8. Freiwild
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bezeuge und nun wieder, um sich
30 Wohnung genommen.
halb und der Rheinischen Bestalozzeitung
zunächst nach Wien zu begeben, wo er am
Der Senator der Freien und Hansestadt eine scharfe Absage, in der es bey: Die
ehre gelten soll, ist eine durch und durch verdorbene zu bedauern, daß Friedrich Horthaus als
Schiller=Theater.
Natur. Der Mann, der die fremde Ehre nicht
Rönning und Ferdinand Gregori als Leutnant
„Freiwild von Arthur Schnitzler
schont, hat natürlich keine eigene; er fordert seinen
Karinske durch ihr Hochdeutsch die Wirkung ihr
ist dem Berliner Theaterpublikum nicht unbekannt
Gegner auch nicht zum Zweikampf, weil ihn sein
vortrefflichen Spiels beeinträchtigten. Auch Erich
Aber just heute ist das Problem, das der Verfasser
empörtes Gemüth dazu treibt, sondern weil er ohne
Kaiser als Leutnant Rohnstedt wußte nicht immer
lösen wil, durch die Duellinterpellation im Reichs¬
diesen Zweikampf dem Offizierstande nicht mehr
den Versuchungen zu widerstehen und verfiel oft
tag aktuell geworden. Wer will es da dem Kritiker,
angehören kann. Stände nicht hinter ihm der Ab¬
unvermerkt wieder in den Berliner Fargon, der
der weilen auch einen Blick in den polnischen
grund, dann würde er diese Ohrfeige still hinge¬
ihm natürlich besser gelang, als die Weine
Theil der Zeitung wirft, verdenken, wenn er etwa
nommen haben, das führt man aus allem, nament¬
Sprochen. Fräulein Marianne Wulf als Schu¬
näher auf die Tendenz des Schauspiels eingeht
lich aber aus dem Angebot einer Schießkomödie
spielerin Riedel hatte keine leichte Aufgabe, weil
Schnitter ist Gegner des Durus, das ihm ver¬
heraus. Das sind Connwenzen des Verfasser¬
sie fast ohne irgend eine Unterbrechung und Er¬
werflich erscheint, weil es den sittlichen Empfin¬
gegenüber seinem eigenen Standpunkt. Er stellt
holung das leidende Weib darzustellen hatte. Aber
dungen nicht immer gerecht wird und weil es vor
eine Figuren auf die Bühne, die Typen sind, son¬
sie wußte geschickt die Schwierigkeiten ihrer eintö¬
allen Dingen nicht als Strafe und ausgleichende
dern er schafft sich Charaktere, wie er die für seine
nigen Aufgabe zu überwinden und entfesselte durch
Gerechtigkeit wirkt. Derjenige, der im Recht ist,
Zwecke braucht. Das ist der eine Fehler. Der die Darstellung einer selbstlosen, hingebenden
muß sein Leben ebensogut einsetzen, wie sein Geg¬
andere ist Poldi Grehlinger. Der Duellfrage
Weiblichkeit den Beifall des Publikums. Auch die
ner und unter Umständen wird gerade der Schul¬
genüber giebt es nur zwei Möglichkeiten. Wer
H. F.
übrigen Rollen waren gut besetzt.
dige von dem Glück in diesem ernsten Würfelspie
den Zweikampf verweigert, der immerhin für ge¬
um ein Menschenleben am meisten begünstigt
isse Kreise und Klassen eine Art Justiz darstellt,
Diese unleugbare Thatsache wirbt dem Zweitam
der muß die strafende Gewalt dem Staate, der
Kunst und Wissenschaft.
die meisten Gegner im Kreise jener idealen Na¬
Gesellschaft, dem Gesetz überlassen. Poldi aber
turen, die unbewußt dem Menschenthum und dem
„Adlerflug" betitelt sich das Festspiel
ut Selostustiz, indem er seinen Gegner ohrfeigt
Leben eine gewisse Vollkommenheit beimessen und
er maßt sich damit persönlich ein Recht an, das welches Joseph Lauff für die Festvorstellung
meinen, wo eine Schuld vorliege, müsse auch eine
am 18. Januar im Königlichen Opernhause ge¬
ihm vom Standpunkt des Duellgegners aus, na¬
unfehlbare Sühne folgen. Allein das ist nicht der
dichtet hat, und welches seine Entstehung, wie das
türlich ebensogut versagt sein muß, wie ganzen
Zweck des Zweikampfes. Dieser will die Gesell¬
Gesellschaftskategorien der Zweikampf untersagt „Kl. J." melden kann, einer Anregung des Kai¬
schaft zur Ehrenhaftigkeit erziehen, indem er der
sers verdankt. Joseph Lauff hat außerdem ein
sein soll.
einzelnen Menschen zwingt, daß er für die Ver¬
vieraktiges Schauspiel vollendet, welches den Titel
Und nun die Schlußszene! Nachdem der Mord
letzung der fremden Ehre seine eigene Existen,
„Karwoche“ führt. Das Stück ist moder¬
geschehen, sammelt sich das Publikum, das erstarrt
einsetzt; derjenige, der dies fordert, muß natur¬
und der Ort der Handlung ist das Ruhrkohlenge¬
gemäß auch einen gleichen Werth in die Wagschale aber ohne Entrüstung über den Mord den brutalen
biet. In ruhigen Stunden wird der Dichte die
Offizier peroriren läßt und sich so gewissermaßen
werfen. Wenn wir von dieser Voraussetzung aus
letzte Hand und die letzte Feile an die Arbeit legen.
an die Prüfung des Schnitzler'schen Schauspiels auch vor dem Klassenbewußtsein des Offiziersten¬
Im Sparherbst wird aus seiner Feder ein Roman
des beugt. Das ist die letzte Inkonsequenz des
herantreten, müssen wir das Problem für unge¬
erscheinen, dessen Entwurf fertiggestellt ist. Die
Verfassers. Will er das Duell und die Standes
löst erklären.
Erzählung versetzt uns an den Niederrhein und in
vorrechte verwerfen, so muß er dies durch das zu¬
Leutnant Karinski hat die Ehre einer unbe¬
die Clevischen Lande.
sammenströmende Volk, das hier gewissermaßen
scholtenen Schauspielerin in einem Bekanntenkreis¬
die Stelle des antiken Chors vertritt, bekunden
in einer unentschuldbaren Weise angegriffen und
Albert Niemann. Im Vollbesitze seiner
lassen.
wird dafür von Poldi Grehlinger geohrfeigt. Die¬
Gesundheit begeht heute Albert Niemann, Deutsch¬
ser verweigert aber die Annahme einer Forderung
Technisch ist das Schauspiel gut durchgeführt
lan berühmtester Opernsänger, dessen Kunst noch
dagegen tritt er dem auf Rache sinnenden Gegner
sodaß die Schwächen in der Durcharbeitung der
Leu unübertroffen dasteht, seinen 70. Geburtstag,
muthig gegenüber und wird meuchlings von diesem
Tendenz wenig fühlbar sind. An der Darstellung
Es wäre thöricht, behaupten zu wollen, daß die
ist die mangelnde Stileinheit auszusetzen. Die
erschossen
Wagnerschen Musikdramen ohne Albert
Der Lösung des Problems ist durch die In¬
Handlung spielt in Oesterreich; dem entsprechend
Niemann sich nicht einen Lieblingsplatz in der Em¬
konsequenzen in der Charakterzeichnung und der
müßten die Vertreter dieses Milieus auch den
pfindung des deutschen Volkes erworben hätten.
Konflikte mißlungen. Leutnant Karinski, der dem
oberdeutschen Dialekt sprechen. Vor allem wär¬
aber an dem schnellen Erringen ihrer Popularität
Publikum gegenüber als der Träger der Offiziers=dies von den Offizieren zu fordern. Es war sicher gebührt dem Sänger ein nicht unerheblicher Antheil,
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bezeuge und nun wieder, um sich
30 Wohnung genommen.
halb und der Rheinischen Bestalozzeitung
zunächst nach Wien zu begeben, wo er am
Der Senator der Freien und Hansestadt eine scharfe Absage, in der es bey: Die
ehre gelten soll, ist eine durch und durch verdorbene zu bedauern, daß Friedrich Horthaus als
Schiller=Theater.
Natur. Der Mann, der die fremde Ehre nicht
Rönning und Ferdinand Gregori als Leutnant
„Freiwild von Arthur Schnitzler
schont, hat natürlich keine eigene; er fordert seinen
Karinske durch ihr Hochdeutsch die Wirkung ihr
ist dem Berliner Theaterpublikum nicht unbekannt
Gegner auch nicht zum Zweikampf, weil ihn sein
vortrefflichen Spiels beeinträchtigten. Auch Erich
Aber just heute ist das Problem, das der Verfasser
empörtes Gemüth dazu treibt, sondern weil er ohne
Kaiser als Leutnant Rohnstedt wußte nicht immer
lösen wil, durch die Duellinterpellation im Reichs¬
diesen Zweikampf dem Offizierstande nicht mehr
den Versuchungen zu widerstehen und verfiel oft
tag aktuell geworden. Wer will es da dem Kritiker,
angehören kann. Stände nicht hinter ihm der Ab¬
unvermerkt wieder in den Berliner Fargon, der
der weilen auch einen Blick in den polnischen
grund, dann würde er diese Ohrfeige still hinge¬
ihm natürlich besser gelang, als die Weine
Theil der Zeitung wirft, verdenken, wenn er etwa
nommen haben, das führt man aus allem, nament¬
Sprochen. Fräulein Marianne Wulf als Schu¬
näher auf die Tendenz des Schauspiels eingeht
lich aber aus dem Angebot einer Schießkomödie
spielerin Riedel hatte keine leichte Aufgabe, weil
Schnitter ist Gegner des Durus, das ihm ver¬
heraus. Das sind Connwenzen des Verfasser¬
sie fast ohne irgend eine Unterbrechung und Er¬
werflich erscheint, weil es den sittlichen Empfin¬
gegenüber seinem eigenen Standpunkt. Er stellt
holung das leidende Weib darzustellen hatte. Aber
dungen nicht immer gerecht wird und weil es vor
eine Figuren auf die Bühne, die Typen sind, son¬
sie wußte geschickt die Schwierigkeiten ihrer eintö¬
allen Dingen nicht als Strafe und ausgleichende
dern er schafft sich Charaktere, wie er die für seine
nigen Aufgabe zu überwinden und entfesselte durch
Gerechtigkeit wirkt. Derjenige, der im Recht ist,
Zwecke braucht. Das ist der eine Fehler. Der die Darstellung einer selbstlosen, hingebenden
muß sein Leben ebensogut einsetzen, wie sein Geg¬
andere ist Poldi Grehlinger. Der Duellfrage
Weiblichkeit den Beifall des Publikums. Auch die
ner und unter Umständen wird gerade der Schul¬
genüber giebt es nur zwei Möglichkeiten. Wer
H. F.
übrigen Rollen waren gut besetzt.
dige von dem Glück in diesem ernsten Würfelspie
den Zweikampf verweigert, der immerhin für ge¬
um ein Menschenleben am meisten begünstigt
isse Kreise und Klassen eine Art Justiz darstellt,
Diese unleugbare Thatsache wirbt dem Zweitam
der muß die strafende Gewalt dem Staate, der
Kunst und Wissenschaft.
die meisten Gegner im Kreise jener idealen Na¬
Gesellschaft, dem Gesetz überlassen. Poldi aber
turen, die unbewußt dem Menschenthum und dem
„Adlerflug" betitelt sich das Festspiel
ut Selostustiz, indem er seinen Gegner ohrfeigt
Leben eine gewisse Vollkommenheit beimessen und
er maßt sich damit persönlich ein Recht an, das welches Joseph Lauff für die Festvorstellung
meinen, wo eine Schuld vorliege, müsse auch eine
am 18. Januar im Königlichen Opernhause ge¬
ihm vom Standpunkt des Duellgegners aus, na¬
unfehlbare Sühne folgen. Allein das ist nicht der
dichtet hat, und welches seine Entstehung, wie das
türlich ebensogut versagt sein muß, wie ganzen
Zweck des Zweikampfes. Dieser will die Gesell¬
Gesellschaftskategorien der Zweikampf untersagt „Kl. J." melden kann, einer Anregung des Kai¬
schaft zur Ehrenhaftigkeit erziehen, indem er der
sers verdankt. Joseph Lauff hat außerdem ein
sein soll.
einzelnen Menschen zwingt, daß er für die Ver¬
vieraktiges Schauspiel vollendet, welches den Titel
Und nun die Schlußszene! Nachdem der Mord
letzung der fremden Ehre seine eigene Existen,
„Karwoche“ führt. Das Stück ist moder¬
geschehen, sammelt sich das Publikum, das erstarrt
einsetzt; derjenige, der dies fordert, muß natur¬
und der Ort der Handlung ist das Ruhrkohlenge¬
gemäß auch einen gleichen Werth in die Wagschale aber ohne Entrüstung über den Mord den brutalen
biet. In ruhigen Stunden wird der Dichte die
Offizier peroriren läßt und sich so gewissermaßen
werfen. Wenn wir von dieser Voraussetzung aus
letzte Hand und die letzte Feile an die Arbeit legen.
an die Prüfung des Schnitzler'schen Schauspiels auch vor dem Klassenbewußtsein des Offiziersten¬
Im Sparherbst wird aus seiner Feder ein Roman
des beugt. Das ist die letzte Inkonsequenz des
herantreten, müssen wir das Problem für unge¬
erscheinen, dessen Entwurf fertiggestellt ist. Die
Verfassers. Will er das Duell und die Standes
löst erklären.
Erzählung versetzt uns an den Niederrhein und in
vorrechte verwerfen, so muß er dies durch das zu¬
Leutnant Karinski hat die Ehre einer unbe¬
die Clevischen Lande.
sammenströmende Volk, das hier gewissermaßen
scholtenen Schauspielerin in einem Bekanntenkreis¬
die Stelle des antiken Chors vertritt, bekunden
in einer unentschuldbaren Weise angegriffen und
Albert Niemann. Im Vollbesitze seiner
lassen.
wird dafür von Poldi Grehlinger geohrfeigt. Die¬
Gesundheit begeht heute Albert Niemann, Deutsch¬
ser verweigert aber die Annahme einer Forderung
Technisch ist das Schauspiel gut durchgeführt
lan berühmtester Opernsänger, dessen Kunst noch
dagegen tritt er dem auf Rache sinnenden Gegner
sodaß die Schwächen in der Durcharbeitung der
Leu unübertroffen dasteht, seinen 70. Geburtstag,
muthig gegenüber und wird meuchlings von diesem
Tendenz wenig fühlbar sind. An der Darstellung
Es wäre thöricht, behaupten zu wollen, daß die
ist die mangelnde Stileinheit auszusetzen. Die
erschossen
Wagnerschen Musikdramen ohne Albert
Der Lösung des Problems ist durch die In¬
Handlung spielt in Oesterreich; dem entsprechend
Niemann sich nicht einen Lieblingsplatz in der Em¬
konsequenzen in der Charakterzeichnung und der
müßten die Vertreter dieses Milieus auch den
pfindung des deutschen Volkes erworben hätten.
Konflikte mißlungen. Leutnant Karinski, der dem
oberdeutschen Dialekt sprechen. Vor allem wär¬
aber an dem schnellen Erringen ihrer Popularität
Publikum gegenüber als der Träger der Offiziers=dies von den Offizieren zu fordern. Es war sicher gebührt dem Sänger ein nicht unerheblicher Antheil,