II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 174

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box 14/3

Milcher Gene¬
30. November 1897.
- 7 -
Geburtstages eines verdienten Meisters — der Ver¬
Theater.
gessenheit anheimgegeben werden. Zum Glück hat Do¬
nizetti noch anderes Besseres geschrieben. Die Auffüh¬
Neues deutsches Theater. „Freiwild.
rung war im allgemeinen recht würdig. Herr Davi¬
Schauspiel in drei Acten von Arthur Schnitzler.
son (Herzog fand Gelegenheit, sein reiches gesang
Zum erstenmale. In der Natur des Menschen liegt
liches Können zu voller Geltung zu bringen, und Herr
zu tiefst ein Kern kindlich unbefangenen Freiheitsgefühles,
Guszalewicz konnte in der Partie des Gennaro
das einfach darnach strebt, sich auszuleben. Der Gegen¬
seine bedeutenden Stimmittel mit Erfolg handhaben.
satz dieses Gefühles zu Gesetz und Herkommen ist die
te imposante Leistung bot auch Herr Sieglitz
Tragik aller Zeiten. Wie nicht so bald Einer versteht
ben. Der „Massio des Frl. Carmain
Arthur Schnitzler diese Tragik der Gegenwart. In seiner
war wohl eine annehmbare musikalische Darbietung,
Liebelei zeigt er uns das elementare Gefühl der Liebe
doch hatte sich die jugendliche Sängerin in der Maske
in der Freiheit, wie wir es täglich in unserer nächsten
vergriffen; der Schnurrbart in einem Mädchenantlitz
Umgebung so zu sagen mit den Händen greifen können.
verstößt gegen das aesthetische Gefühl. Die Titelrolle
Klingt es nicht wie ein Echo des großen Aufschreies der
führte Frau Claus-Fränkel mit großem dar¬
zu widernatürlicher Enthaltsamkeit verurtheilten ledigge¬
stellerischem Verständnisse durch, während der gesang¬
bliebenen Mädchen zu uns herüber, wenn der alte Mu¬
liche Theil ihrer Leistung bisweilen unter dem Mangel
siker bedauert, seine ledige Schwester so gut bewacht zu
reiner Intonation zu leiden hatte. Die Aufgabe des
haben, daß sie gar nichts vom Leben genießen konnte
Orchesters war nicht groß, aber ihre Ausführung immer¬
— Mit dieser einzigen Bemerkung eröffnet uns der Ver¬
V. J.
hin zufriedenstellend.
fasser die ganze tragische Größe und Tiefe des Liebes¬
Königliches deutsches Landestheater. In der
lebens und der damit eng verbundenen modernen Frauen¬
vorgestrigen volksthümlichen Vorstellung trat Signora
frage. In seinem jüngsten Schauspiele „Freiwild com¬
Helene Teriane zum dritten und letztenmale als
binirt Schnitzler die Frauenfrage mit dem äußeren Be¬
„Aida" in Verdi's gleichnamiger Oper auf. Sie hätte
griff der Mannesehre und theilt hiebei die Letztere in
gut daran gethan, diese Partie beim ersten Debut die
zwei, einander beinahe feindlich gegenüberstehende Fac¬
„Carmen" hingegen gar nicht zu singen. Die Vorzüge
toren: in die bürgerliche und in die Officiersehre. Die
ihrer Charakterisirung im Vortrag und in der Dar¬
Frauenfrage erörtert er in einem köstlichen Milieu, an
stellung traten diesmal noch schärfer zutage, und wenn
einem Sommertheater Das ganze lustige Elend des
das Tremoliren der Stimme nicht gewesen wäre, hätte
Schauspielerinnenstandes sehen wir da mit grellen
ihre Leistung als eine vollkommene gelten können. Auch
aber naturwahren Farben aufgetragen. Der gewissenlose
ihr Exterieur fesselte diesmal durch Eigenart, nament¬
Theaterdirector, der die Gagen im Handumdrehen auf
lich der in egyptischer Manier zugerichtete Kopf. Als
50% heruntersetzt und der die weiblichen Mitglieder sei¬
Aspirantin für das Fach der Altistin versuchte sich
nes Theaters nur als Freiwild betrachtet, das er den
gestern Frl. Louise Köhler aus Straßburg, die noch
L bemännern seines Publicums zur Verfügung hält, ist
vor zwei Jahren der Wiener Hofoper als Choristin
genau nach dem Leben gezeichnet. Die Frage des
angehörte. Es ist immerhin eine Errungenschaft, es in
äußeren Ehrbegriffes condensirt der Verfasser zu
so kurzer Frist bis zum Gastspiel am deutschen Landes¬
einem concreten Fall. Ein Officier erhält, natür¬
theater in Prag gebracht zu haben. Ihr erstes Debür
lich wegen einer Frau, von einem Bürgerlichen
machte keinen ungünstigen Eindruck. Anfangs irritirte
einen Schlag ins Gesicht. Er fordert diesen zum Duell.
sie eine im Publicum plötzlich ausbrechende Heiterkeit,
Da ihm aber der Bürgerliche diese, nach dem Ehren
die einer auf der Bühne sichtbar gewordenen Katze galt,
coder unumgänglich nothwendige Genugthuung ver
während die Sängerin das Lachen auf sich bezogen
weigert, schießt er ihn, das bürgerliche Freiwild, auf
haben mochte. Allein so schlimm war ihre Leistung
offener Straße über den Haufen. Der Fall ist richtig
keineswegs; vielmehr machte ihre klangvoll, in
aufgestellt, ja er entspricht ganz und gar den thatsäch¬
allen Lagen gleichmäßig ansprechende Stimme, ihre
lichen Verhältnissen unserer mitteleuropäischen Militär¬
stattliche Figur, ihr angemessenes Spiel einen guten
staaten. Beweis dessen die packende Wirkung der Pre¬
Eindruck. Was wir noch vermissen, ist eine vorneh¬
miere auf das Publicum das in geradezu demonstra¬
mere Ausdrucksweise, eine höhere dramatische Ge¬
tiver Weise Beifalls Aeußerungen und Ausrufe des
staltungskraft. Der Gesang klingt bei aller Glätte doch
Mißfallens ogab. Und doch haben sich in die drama¬
zu nüchtern und farblos. Auch schien uns die Into¬
tische Ausführung dieses Falles ein ge Constructions¬
nation nicht ganz sicher, weshalb wir behufs Feststel¬
fehler ein geschlichen. Der gemaßregelte Officier, insbe¬
lung unseres Urtheils noch weitere Leistungen der Dame
sondere der sein vermittelnder Kamerad Rohnstedt
abwarten wollen. Herr Elsner sang zum erstenmale
sind theilweise zu bürgerlich gerathen, während der bür¬
bei uns den Rhadames mit glänzendem Gelingen. Die
gerliche Paul Rönning, der sich rühmt betreff des Zwei¬
Partie liegt ihm vorzüglich, und im Spiel weiß er ja
kampfes eine lediglich menschlich freie Anschauung zu
wie kaum ein anderer, seinen Mann zu stellen. Statt
haben, durch eine totale Umkehr zum militärischen Tap¬
des unpäßlich gewordenen Herrn Gärtner über¬
ferkeitsgefühl die Katastrophe über sich heraufbeschwört.
nahm der Regisseur Herr Ehrl unvorbereitet die Par¬
Der Constructionsfehler bei den Officieren ist technischen
tie des Königs, den er zuvor nie bei uns gesungen
Natur, und hat nur den Zweck, dramatische Aufschub¬
hat, da er stets die Rolle des Priesters Ramphis inne¬
momente zu erzielen. Dagegen ist der Constructions¬
hatte. Für das rasche Einspringen und die correcte
fehler im Charakter des Paul Rönning letaler Natur
Durchführung der Partie gebührt ihm specielle Aner¬
Aber er ist symptomatisch für die Auffassung des
kennung. Herr Hunold als „Amonaro", Herr
äußeren Ehrbegriffes in der bürgerlichen Gesellschaft
Sieglitz als „Ramphis, und Frl. G. v. Rut¬
Auch sie muß dem Geiste der männlichen Tapferkeit,
tersheim als Priesterin hinter der Scene waren
der Majorität des natürlichen Gewaltrechtes Rechnung
zufriedenstellend. Chor, Orchester und Dirigent Herr
tragen. Die Wiedergabe der Novität war gut, wenn
Schalk gaben keinen Anlaß zu besonderen Bemer¬
auch nicht ganz textfrei. Trefflich war Herr Tauber
kungen.
als Oberlieutenant Karinski, der mit dem Revolver
die letzte Position seiner Officiersehre vertheidigt. Die
Gestalt des Oberlieutenants Rohnstedt ist verfehlt; die
Volkswirthschaftliches.
Proposition eines Scheinduells macht kein Officier. Herr
Reucker that sein Bestes in der undankbaren Aufgabe.
Prager Productenbörse, 30. Nov. (O.-B.) Mit
Als Paul Rönning wußte Hr. John zu interessieren,
Rücksicht auf den starken Rückgang in Weizen auf dem
doch war er in dieser interessanten Rolle nicht über¬
New-Yorker Markte, sowie auf die schwächeren Mel¬
zeugend genug. Am besten gelang ihm noch die Liebes¬
dungen, die von allen continentalen Getreideplätzen
scene. Das wäre eine Aufgabe für unseren immer noch
einliefen, zeigte heute auch der Handel an der hiesigen
fehlenden Heldenliebhaber gewesen. Köstlich führte Herr
Productenbörse im Großen und Ganzen abgeschwächte
v. Wymetal die Figur eines harmlosen Lebegigers
Haltung, die sich aber in Mahlgetreide nicht in einem
in Uniform durch In der Carricatur eines bürgerlichen
Rückgange der Preise äußerte. Böhm. Weizen
Ehrenfegen wußte sich Hr. Löwe von seiner besten
sehr mäßig gehandelt, verzeichnet fl. 12.70 als Höchst¬
Seite zu zeigen. Aus dem Sommertheater=Milieu, dem
cours für 77 kg. schwere Ware. Ein Posten deutsch.
Hr Zeisler als Theater-Pascha und Seelenverkäufer
Weizens wurde mit fl. 12.25, eine Partie amerik.
bestens vorstand, hob sich Frl. Fasser als Liebhaberin
Kansas mit fl. 13.10, Alles transito, gehandelt.
Anna Riedel, die die Verbindung der beiden Arten
Korn hatte gleichfalls nur schwachen Verkehr und löste
von Freiwild in dem Stücke zu bewerkstelligen hat, sehr
allerdings als Ausnahmspreis, fl. 9.80 als Höchsteurs
wirksam hervor. Ein gelungenes Gegenstück hierzu bot
für 73/74 kg Qualität. Auf dem Gerstenmarkte war
Frl. Moller als Soubrette Pepi Fischer. Die Aus¬
dennoch wickelte
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