8. Freiwild box 14/3
aufgefordert. Schon um zwei Uhr Nachmittags standen
Hunderte von Handlungsgehilfen vor dem Eingange zur
Volkshalle, und als um drei Uhr die Versammlung ihren
Anfang nahm, war der Saal bis auf das letzte Plätzchen
Luft zu machen, will er, um der Annehmlichkeit willen, in
seinen eigenen Augen ein consequenter Mensch zu bleiben,
nicht einmal auf ein ganz ungefährliches Scheinduell ein¬
gehen. Ein solches wird nämlich von dem ganz unwahr¬
scheinlichen Rittmeister Rohnstädt vorgeschlagen, damit die
Officiersehre Karinski's gerettet wird. Auch diese Ablehnung ge¬
gefällt dem Publikum, dessen Denkweise sich folgende doppel¬
zügige Logik zurecht gelegt hat: ein Duell aus gering¬
fügigen Ursachen ist ein Unsinn, denn es stellt zwei Menschen¬
leben dem Spiele eines tückischen Zufalles anheim. Bei
schweren Beleidigungen darf es natürlich noch weniger dazu
kommen, denn an ein Gottesurtheil im Zweikampf glaubt
wohl kaum Jemand, und es kann dann der Schwerbeleidigte
außer dem Schimpf noch Schaden an Gesundheit oder Leben
erleiden. Und ähnlich wie Rönning argumentirt das
gedankenlose Publikum, wenn es auf das, nach ihrer
Meinung ganz formelle, weil folgenlose, Studentenduell, die
Mensur zu sprechen kommt. Es ist daher mit Rönning auch
gegen das Scheinduell. Wie der Blinde macht es Halt,
wenn es bis an die Wand gekommen ist, erst, wenn es
fragen muß, was an die Stelle einer Sitte gesetzt werden
soll, welche längst nicht mehr auf den engen Kreis einer
Kaste beschränkt ist. Dieselben Leute, welche entsetzt zurück¬
schaudern bei dem Gedanken, Bestehendes zu stürzen, solange
sie nichts Neues an Stelle des besserungsbedürftigen Alten
zu setzen wissen, vereinigen sich mit gedankenlosen Stürmern
und Drängern in dem Ruse: Fort mit dem Duell! Ihre
egoistische Genußsucht und übergroße Freude am Leben ver¬
hindern sie, ein Compromiß mit der Wirklichkeit zu schließen,
bis sich die letztere ihr Recht ertrotzt. Darum ist es überaus
bedauerlich, daß die Figur des Rittmeisters Rohnstädt so
unglücklich ausgefallen ist. Er durfte kein Officier sein
dann hätte er auch anders sein und anders sprechen müssen.
Denn dieser Mann und kein anderer hätte das erlösende
Wort gebracht; hätte er nicht als Soldat sprechen müssen,
wortete ihre Platze verließen, erfuhren oft anwesenden
von der Auflösung der Versammlung. Der Lärm steigerte
sich noch und die Anwesenden machten keine Miene der
Saal zu verlassen. Die Socialdemokraten warfen zu
so hätte er, wenn nicht dem Herzen, so dem Kopfe Rönning's
die Einsicht abgerungen, daß das Duell nicht nur eine
Standeseinrichtung ist, sondern auch ein gesellschaftlich noth¬
wendiges, durch zulässige und wünschenswerthe Milderungen
sogar ein heilsames Auskunftsmittel zur Verhütung von
leichtsinnigen Gewaltausbrüchen und zur Abkürzung und
Vermeidung roher und gewaltthätiger Scenen werden kann.
Die Meisterschaft Schnitzler's, mit wenigen Strichen ein
Milieu zu schildern, nebst der Lockung, die Situation auf
Höchste zu spannen, hat ihn verführt, dem Bürger den
Officier gegenüber zu stellen. Damit hat er auch ein Mi߬
verständniß geschaffen, zu welchem das plötzliche Fallenlassen
des Problems der Schauspielerin Anlaß gab: er hat Viele
glauben gemacht, daß er in dem Bürger das Freiwild des
Officiers zeigen will, was eine tadelnswerthe Uebertreibung
und Verallgemeinerung von bedauernswerthen Einzelfällen
genennt werden müßte. So lange die Menschen sind, wie sie
eben sind, so lange wird jeder daran gut thun, unter die
Fähigkeiten, deren er im Kampfe um das Dasein bedarf,
auch die Vertrautheit mit der Führung des Säbels auszu¬
nehmen, und er wird damit alles Erreichbare herbeiführen:
er wird den Uebermuth oder die Achtlosigkeit bürgerlicher
und solderischer Bassewitze auf ein Mindestmaß beschränken
und sich lieber gegebenen Falles den Folgen eines Zwei¬
kampfes aussetzen, wie er eben jeden anderen unabwendbaren,
wenn auch peinlichen oder unglücklichen Zufall tragen muß,
statt daß er der Lösung Schnitzler's zusteuert, welcher es
darauf ankommen läßt, ob der eine oder der andere der
beiden Gegner mit rascherer Handbewegung den Feind nach
Hinterwälderart über den Hausen schießt.
Die Darstellung war im Ganzen eine sehr befriedi¬
gende: Die Herren Reusch, Korff, Klein und
Tewele bildeten ein geradezu glänzendes Ensemble. Auch
Herr Czasta und Frl. Glümer machten aus ihren
Dr. Jakob Kohn.
Rollen das Menschenmögliche.
an den Wa¬
Verwandte desselben
deren Kind von drei
des allgemeinen Kre¬
zogen wurde. Gestern
plötzlich ohnmächtig.
ner rief verzwei
wirkte auf den Bat¬
schwerkrank darniederli
macht befallen wurde
Minuten und Frau
keine Hilfe finden konn¬
Endlich hatten die
Friedmann gehört hatte
herbeigeholt, welche
Doch auch auf sie wir
daliegenden Personen
Friedman und
gleichfalls ohnmächtig
welcher zu Hilfe geru¬
macht befallen worden
Arbeit vor sich und
auch er nach vollbe
einer Hilfe bedurft
(Sperrung ei¬
9 Uhr erschien in der
feldergürtel 55, ein
fortige Sperrung des
wird gerüchtweise an
nicht der Besitzer und
unter der Firma „
berechtigt ist. Als
Frau des Genannten
Wien aufhält.
(Aus der M.
Gnädiges Fräulein,
bitten? — Sie: Lei¬
vielleicht kommt noch
reserviren. — Er:
muß heute schon zie
Früh zu thun, mu
haben doch nicht gar
muß in die Vorle
lesungen? Besuchen
lesungen Mein Be¬
drei, viermal währ
Beginn und Schluß
ging man freilich
aufgefordert. Schon um zwei Uhr Nachmittags standen
Hunderte von Handlungsgehilfen vor dem Eingange zur
Volkshalle, und als um drei Uhr die Versammlung ihren
Anfang nahm, war der Saal bis auf das letzte Plätzchen
Luft zu machen, will er, um der Annehmlichkeit willen, in
seinen eigenen Augen ein consequenter Mensch zu bleiben,
nicht einmal auf ein ganz ungefährliches Scheinduell ein¬
gehen. Ein solches wird nämlich von dem ganz unwahr¬
scheinlichen Rittmeister Rohnstädt vorgeschlagen, damit die
Officiersehre Karinski's gerettet wird. Auch diese Ablehnung ge¬
gefällt dem Publikum, dessen Denkweise sich folgende doppel¬
zügige Logik zurecht gelegt hat: ein Duell aus gering¬
fügigen Ursachen ist ein Unsinn, denn es stellt zwei Menschen¬
leben dem Spiele eines tückischen Zufalles anheim. Bei
schweren Beleidigungen darf es natürlich noch weniger dazu
kommen, denn an ein Gottesurtheil im Zweikampf glaubt
wohl kaum Jemand, und es kann dann der Schwerbeleidigte
außer dem Schimpf noch Schaden an Gesundheit oder Leben
erleiden. Und ähnlich wie Rönning argumentirt das
gedankenlose Publikum, wenn es auf das, nach ihrer
Meinung ganz formelle, weil folgenlose, Studentenduell, die
Mensur zu sprechen kommt. Es ist daher mit Rönning auch
gegen das Scheinduell. Wie der Blinde macht es Halt,
wenn es bis an die Wand gekommen ist, erst, wenn es
fragen muß, was an die Stelle einer Sitte gesetzt werden
soll, welche längst nicht mehr auf den engen Kreis einer
Kaste beschränkt ist. Dieselben Leute, welche entsetzt zurück¬
schaudern bei dem Gedanken, Bestehendes zu stürzen, solange
sie nichts Neues an Stelle des besserungsbedürftigen Alten
zu setzen wissen, vereinigen sich mit gedankenlosen Stürmern
und Drängern in dem Ruse: Fort mit dem Duell! Ihre
egoistische Genußsucht und übergroße Freude am Leben ver¬
hindern sie, ein Compromiß mit der Wirklichkeit zu schließen,
bis sich die letztere ihr Recht ertrotzt. Darum ist es überaus
bedauerlich, daß die Figur des Rittmeisters Rohnstädt so
unglücklich ausgefallen ist. Er durfte kein Officier sein
dann hätte er auch anders sein und anders sprechen müssen.
Denn dieser Mann und kein anderer hätte das erlösende
Wort gebracht; hätte er nicht als Soldat sprechen müssen,
wortete ihre Platze verließen, erfuhren oft anwesenden
von der Auflösung der Versammlung. Der Lärm steigerte
sich noch und die Anwesenden machten keine Miene der
Saal zu verlassen. Die Socialdemokraten warfen zu
so hätte er, wenn nicht dem Herzen, so dem Kopfe Rönning's
die Einsicht abgerungen, daß das Duell nicht nur eine
Standeseinrichtung ist, sondern auch ein gesellschaftlich noth¬
wendiges, durch zulässige und wünschenswerthe Milderungen
sogar ein heilsames Auskunftsmittel zur Verhütung von
leichtsinnigen Gewaltausbrüchen und zur Abkürzung und
Vermeidung roher und gewaltthätiger Scenen werden kann.
Die Meisterschaft Schnitzler's, mit wenigen Strichen ein
Milieu zu schildern, nebst der Lockung, die Situation auf
Höchste zu spannen, hat ihn verführt, dem Bürger den
Officier gegenüber zu stellen. Damit hat er auch ein Mi߬
verständniß geschaffen, zu welchem das plötzliche Fallenlassen
des Problems der Schauspielerin Anlaß gab: er hat Viele
glauben gemacht, daß er in dem Bürger das Freiwild des
Officiers zeigen will, was eine tadelnswerthe Uebertreibung
und Verallgemeinerung von bedauernswerthen Einzelfällen
genennt werden müßte. So lange die Menschen sind, wie sie
eben sind, so lange wird jeder daran gut thun, unter die
Fähigkeiten, deren er im Kampfe um das Dasein bedarf,
auch die Vertrautheit mit der Führung des Säbels auszu¬
nehmen, und er wird damit alles Erreichbare herbeiführen:
er wird den Uebermuth oder die Achtlosigkeit bürgerlicher
und solderischer Bassewitze auf ein Mindestmaß beschränken
und sich lieber gegebenen Falles den Folgen eines Zwei¬
kampfes aussetzen, wie er eben jeden anderen unabwendbaren,
wenn auch peinlichen oder unglücklichen Zufall tragen muß,
statt daß er der Lösung Schnitzler's zusteuert, welcher es
darauf ankommen läßt, ob der eine oder der andere der
beiden Gegner mit rascherer Handbewegung den Feind nach
Hinterwälderart über den Hausen schießt.
Die Darstellung war im Ganzen eine sehr befriedi¬
gende: Die Herren Reusch, Korff, Klein und
Tewele bildeten ein geradezu glänzendes Ensemble. Auch
Herr Czasta und Frl. Glümer machten aus ihren
Dr. Jakob Kohn.
Rollen das Menschenmögliche.
an den Wa¬
Verwandte desselben
deren Kind von drei
des allgemeinen Kre¬
zogen wurde. Gestern
plötzlich ohnmächtig.
ner rief verzwei
wirkte auf den Bat¬
schwerkrank darniederli
macht befallen wurde
Minuten und Frau
keine Hilfe finden konn¬
Endlich hatten die
Friedmann gehört hatte
herbeigeholt, welche
Doch auch auf sie wir
daliegenden Personen
Friedman und
gleichfalls ohnmächtig
welcher zu Hilfe geru¬
macht befallen worden
Arbeit vor sich und
auch er nach vollbe
einer Hilfe bedurft
(Sperrung ei¬
9 Uhr erschien in der
feldergürtel 55, ein
fortige Sperrung des
wird gerüchtweise an
nicht der Besitzer und
unter der Firma „
berechtigt ist. Als
Frau des Genannten
Wien aufhält.
(Aus der M.
Gnädiges Fräulein,
bitten? — Sie: Lei¬
vielleicht kommt noch
reserviren. — Er:
muß heute schon zie
Früh zu thun, mu
haben doch nicht gar
muß in die Vorle
lesungen? Besuchen
lesungen Mein Be¬
drei, viermal währ
Beginn und Schluß
ging man freilich