Gegenwart ihres Freundes Stellung nehmen, wirkliche Menschen sind. Ein Offizier
Arthur unsere Dramatiker sind auch Menschen, an denen der Paul Rönning (Otto Pahlau). Die Beleidigung trägt steht im Banne der Anschauungen seiner Klasse und kann
ihm eine Ohrfeige ein. Nun heißt es natürlich: Duell, so lange er nicht aus ihr ausgetreten ist, auch nicht aus
Streit des Tages nicht spurlos vorübergeht.
ihren Anschauungen heraus. Schnitzler hat Karinski,
Der Titel „Freiwild“ ist nicht eindeutig, und es tritt Aber Rönning hat nicht das mindeste Verlangen, sein
Stü=
seinen nicht mit voller Klarheit hervor, wie ihn der Dichter ge¬ Leben auf's Spiel zu setzen, und ist gewillt, die Folgen der nur in seiner Klasse möglich ist und unmöglich wird,
sobald er aus ihr ausgestoßen wird, ebenso verständni߬
rektion meint hat. Das Wild, das die Herren Offiziere in dem seines Schrittes zu tragen. Es kümmert ihn wenig, da
einige seiner Bekannten den Verkehr mit ihm abbrechen, voll gezeichnet wie den Lieutenant Rohnstedt, der sich
so sehr Stücke zunächst jagen, sind Schauspielerinnen, und dan
da er satisfaktionsunfähig geworden sei. Er ist taub über den Werth der Offiziersehre klar ist und als Mensch
wird ein Zivilist, der sich zum Beschützer der einen Schau
gegen die Bitten eines Kameraden des Karinski, des ein anderer ist denn als Offizier. Er hat die Gecken
die ver= spielerin aufwirft, gesagt und zur Strecke gebracht. E
Poldi Grehlinger vorzüglich hingestellt, den den Ge¬
Oberlieutenants Rohnstedt (Robert von Lenor), der ein
In der fragt sich, ob unter Freiwild die Schauspielerinnen zu
Erfolge verstehen sind oder der Zivilist. Das Stück spielt in Scheinduell vorschlägt, damit wenigstens äußerlich die sellschaftsmenschen, der nie korrekt ist. Als zum min¬
Folge einem kleinen Badeort in der Nähe von Wien, offenbar Form gewährt und Karinski nicht in der Armee un desten uninteressant ist Paul Rönning gezeichnet, der
in einem Modebad mit seiner Atmosphäre des Nichts=möglich werde. Aber ebenso starrköpfig handelt Karinski Gegner des Duells. Er soll eine Künstlernatur sein, aber
nach den Anschauungen seiner Kaste. Wird ihm Genug- wir erfahren so wenig über ihn, das wir kaum die
Theil thun und Vergnügens. Zur Erheiterung der Bade
danken, gäste trägt ein Sommertheater bei, dessen Pesonal uns thuung nicht gegeben, so will er sie nehmen. Er will Umrisse seines Wesens erkennen. Er wird uns nie so
Haufen auf das ergötzlichste vorgeführt wird. Der Herr Direktor Rönning um jeden Preis stellen. Nun geschieht das recht lebendig wie die Personen, die ihn umgeben, und
Merkwürdige, daß Rönning nicht zu bewegen ist, der hier ist die Achillesserse des Stücks. Vorzüglich ist die
(Max Neumann), der sein Theater gern ein Kunstinstitu
Für ein
dien be¬ nennt, spekulirt stark in Beinfleisch. Er sieht es gern, Gefahr aus dem Wege zu gehen. Er hat sich mit der Schilderung des Schauspielervolkes gelungen, und vor¬
erregt, wenn seine Künstlerinnen dem Logenpublikum gegenüber Schauspielerin verlobt und sieht, reich und unabhängig züglich wurde das Völkchen gespielt. Die HH. Neumann,
Martini, Sieder und die Damen Nebauer und Hebbel
wie er ist, ein glückliches Leben vor sich. Aber die Bitter
sich gefällig erweisen und es erregt sein äußerstes Mißfallen
Säbe
Stück daß seine Naive, Anna Riedel (Frl. Behrens) nicht in der Braut und des Freundes, die Stadt zu verlassen, hatten ihren großen Tag und verdienten den reichen
sind vergebens. Er zeigt seinen Muth, indem er wie Beifall, den sie ernteten. Angenehm überraschte Herr
freilich den Spuren der Soubrette (Frau Nebauer) und de
zweiten Liebhaberin (Frl. Hebbel) wandelt, die mit den bisher sich öffentlich zeigt. Karinski hat ihm aufgelauert, v. Lenor als Lieutenant Rohnstedt, der sich diesmal dem
Zusammenspiel vortrefflich einfügte und nicht ins Publi¬
ange
Bar, als Offizieren die Nacht hindurch beim Champagner sitzen, stellt ihn, verlangt zum letzten Male „Genugthuung
kum hineinspielte. Herr Klein=Rhoden erzielte als Poldi
chen der Er chikanirt in Folge dessen die junge Schauspielerin und und schießt Rönning über den Haufen, als er sie wiede
Grehlinger einen verdienten Heiterkeitserfolg. Als Anna
verweigert. Die Schauspielerin steht an seiner Leich¬
valiers gibt ihr den Abschied, d. h., indem er ihr mit Entlassung
odernen droht, will er sie dahin bringen, daß sie ihm für die und fragt verzweifelt: „wohin?" Vor ihr liegt nun Riedel trat Frin. Behrens zum ersten Male auf und
wieder ein Leben wie früher; sie wird wiederum als führte sich vortheilhaft ein. Herr Pahlau spielte den
Raum halbe Gage spielt, für eine Hungergage von 25 Gulden
die sie schon zwingen wird, die Wege ihrer Kolleginnen Freiwild behandelt werden, nachdem ihr Beschützer ge= Rönning routinirt, ohne die Figur recht lebendig ge¬
stalten zu können, wofür er nicht allein verantwortlich
„Ehre
geleuchtet zu gehen. Verfolgt so der edle Direktor das Wild, so storben ist
Der Dichter hat sich bemüht, wie es als Künstler gemacht werden kann. Hr. Schmidt-Häßler spielte den
jagen nicht minder eifrig die Herren Offiziere, allen voran
Karinski verständig und wirkungsvoll, eine Lieutenants¬
wie ein
Hartleben der Oberlieutenant Karinski (Herr Schmidt=Häßler). Ka- seine Pflicht ist, mit seiner Meinung im Hintergrund¬
Ansicht rinski steht auf schiefer Ebene. Er hat kein großes Ver¬ zu bleiben, sie nicht aufdringlich vorzutragen, wie es Figur macht er freilich kaum. Beifall gab es die Hülle
geschickte mögen und viel Bedürfnisse. Spiel und Weiber haben Sensationsdramatiker gewöhnlicher Sorte thun, und und Fülle. Das Stück wird jedenfalls lange Zeit volle
G. M.
schauer ihn ruinirt, und er ist in Gefahr, seiner Schulden wegen mancher wird wohl fragen, welche Stellung Schnitzler Häuser machen.
gemaßregelt zu werden. Er stellt der jungen Schau= zu dem Duell nehme. Wie die Antwort auf die Frage
chtigung
Allmählich spielerin nach mit der niedern Leidenschaft eines verkom¬ ausfallen mag, sie wird nicht über Werth oder Unwerth