II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 264

Freiwi
8.
box 14/3
NOTIZEN.
278
vorgestellt. Herr Harden trug ein
kampf ist ein Unding. Vielmehr wird
sehr hübsches hochgeschlossenes
das Ergreifen dieses Auskunftsmittels
Sacco und eine lichte Weste. Sein
im einzelnen Fall um so schwerer
rosiges Schauspielergesicht ist glatt¬
zu rechtfertigen sein, je weniger ein
rasirt, Löckchen hat er in die Stirne
vorgeführtes Ereignis einen für die
gekämmt. Die Damen schienen ent¬
heutigen Zustände anormalen Aus¬
zückt. Auch was Herr Harden sagte,
gang vermuthen lässt. Je nichtiger die
war entzückend. Er erklärte offen
Ursache, desto in die Augen springen¬
seine Bewunderung für Ibsen, der an
der die Frivolität des Kampfes auf
die faulen Stellen des Gesellschafts¬
Leben und Tod. In Freiwilde han¬
körpers klopfen, er entdeckte, dass
delt es sich aber um einen Conflict,
Nietzsche und der Socialismus
der die Lebensstellung der Betheilig.
unversöhnliche Gegensätze seien,
ten in ihrem Fundamente erschüttert.
dass Zola der Dichter von Col¬
Es ist daher ein taktischer Missgriff,
lectivempfindungen sei, und was
gerade in einem Falle das Duell be¬
dergleichen Neuigkeiten mehr sind.
kämpfen zu wollen, wo es kaum zu
Das Beste an seinem Referat waren
vermeiden ist. Auch lässt sich dem
seine boshaften Witzchen gegen
Duellgebrauche am schwersten bei¬
einige aufgeblähte moderne Mittel¬
kommen, wenn, wie in Freiwilde,
mässigkeiten; allerdings auch nur
eine thätliche Beleidigung vorher
suffisante Plattheiten. Im Grunde
gegangen. Denn der Zweikampf be¬
aber gefiel Herr Harden, weil
deutete zu einer Zeit, als der
er sich zum Interpreten des schwer¬
Faustkampf zur Austragung von
fälligen Widerwillens gegen jeden
Streitigkeiten noch gebräuchlich
neuen Gedanken machte. Ibsen,
war, ein Civilisationsmittel. Für
Tolstoi, Dostojewsky bewundern,
rückständige Culturen ist das
Gott, das gehört heute schon zum
Duell auch heute noch das un
bon ton, aber nun möchte man
erlässliche Entwicklungsstadium.
auf diesen Rasenplätzen ausruhen.
Schnitzler hat sich also einen so
Herr Harden hat diesem Trägheits¬
complicirt schwierigen Fall con¬
gefühl mit seiner billigen Witzig¬
struirt, dass alle seine feinen und
keit Rechnung getragen. Es ver¬
geistreichen Geschosse an der
steht sich von selbst, dass seine
klotzigen Brutalität des Vorwurfes
Wiener Nachtreter, welche sein
abprallen mussten. Er hat die
Trägheitsbedürfniss von heute, aber
Festung von der verschanztesten
nicht seine Bildung von gestern be¬
Seite angegriffen, die Duellgegner
sitzen, vor Freude hochgeröthet
fast bekehrt, die Duellfürsprecher
st. gr.
waren.
nur verstockter gemacht. Es zeugt
sehr für sein Talent, dass er
VER SACRUM nennt sich das
wiederum trotz alledem einen, wie
neugeschaffene Organ der Ver¬
es scheint, recht nachhaltigen
einigung der bildenden Künstler
Theatererfolg erzielt hat —.—.
Oesterreichs — also unserer Se¬
cession. Dr. Max Burckhard hat
MAXIMILIAN HARDEN. Vor
den gewählten Titel sinnvoll er¬
ein paar Tagen hat sich Herr
klärt, ein Ungenannter, aber nicht
Maximilian Harden den Mitgliedern
Unbekannter und Hermann Bahr
und Gästen der Wiener „Concordia¬