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Freiwild
me
Kunst und Wissenschaft.
Zügen aus, das man froh war, den verdienstvollen Künstler am Ort und
wieder in Thätigkeit zu wissen. Die Herren Dr. Manning (Arzt and
Residenztheater. Zum ersten Male „Freiwild, Schau=Wellner), Martini (Husarenlieutenant Vogel), Janda (Theater
spiel in 3 Acten von Arthur Schnitzler.
director), Päts (Regisseur), Hungar (Komiker), waren durchwe¬
Arthur Schnitzlers „Liebelei“ hat im vorigen Jahre am hiesigen vorzüglich. Selten hatten wir eine Aufführung mit einem derartig
Residenztheater einen starken Eindruck gemacht. Auch das gestern ge=guten Zusammenspiel. Die weiblichen Kräfte standen diesmal mu¬
gebene Stück erbringt den Beweis, daß wir in dem Autor ein starkes ihren Collegen nicht auf gleicher Höhe. Namentlich entbehrte die An¬
dramatisches Talent kennen gelernt haben, mit dem unsere Bühnen
Naive des Fräulein Flora Garnow jeglicher charakteristischen Dir
in Zukunft zu rechnen haben werden, wenn auch „Freiwild“ nicht Färbung.
die Höhe der Tragik in „Liebelei“ erreicht. Das liegt einmal daran
Besonderes Lob verdient die Regie Alexander Rotters, der nament
daß das letzte Stück im wesentlichen Tendenzstück ist und ferner daran
lich in der Inseenirung des 1. Actes wieder eine Musterleistung der
daß die Tragik im „Freiwild“ sich um einen imaginären Begriff Regiekunst darbo¬
Max Wundte.
dreht, während in „Liebelei" die Katastrophe sich aus dem Rein¬
Residenztheater. „Freiwild" bleibt bis Sonnabend auf dem Neu¬
Menschlichen entwickelt.
Spielplan. Sonntag beginnt Herr Wilhelm Wilhelmi ein Gastspie¬
Den Anlaß zu dem Stück hat zweifellos die sattsam bekannt
in dem Volksstück „Annas Traum“ von L'Arronge.
Brüsewitz=Affaire gegeben. Im Vordergrunde des Interesses steht
Eine Gesangs=Prüfung der Schülerinnen von Frau
die Duellfrage, die natürlich eine Lösung nicht findet. Es wird sehr
N. Falkenberg fand gestern Dienstag Abend im Saale des „Musen
viel pro et contra gesprochen, leider zu viel; die Handlung tritt sehr
hauses" statt und hatte sich hierzu eine zahlreiche distinguirte Zuhörer¬
zurück. Paul Rönning verweigert das Duell, zu dem ihn Oberlieute
schaft eingefunden. Das etwas sehr umfangreiche Programm
nant Karinski gefordert hat und wird, da Karinski keine Möglichkeit
(17 Nummern mit je 2 bis 8 Liedern) fand in allen seinen Theilen
mehr sieht, sich für die ihm (allerdings auf seine Provocation hin
gen¬
die vortrefflichste Erledigung und bekundeten namentlich diejenigen
angethane Schmach Genugthuung zu verschaffen, einfach wie Freiwild
Damen, welche zum ersten Male in dieser Prüfung auftraten, mit
niedergetnallt. Ob dadurch nun die capute Ehre wieder zusammen-welcher Gründlichkeit an ihrer Ausbildung gearbeitet worden ist
geleimt ist, darüber schweigt das Stück sich aus, jedenfalls hat der
Besondere Anerkennung verdienen die Damen Fräulein H. Schmidt,
See gerast, er hat sein Opfer erhalten und Oberlieutenant Karinsk
schi¬
Miß Garswell, Fräulein Pfützner, Fräulein Sonntag, Frau Hofrath
ist befriedigt.
Gurlitt, Fräulein Jahn, Frau Dr. Böhm und Fräulein Klotz (sämmt¬
Nebenbei setzt es noch einige hübsche Streiflichter auf Theater¬
alte,
lich Gesang), sowie Herr Illgen (Flöte). Aber auch alle übrigen
zustände hinter den Coulissen, die sehr treffend und illustrativ sind.
Wie bereits angedeutet, reicht „Freiwild" an „Liebelei" nicht Mitwirkenden ernteten den uneingeschränktesten Beifall der aufmerk
sam lauschenden Zuhörerschaft und darf Frau N. Falkenberg gewiß
hinan. Es sind nicht allein die beiden oben angeführten Mängel
mit großer Genugthuung auf die wohlgelungene Veranstaltung
die unser Urtheil bedingen. Das ganze Stück ist flüchtiger gearbeite
blicken. Die Clavierbegleitung führe in bekannt vorzüglicher Weise
und läßt die feinsinnige psychologische Vertiefung vermissen, die den
Herr Clemens Braun aus.
Schauspiel „Liebelei“ seinen unbestreitbaren Werth verlieh. Sehr un
sicher und zerfahren ist auch die dramatische Exposition.
Bei Charlotte Wolter trat Herzbeutelentzündung und
Das Spiel war gestern durchaus gut. Jeder stand auf seinen
auf. Die Künstlerin macht unbeschreibliche Qualen durch, ihre Auf¬
Posten und gab sein Bestes zum Gelingen des Ganzen. Herr Carl lösung steht bevor.
Witt aus Hamburg, der Bonvivantliebling unseres Publikums, der
Eine Verschwörung der Kritiker. Der Mailänder „Corriere
voraussichtlich den Sommer über bei uns bleiben wird, gab den della Sera“, ein sonst ganz vernünftiges Blatt, ließ sich unterm
Oberlieutenant Karinski mit sicherem, charakteristischem Spiel. Herr 23. Mai aus Berlin telegraphiren: Tamagno ist hier endlich „an sein
Fritz Burmester hat sich (als Rönning) in unseren Augen wieder genommen worden, sogar von der Königlichen Intendanz. Er wird von
völlig rehabilitirt. Das war gestern eine Leistung, auf die der Künstler morgen Abend im Opernhause als Prophet auftreten. Die Berliner hier
stolz sein darf. Herr Carl Treptow bot als Freund Karinskis Kritiker bereiten sich darauf vor, ihn zu vernichten", aus Rücksicht And,
eine liebenswürdige, tiefangelegte Figur. Herr Carl Friese stattete auf die Coterie der deutschen Sänger, die in Wirklichkeit fast sämmt¬ Fra¬
sein echtes Wiener Gewächs, den Poldl, mit so viel charakteristischen lich mittelmäßig oder noch geringerer Gattung sind. — Das nimmt des
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Kunst und Wissenschaft.
Zügen aus, das man froh war, den verdienstvollen Künstler am Ort und
wieder in Thätigkeit zu wissen. Die Herren Dr. Manning (Arzt and
Residenztheater. Zum ersten Male „Freiwild, Schau=Wellner), Martini (Husarenlieutenant Vogel), Janda (Theater
spiel in 3 Acten von Arthur Schnitzler.
director), Päts (Regisseur), Hungar (Komiker), waren durchwe¬
Arthur Schnitzlers „Liebelei“ hat im vorigen Jahre am hiesigen vorzüglich. Selten hatten wir eine Aufführung mit einem derartig
Residenztheater einen starken Eindruck gemacht. Auch das gestern ge=guten Zusammenspiel. Die weiblichen Kräfte standen diesmal mu¬
gebene Stück erbringt den Beweis, daß wir in dem Autor ein starkes ihren Collegen nicht auf gleicher Höhe. Namentlich entbehrte die An¬
dramatisches Talent kennen gelernt haben, mit dem unsere Bühnen
Naive des Fräulein Flora Garnow jeglicher charakteristischen Dir
in Zukunft zu rechnen haben werden, wenn auch „Freiwild“ nicht Färbung.
die Höhe der Tragik in „Liebelei“ erreicht. Das liegt einmal daran
Besonderes Lob verdient die Regie Alexander Rotters, der nament
daß das letzte Stück im wesentlichen Tendenzstück ist und ferner daran
lich in der Inseenirung des 1. Actes wieder eine Musterleistung der
daß die Tragik im „Freiwild“ sich um einen imaginären Begriff Regiekunst darbo¬
Max Wundte.
dreht, während in „Liebelei" die Katastrophe sich aus dem Rein¬
Residenztheater. „Freiwild" bleibt bis Sonnabend auf dem Neu¬
Menschlichen entwickelt.
Spielplan. Sonntag beginnt Herr Wilhelm Wilhelmi ein Gastspie¬
Den Anlaß zu dem Stück hat zweifellos die sattsam bekannt
in dem Volksstück „Annas Traum“ von L'Arronge.
Brüsewitz=Affaire gegeben. Im Vordergrunde des Interesses steht
Eine Gesangs=Prüfung der Schülerinnen von Frau
die Duellfrage, die natürlich eine Lösung nicht findet. Es wird sehr
N. Falkenberg fand gestern Dienstag Abend im Saale des „Musen
viel pro et contra gesprochen, leider zu viel; die Handlung tritt sehr
hauses" statt und hatte sich hierzu eine zahlreiche distinguirte Zuhörer¬
zurück. Paul Rönning verweigert das Duell, zu dem ihn Oberlieute
schaft eingefunden. Das etwas sehr umfangreiche Programm
nant Karinski gefordert hat und wird, da Karinski keine Möglichkeit
(17 Nummern mit je 2 bis 8 Liedern) fand in allen seinen Theilen
mehr sieht, sich für die ihm (allerdings auf seine Provocation hin
gen¬
die vortrefflichste Erledigung und bekundeten namentlich diejenigen
angethane Schmach Genugthuung zu verschaffen, einfach wie Freiwild
Damen, welche zum ersten Male in dieser Prüfung auftraten, mit
niedergetnallt. Ob dadurch nun die capute Ehre wieder zusammen-welcher Gründlichkeit an ihrer Ausbildung gearbeitet worden ist
geleimt ist, darüber schweigt das Stück sich aus, jedenfalls hat der
Besondere Anerkennung verdienen die Damen Fräulein H. Schmidt,
See gerast, er hat sein Opfer erhalten und Oberlieutenant Karinsk
schi¬
Miß Garswell, Fräulein Pfützner, Fräulein Sonntag, Frau Hofrath
ist befriedigt.
Gurlitt, Fräulein Jahn, Frau Dr. Böhm und Fräulein Klotz (sämmt¬
Nebenbei setzt es noch einige hübsche Streiflichter auf Theater¬
alte,
lich Gesang), sowie Herr Illgen (Flöte). Aber auch alle übrigen
zustände hinter den Coulissen, die sehr treffend und illustrativ sind.
Wie bereits angedeutet, reicht „Freiwild" an „Liebelei" nicht Mitwirkenden ernteten den uneingeschränktesten Beifall der aufmerk
sam lauschenden Zuhörerschaft und darf Frau N. Falkenberg gewiß
hinan. Es sind nicht allein die beiden oben angeführten Mängel
mit großer Genugthuung auf die wohlgelungene Veranstaltung
die unser Urtheil bedingen. Das ganze Stück ist flüchtiger gearbeite
blicken. Die Clavierbegleitung führe in bekannt vorzüglicher Weise
und läßt die feinsinnige psychologische Vertiefung vermissen, die den
Herr Clemens Braun aus.
Schauspiel „Liebelei“ seinen unbestreitbaren Werth verlieh. Sehr un
sicher und zerfahren ist auch die dramatische Exposition.
Bei Charlotte Wolter trat Herzbeutelentzündung und
Das Spiel war gestern durchaus gut. Jeder stand auf seinen
auf. Die Künstlerin macht unbeschreibliche Qualen durch, ihre Auf¬
Posten und gab sein Bestes zum Gelingen des Ganzen. Herr Carl lösung steht bevor.
Witt aus Hamburg, der Bonvivantliebling unseres Publikums, der
Eine Verschwörung der Kritiker. Der Mailänder „Corriere
voraussichtlich den Sommer über bei uns bleiben wird, gab den della Sera“, ein sonst ganz vernünftiges Blatt, ließ sich unterm
Oberlieutenant Karinski mit sicherem, charakteristischem Spiel. Herr 23. Mai aus Berlin telegraphiren: Tamagno ist hier endlich „an sein
Fritz Burmester hat sich (als Rönning) in unseren Augen wieder genommen worden, sogar von der Königlichen Intendanz. Er wird von
völlig rehabilitirt. Das war gestern eine Leistung, auf die der Künstler morgen Abend im Opernhause als Prophet auftreten. Die Berliner hier
stolz sein darf. Herr Carl Treptow bot als Freund Karinskis Kritiker bereiten sich darauf vor, ihn zu vernichten", aus Rücksicht And,
eine liebenswürdige, tiefangelegte Figur. Herr Carl Friese stattete auf die Coterie der deutschen Sänger, die in Wirklichkeit fast sämmt¬ Fra¬
sein echtes Wiener Gewächs, den Poldl, mit so viel charakteristischen lich mittelmäßig oder noch geringerer Gattung sind. — Das nimmt des