II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 195

8.
Freiwi

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schaft um sich — but on rion.
höchst ungeschliffene Gesellen. Da wurde also, in dieser Gezeu¬
reichischen St.
eine Sprache geführt — also — das ist nicht zum sagen. Diese
der orientalischen Bahnen in Uestus war.
alten Kerle redeten ja, als ob sie — nein, bei einem Genossen des
goldene Verdienstkreuz mit der Krone verlichen
Frauen.
Herrn Pippich waren sie doch nicht in die Schule gegangen. Si¬
Olga Dworschak k. Heute um halb 7 Uhr Morgens
beiden Vicepräsidenten
haben ja nur so theatralisch politisirt und über ganz mittel
ist die Soubrette des Josephstädter Theaters, Fräulein Olga
Helene Oertl und dem V
alterliche Angelegenheiten. Herr Pippich und Genossen agirer
Dworschak, einem längeren Siechthum erlegen. Fräulein
Bruck, Franz Hochedlinge
aber gewiß nicht theatralisch und kümmern sich ja nur um die
Dworschak begann ihre künstlerische Laufbahn am Badener
empfangen. Erzherzogin
Gegenwart. Allerdings haben diese Herren im „Burggräfler
Stadttheater. Nach kurzen Engagements in Berlin und im über das Treiben in
eben in der „correcten, landläufigen Weise dem Säbel wäre verloren, wenn die
Feuilleton.
seines Gegners zur Verfügung. Schlägt er sich aus körper¬
Paul beharrt auf seinem
lichen oder principiellen Gründen nicht, dann muß er die
wie ein Bube, und ich
demüthigende Provocation in seinen besten Empfindungen
damit ist die Sache er
Carl-Theater.
wühlen lassen. Reißt ihn aber die Entrüstung fort, dann kann
dringender, aber Paul en
(Freitag den 4. Februar 1898 zum erstenmale: „Freiwild“, Schau¬
er sicher sein, mit blutendem Schädel in irgend eine Ecke zu
nehmen, wie ich ihm kein
spiel in drei Acten von Arthur Schnitzler.)
taumeln. Wenn irgendwo die Klinge eines Officiers aus der
stedt, andeutungsweise un
Der Officier, den ein Civilist beleidigt, zieht den Säbel,
Scheide fliegt, um einen allzu temperamentvollen Bürger
vor. Paul solle keinerle
schlägt ihn seinem bürgerlichen Gegner um die Ohren und die niederzustrecken — man nennt das jawohl „züchtigen" — dann
Aber das Duell müsse si¬
Sache ist, abgesehen von dem bischen Lärm, den die Zeitungen
fällt die öffentliche Meinung über den Einzelnen her, da
begnadigt mich also
machen, vollständig erledigt. Wird aber der Civilist vom
man doch gegen das Princip, welches den Säbel dirigirte,
Paul hat mit seiner Frei
Officier insultirt, dann muß er seinen Zorn meistern, denn er
kräftige Stellung nehmen sollte.
lassen. Da wird er gewa
steht der Uniform waffenlos gegenüber. Er muß seinem auf¬
werde sich die verweigert
Das Schauspiel von Arthur Schnitzler „Freiwild“
wallenden Temperament Gewalt anthun und die Beleidigung,
Nun wäre seine Abreise
behandelt diese Frage mit der nöthigen künstlerischen Objectivi¬
für den Augenblick wenigstens, einstecken. Das ist aber da¬
der Abmahnungen des
tät und mit dichterischer Lebendigkeit. Ein junger Maler,
schwerste und die jungen Leute des civilen Standes, welche
als Freiwild für den be¬
Paul Rönning, sucht nach schwerer Krankheit Erholung in
ja leicht in die Gelegenheit gerathen, mit ihren mili¬
Act geschieht dann, was
einem Badeort. An dem kleinen Sommertheater findet er eine
tärischen Altersgenossen zu collidiren, haben sich oft
unglücklichen Paul zusam¬
Bekannte aus der Stadt, ein junges, braves Mädchen, für
schon die Frage vorgelegt: Was fange ich an, wenn
Die lebendigste Fi¬
das er sich interessirt. Die Officiere aber, welche hier den
ein Officier mich provocirt? Man befindet sich da
dem alle Theile Recht be¬
Urlaub verbringen, betrachten natürlich das Theater als ihr
wirklich in einer peinlichen Situation. Will man dem
Typus des verlumpten,
ureigenstes Revier und sind entrüstet, daß Fräulein Riede
wassengeübten Beleidiger mit ungeschickten Händen gegenüber¬
nester zu tollen Aussch
alle Einladungen zu den flotten Soupers consequent ablehnt,
treten, dann hat man wenig Chance, den Muthwilligen für
im Grunde ein guter K.
Anna Riedel sieht sich in ihrer Stellung schwer bedroht. Der
seine Büberei zu strafen. Begibt man sich aber nicht auf den
esperado wird. Fast in
Director sendet ihr die Kündigung, die Colleginnen ziehen
Kampfplatz, dann muß man seinen Zorn hinunterschlucken
solche Existenzen. Ihr
sich von ihr zurück. Sie erfährt eben, daß man ein freies
muß an das Regimentscommando und an das Bezirksgerich
aller besseren und vorzüg
Wild wird, für Jedermanns Jagdlust, wenn man zum Theater
Eingaben verfassen, worauf dann nach langwierigen Pro¬
eine permanente Gefahr
geht. Der Lieutenant Karinski stellt ihr am meisten nach. E
ceduren die Sache mit einer Geldbuße zahm genug endigt
ihres Standes, übermüth
wittert in Paul den Nebenbuhler und provocirt ihn am
ohne daß man aus all' den Schreibereien und Redereien da¬
stete Bewaffnung sind die
Kaffeehaustisch.
Gefühl der Genugthuung mit davon nehmen könnte. Die
schwangeren Atmosphäre
Chancen stehen wirklich zu ungleich, und wo der ewig
Paul aber schlägt bei dem ersten unstäthigen Wort, das
Kraft hat Schnitzler gezeigt
Streitpunkt zwischen Männern, das Weib, in Betracht kommt,
Karinski über Fräulein Riedel gebraucht, dem Herrn werden, die dann lediglic
ist für den Civilisten eine verzweifelte Zwangslage ge¬
Lieutenant mit der Haud ins Gesicht. Mit einem lauten
einen anderen als den ty
schaffen. Nehmen wir an, ein junger Mensch speist mi
Schrei fährt der geprügelte Officier nach seiner Linken
ungemein feiner Zug,
seiner Gattin oder mit seinem Mädchen in einem öffentlichen
der Säbel fehlt, denn man ist auf dem Lande und die
Principienser, noch ein p.
Locale, und vom Nebentisch her fixirt irgend ein übermüthiger
Officiere gehen mit leichten Spazierstöckchen umher. Mit
ist. Er will ein Mensch
Lieutenant die Dame mit den gewissen Blicken, die so zu¬
diesem Auftritt schließt der erste Act. Im zweiten Aufzuge
weder durch die Karin
dringlich für die Frau, als beleidigend für den Mann sein
hat Paul die Secundanten Karinski's abgewiesen — er schlägt
darin hindern lassen. De
können. Der junge Mensch, der einen harmlosen, vergnügten
sich nicht. Seine Freunde kommen und bieten ihm ihre
scenten darstellt, als ein
Abend zu verbringen gedachte, sieht sich durch die Laune
Dienste an, er dankt, er braucht diese Dienste nicht, weil er
und nun erst recht den
seiner uniformirten Nachbarschaft dem schwersten Conflict
keine Lust hat, sich erschießen zu lassen. Da kommt ein hat, macht ihn uns begre
gegenüber. Wenn es der Frechheit in zweifarbigen Tuch gerade Kamerad Karinski's noch einmal. Er will als Mensch mit Lieutenant Karinski geohr
behagt, muß er mit seinem Blute oder mit seiner Ehre bereit sein
Paul reden; als Officier darf er es ja nicht mehr, und er Privatsalon, überall geth¬
dem Herrn Vaterlandsvertheidiger aufzuwarten. Schlägt sich
bittet den jungen Maler darum, Karinski die verweigerte
nicht zur Hand hat, aber
der junge Mann und fordert also kurzweg, dann stellt er sich Genugthuung zu geben, Karinski damit zu retten, denn er hätte. Wäre Karinski