II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 204

8.
Freiwild
box 14/3
gut wie immer, Herr Schmittlein weniger schlecht
In mehreren
als gewöhnlich.
Marseille, w
b. b.
Carl-Theater. Schnitzlers „Freiwild is
gehenden Al
Freitag erfolgreich gegeben worden. Literarisch gering¬
Bestimmunge
werthig, ist es doch ein sehr wirksames Bühnenstück. Wie
von Weizen,
in Herzl's „Das neue Ghetto", klingt die Handlung auch hier
zum Ausdru¬
in einen Ehrenhandel aus. Der geohrfeigte Officier tödtet
Londo
den Beleidiger im Duell. Herzlis Officier wird aus con¬
wärtige Amt
fessionellen Gründen geohrfeigt und der Schnitzlerische wegen
daß die aufs
einer Frau. Der Officier hält die Theaterdamen für Frei
Fort Lubwa
wild, deren Ehre man ungestraft verletzen darf. Ein kräftigen
Streitkräfte
Dialog und eine spannend geführte Handlung entschieden
Booten über
zu Gunsten des Autors, der warm acclamirt wurde. Er
geschafft habe
fand gute Interpreten in Herrn Reisch, dem Specialisten
Mann, zwei,
für Officierstypen, Herrn Klein, Tewele und Korff.
abmarschirt,
Auch Fräulein Sangora gefiel. Fräulein Glümer
Nil zu übers.
trägt zu stark auf. Das thut man im Allgemeinen sehr
London
gerne im Carl-Theater. Und nicht zum Nutzen der Stücke
aus Pratoria
obersten Gerich
b. b.
Theater in der Josefstadt. „Aschermittwoch
an den Präsi¬
das Ueberein¬
am Alter und Kurs de la Renat den

Seite 2
So
Wien Montag
sogar recht hüb
Theater.
Bisgurn ein w.
ehemaliger Cav
Carl-Theater.
Stücke eine re¬
H—e. „Freiwild" — ein kurzweiliger Titel für ein lang seinen lieblichen
nummern fand
weiliges Stück. Jetzt, nachdem wir die Schnitzlerische Komödi
gesehen, begreifen wir, daß sich unsere Bühnenleiter nicht beeilt neue Operette
haben, sie aufzuführen. Der ganze zweite Act des dreiactigen Stückes Die Vorstellun
besteht aus langwierigen Abhandlungen über die Duellfrage. Es ist war glänzend
an den Behauptungen für und wider manches Wahre und Treffende fasserin nach
aber das ist kein Theaterstück. Der erste Art führt uns das Leben
und Treiben einer Theater=Schmiere in einem kleinen Badeorte vor;
das „Freiwild“ sind die jungen Schauspielerinnen, auf die Jeder
glaubt Jagd machen zu können. Nicht übel, aber doch nicht hin¬
hatte am Ma¬
reichend witzig und lustig und der letzte Act bringt uns den tragischer
haftes. Public
Abschluß, indem der wegen übler Nachrede über eine Schauspielerin
dem Einacter
von dem Maler Röning, der das Mädchen liebt, gezüchtigte Officier
besonders aus
den Maler, welcher die geforderte Genugthuung verweigert, auf der
Rederei, die
Straße niederschießt.
dreht, die nich
Unwillkürlich nimmt man für den Officier Partei. Der Maler
wegen geliebt
welcher demselben öffentlich einen Schlag versetzt und ihm dann die ihr zu Gesicht
ritterliche Genugthuung verweigert, hat nicht unsere Sympathie
scheinung und
Wenn er das Duell auch nicht aus Feigheit, sondern aus „Grund¬
ihrer Rolle
satz" ablehnt, so wird man doch bei der hartnäckigen Weigerung des ist ein glatter
Malers, sein Leben einzusetzen, ein unbehagliches Gefühl nicht los
einactigen Lu¬
Röning mußte doch wissen, daß sich ein Officier nicht schlagen lassen
Schratt du
darf und eine Herausforderung die unvermeidliche Folge einer solchen
Hartman
Züchtigung sei. Aber zuhauen und dann sagen: „Ich schlage mich
In de
grundsätzlich nicht — das geht nach unseren Ehrbegriffen absolut
Fräulein Sch
nicht. Diese Ehrbegriffe mögen vielleicht vor der „reinen Vernunft
nicht Stand halten, aber jetzt beherrschen sie unsere Anschauungen reiche in
gefallen. Zun
noch und ihre Macht wird Jeder zu fühlen bekommen, der sich dar
dete Köchi
über hinwegsetzen will.
Es war keine glückliche Idee des Autors, ein Theaterstück um in die he¬
großen Luxus
darüber zu schreiben. Daß Herrn Schnitzler nichts anderes, als ein
so trockenes, undramatisches Thema eingefallen ist, das zeigt nich
von großer Erfindungsgabe und auch die in das Stück hineinge
Eine Ge¬
zogene Theaterwirthschaft ist ein leider gar zu abgedroschenes Sujet.
kann man
Unsere dramatischen Dichter verstehen es nicht, ins volle Menschen¬
leben hineinzugreifen und der Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten, Dienstag
in dem sie sich beschauen kann.
cums in de
Die Aufführung war sehr gut und macht dem Carl-Theater theaters sta¬
Ehre. Für solche Rollen paßt Herr Klein. Nur feurige Liebhaber
Mühe hatte
darf er nicht spielen. Herr Tewele schlug aus der kleinen Partie
zufinden, v.
des Theaterdirectors das möglichste komische Capital heraus. Und
auch die Anderen machten alle ihre Sache vortrefflich, namentlich Einladung
die Herren Reusch und Korff. Aber Zugstück wird „Freiwild
oder in der
keines werden. Gegen „Liebelei“ ist dieses Schauspiel kein Fortschritt
besaß. Und
Im Gegentheil.
hatte, wie
mußte man
Deutsches Volkstheater.
Wir sind in Wien nicht geduldig und phlegmatisch genug, um schreiberin