II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 153

8. Freiwild
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und Die Auff
Beschluß dieses Bezirkslehrervereins zeigt den
haben eine Giltigkeitsdauer von 20 Tagen und berech¬
außerdem wurden 170 gefangen genommen, 400
daß die Lehrerschaft die Worte des Herrn
tigen zur je dreimaligen Fahrtunterbrechung auf der
In Folge eines
deportirt und 2000 verhaftet.
Kultusministers, die derselbe in der letzten Landtags
Hin- und Rückfahrt sowie zum einmaligen freien Besuche
vom General Polavieja erlassenen Aufrufes haben
der Kunst= und Gartenbau=Ausstellung. Der Preis der
session gesprochen, bereits wieder vollständig ver¬
sich 2000 Aufständische unterworfen.
selben beträgt einschließlich der Stempelgebühr 45 Lire
gessen hat.
Weise, daß er mehr als bloße Illusion bot. Kösi¬
die „fixe Idee" seines Gegners von Ehre nicht — und
Arthur Schnitzler hat schon in der „Liebelei
lich war Herr Klein=Rhoden als gigerhafter
er bleibt bei seinem „Nein" gegenüber den herzlichen
gezeigt, welch ernste Gedanken er durch Bilder aus
Freund, sehr gut wieder Herr Sick als Arzt Wellner.
unserm modernen Sitten= und Gesellschaftsleben wach-Bitten des Offiziers, der nun zu Ende ist und mit
Die „Schmiere ward unübertrefflich von ihrem Direktor
einer bedeutungsvollen Warnung scheidet; denn er weiß,
zurufen versteht. „So weit kommt's": das ist
Herrn Max Neumann repräsentirt und sein „Per¬
welches Blut in dem Kameraden fließt, und was der
das traurige und doch wieder klärende Ergebniß dieser
rität
sonal“, die Damen Hebbel und Nedauer, die
Zwang der Ehre gebietet. Wohin sich Roennin
ernsten Gedanken. „Freiwild“ ist nach dieser
geübte
Herren Sieder (besonders dieser!), Klinger,
wenden wird, überall folgt ihm der seine Ehre ver¬
Richtung hin ein bedeutsames Werk. Was
der
lierende Offizier: und im Café Garten — eben will Martini und Rippert war in jedem Einzelnen
es wiederspiegelt? Eine „einfache Geschichte. Da ist
mustergiltig. Herr Naumann hat gezeigt, daß es nicht
das liebende Paar sich zur Abreise rüsten — erfolgt die
in kleinerer Stadt bei Wien ein flores Offizierkorps,
-
genügt, Kräfte zu engagiren: sie zu leiten und zu lenken
Begegnung. Noch eine Aufforderung von Seiten des
untermischt mit leichtlebigem und ernstem Element, in
also
ist die größere Kunst¬
seinen Reihen ein schneidiger, dem Spiele und der Liebe Offiziers: Roenning, wollen Sie sich mit mir schlagen
offen
Leute verschiedenster Anschauung begegneten sich
Und ein hartes „Nein“ vom Gegner. Da kracht ein
huldigender Oberlieutenant, mit hartem Kopf in all
thur
im Beifalle. Was wir zu tadeln hätten, wäre nur
Schuß. Roenning ist todt. Anna aber, die in die
seinen Wünschen, von seiner Ehre Alles, vom Weibe
Eines: daß unsere Verhältnisse, unsere Zeitmoral,
besonders dem der Bühne in allen Gestalten, nichts Welt ziehen soll, hat nur eine — eine erschütternde¬
Beifall.
unsere Zeitzustände solche Episoden gebären, wie hier
Frage: „Wohin?
haltend; da ist ein junges, in Ehrbarkeit erzogenes
der
uns eine geschildert wird, daß ein solches Vernichtungs¬
Das nur in groben Strichen der Thatbestand
Mädchen, das um des Brodes willen zur Bühne gin¬
vor
urtheil geschrieben werden konnte und mußte.
des Stückes, das überreich ist an Charakteren
und in einer sommerlichen „Schmiere" jene nied¬
rziger
und durchaus wahr in jedem kleinsten Zuge aus dem
rige Theaterlust athmen soll, die ihre Selbstachtung
Und
gefährdet; sie ist besser wie die Andern modernen Leben, niemals abstoßend durch absichtliche
blesse
Vermischtes.
Schlüpfrigkeiten, das aus dem Kreise des Offizier¬
B. ein und darum wird sie verhöhnt, gehetzt,
standes wie aus jenem des Bürgerthums die
Das National=Gelübde in Frankreich. In
als „unbrauchbar für die Anziehungskraft des
der
verschiedenwerthigsten Elemente vorführt und Licht und
dem die Sühne¬
Theaters“, entlassen, falls sie, die der Kriti¬
Wiederholung des Gedankens,
ur es
Schatten richtig vertheilt. Bürgerthum, Soldatenthum
gefiel, nicht mit der halben Gage oder der
Kapelle für die Hinrichtung Ludwigs XVI. in
lische
„Schmierenthum
und — eine köstliche Einlage!
Freundschaft des „Direktors sich begnügen will; da
Paris ihre Entstehung verdankt, hat das katholische
mit ihren recht verschiedenen Ehrencodices greifen
ist auch ein achtbarer Mann aus dem reichen Bürger
sie die
Frankreich zur Sühne für neuere Frevel auf Grund
ineinander und illustriren unsere Zeit mit verblüffenden
stande, der das verlorene, verwaiste Mädchen im elter
ersetzt.
eines „National=Gelübdes" vom Jahre 1872 die
Wahrheit
lichen Hause einst kennen lernte und nun ohne jede
rum
Basilika auf dem Montmatre im nördlichen
Nach Tagen eines närrischen Zustandes, unwürdig
Nebenabsicht, aber mit warmer Theilnahme ihren Flug
ehrere
Paris erbaut. Am 17. Januar sind seit dem Ge¬
einer Bühne, die der Kunst und nicht dem Sinnen¬
ins Leben verfolgt. Dieses reine Mädchen glaubt der
Frage
rausch der Karnevalsorgien dienen soll, hat gestern das
lübde 25 Jahre verflossen und nun ladet der
Offizier mürbe zu machen, dieses will er zum Spiel¬
dinä=
Deutsche Theater einen in seiner Geschichte beispiel¬
Kardinal=Erzbischof von Paris die französischen
zeuge wie so viele anderen — und hier prallte
pricht,
losen Erfolg gehabt. Das Stück und die gan¬
Katholiken zur Erneuerung desselben ein. Es ist
ab. Und den in einem Cafegarten anwesenden, über
vorzügliche Aufführung wurden mehrmals mit nicht
seine verdemüthigte Wiederkehr von der verschlossenen Thür
hier nicht der Ort, die stilistische Form zu beur¬
allein
der Künstlerin lächelnden Freund des Mädchens fordert er endenwollendem Beifall aufgenommen. In der Auf¬
will,
theilen, in welcher das Gelübde durch die Mont¬
führung offenbarte sich eine gefestigte Kunstanschauung.
mit heftigem Wort heraus und nennt das um ihre
Fall¬
martre-Kirche gelöst wurde — die Urtheile darüber
Wir fühlten Herrn Victor Naumanns Verständniß
sittliche Achtung kämpfende Weib mit einem gemeinen
ihren
sind sehr verschieden —, es kommt nur darauf an,
heraus. Die Regie des Herrn Stolberg funktionirte
Namen. Da wird der erregte Civilist thätlich — und
gefühl
festzustellen, daß eine neue große katholische Kund¬
wie am Schnürchen. Von den Darstellern erregte in
die Katastrophe ist gegeben. Es kommt zur Forderung;
sehr
gebung in einem Theile des Seinebabels stattfinder,
der Rolle der Anna als Debutantin Fräulein Anna
der Civilist nimmt sie nicht an, er will die Züchtig¬
rede¬
Behrens besonderes Interesse. Die Dame bring
da seine Bevölkerung noch mit zu den gottentfremdetsten
marktung, die er einem solchen Schänder weiblicher Ehr¬
von Leipzig und Kassel Routine mit, die nie versagt.
gehört. Nach Departements und durch Gruppen
angethan, das bleiben lassen, was sie ist. Und Anna
Aber sie ist auch eine ganze Künstlerin, sie hat Seele.
der verschiedenen Stände will man am 17. d. das
die Schauspielerin, kann seiner Liebe ihre Liebe
Ehren¬
Ein starkes Talent, eine bescheidene Künstlerin. Sie
nimmer verbergen. Sie thut Alles, um ein Duell zu
katholische Frankreich auf dem Montmatre vertreten
an der
spielte vortrefflich. Herr Schmidt-Häßler als de
vermeiden. Sie will mit dem Geliebten fort als seine
lassen; an diesem Tage liest der Kardinal=Erzbischof
Censur
kritische Held des Stückes, als Oberlieutenant
Braut — zum Leidwesen der Schmiere, für die sie jetzt
durch
eine Messe, verbunden mit feierlichen, natürlich, da
Karinski, war wieder ganz an seinem Platze. Mar
eine „Zugkraft“ wäre... Beide wollen fort. Doch
Ehren¬
wir in Frankreich sind, absolut inoffiziellen Gebeten,
lernte ihn von einer neuen Seite kennen. Und einen
nun beginnt die Hetze gegen Paul Roenning — der
ternde
für den Wiederzusammentritt der Kammern. Nach¬
sehr glücklichen Abend hatte Herr von Lenor, de
Civilist wird zum Freiwild. Allen Vorstellungen zum
so sein
mittags findet dann um halb 3 Uhr in der
nicht nur prächtig spielte, der überzeugte: ein
Trotze, nichtachtend die ergreifenden Darlegungen der
Offizier von Ehre, Gefühl, Herz. Und flott und fei¬
genannten Kirche die Erneuerung des National¬
als Kartellträger fungirenden, endlich als Mensch zum
Platze
gab Herr Kirsch den Husarenlieutenant: für solch
Gelübdes statt.
Menschen redenden und die Ehrenfrage zur Daseins¬
Rollen ist er geschaffen mit Gestalt, Spiel und Organ,
Englisch als Weltsprache. Der Londoner
frage erhebenden Offiziers Rohnstedt, verweiger
.
Die bedeutungsvolle Gestalt des Paul Roenning
Rönning auch selbst die Schein=Satisfaktion.
enntniß
verkörperte Herr Pablau in einer so vollendeten Professor Mahaffy plaidirt in der letzten Nummer
Er will keine Komödie, ihn kümmert die Existenz und

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