II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 154

8.
Freiwil¬

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(Die „Jung=Wien=Vorlesung.) Wie zahlreich und distin¬
guirt zugleich die Anhänger, wie reizend und elegant die An¬
hängerinnen des literarischen „Jung=Wien“ sind, konnte man
Sonntag Abends im Bösendorfer=Saale erkennen. Man war ge¬
kommen, um der Trias Bahr=Hofmannsthal=Schnitzler,
der sich als Interimswiener Georg Hirschfeld angeschlossen,
seine Reverenz zu machen. Im Saale herrschte jene Stimmung,
von deren Schilderung allein ein großer Theil unserer Moderne
lebt. Man war auf den äußersten haul-gout gefaßt, die Gour¬
mandise leuchtete insbesondere aus den schönsten Mädchenangen,
trotzdem sie gar viele der Besitzerinnen im sicheren Vorgefühle
des kommenden Eröthens züchtig gesenkt hielten. Allein man
kann mit Befriedigung constatiren, daß sich die Herren Vorleser
durchaus moralisch ein= und aufgeführt haben. Mit dem Vor¬
rechte des Geistes trat als Erster Georg Hirschfeld an den
Lesetisch. Er hatte zu diesem Zwecke eine fein empfundene
Novelle „Bei Beiden gewählt, die aber vollkommen ein¬
druckslos blieb, da der Autor seine an und für sich höchst be¬
scheidenen Stimmmittel vom Banne einer bis zur Unverständlich¬
keit reichenden Aufregung nicht befreien konnte, so daß selbst in
den ersten Reihen nur ganz vereinzelte der schönen Worte ver¬
ständlich blieben. Ihm folgte Hugo v. Hofmannsthal mit
seiner geistvollen, formvollendeten Dichtung „Der Thor und si
de der Tod“. Die langvollen, gedankenreichen Verse müßten, von A
Lewinsky oder Robert vorgetragen, tiefste Wirkung üben. Die si
sorgsam abgetönte, reizvolle Stimmung des Gedichtes verlangt.
nach einem mächtigen Sprecher, als welcher der Dichter gewiß nicht be¬
trachtet werden kann. Das Publicum fand übrigens auch so
lebhaften Gefallen an dem Gebotenen. Arthur Schnitzler
ann hatte den ersten Act von „Freiwild“ zur Vorlesung ge¬
rad wählt und bemühte sich, die vielen, vielen meist ganz
skizzenhaft gezeichneten Figuren de selben stimmlich ausein¬
us; anderzuhalten. Leider war das Tempo ein so übermäßig rasches,
ein, daß auch hier die besten Pointen im weiten Raume verpufften.
sten Die Sensation des Abends bildete Hermann Bahr. Nur muß
fred man diesmal Sensation im besten Sinne auffassen. Der so un¬
ngen gemein Vielseitige hat sich nunmehr auch als glänzender Vorleser
von hinreißender Laune und einem Humor gezeigt, welcher das
ganze Publicum in Bann zu halten wußte. Eigentlich war es
ich
eine vortreffliche schauspielerische Leistung, denn wie Bahr die
Erz¬
einzelnen Personen seiner dem Leben nachgedichteten „Humoreske
aus
durch Wort, Mimik und Geste zu charakterisiren wußte, mach
ro¬
ihm sobald Keiner unserer anerkanntesten Mimen nach. Auch seine
Beherrschung des Wiener Dialectes, dem er ganz überraschende
Wirkungen abzugewinnen wußte, hat geradezu frappirt. Die Zu¬
hörer kamen aus dem Lachen gar nicht heraus und lohnten mit

stürmischem Beifall. Als Vortragsmeister wird Hermann Bahr
Rom
gewiß auch die ersehnte Popularität erlangen.
(Vortrag über amerikanische Verhältnisse.) Morgen
vor
(Mittwoch) halb 8 Uhr Abends wird die Bürgerschullehrerin Fräulein
ie an
Josefine Luksch im großen Festsaale des Gemeinde=Amtshauses
zum des Bezirkes Fünfhaus, Konnagasse 4, einen Vortrag über ihre Er¬ Ve¬
ne