II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 287

8. Freiwild
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betrug der neue Wetten wieder, um sich go Wohnung genommen.
bandes und der Rheinischen Pestalozzeitung
zunächst nach Wien zu begeben, wo er am
— Der Senator der Freien und Hansestadt eine scharfe Absage, in der es keitt. Die
Schiller=Theater.
ehre gelten soll ist eine durch und durch verdorbene zu bedauern das Friedrich Hofthaus als Reich.
Natur. Der Mann, der die fremde Ehre nicht
denge
Rönning und Ferdinand Gregori als Leutnant
„Freiwild von Arthur Schnitzler
schont, hat natürlich keine eigene; er fordert seinen
Karinski durch ihr Hochdeutsch die Wirkung ihres
ist dem Berliner Theaterpublikum nicht unbekannt.
Gegner auch nicht zum Zweikampf, weil ihn sein
vortrefflichen Spiels beeinträchtigten. Auch Erich
Aber just heute ist das Problem, das der Verfasser
empörtes Gemüth dazu treibt, sondern weil er ohne
Kaiser als Leutnant Rohnstedt wußte nicht immer
lösen will, durch die Duellinterpellation im Reichs¬
diesen Zweikampf dem Offizierstande nicht mehr
den Versuchungen zu widerstehen und verfiel oft
tag aktuell geworden. Wer will es de dem Kritiker,
angehören kann. Stände nicht hinter ihm der Ab¬
unvermerkt wieder in den Berliner Jargon, der
der bisweilen auch einen Blick in den politischen
grund, dann würde er diese Ohrfeige still hinge¬
ihm natürlich besser gelang, als die Wegne
Theil der Zeitung wirft, verdenken, wenn er etwas
nommen haben, das führt man aus allem, nament¬
Sprochen. Fräulein Marianne Wulf als Schau¬
näher auf die Tendenz des Schauspiels eingeht
lich aber aus dem Angebot einer Schießtomödie
spielerin Riedel hatte keine leichte Aufgabe, wei
Schnitzler ist Gegner des Duells, das ihm ver¬
heraus. Das sind Connwenzen des Verfassers
sie fast ohne irgend eine Unterbrechung und Er¬
werflich erscheint, weil es den sittlichen Empfin¬
gegenüber seinem eigenen Standpunkt. Er stellt
holung des leidende Weib darzustellen hatte. Aber
dungen nicht immer gerecht wird und weil es vor
keine Figuren auf die Bühne, die Typen sind, son¬
sie wußte geschickt die Schwierigkeiten ihrer eintö¬
allen Dingen nicht als Strafe und ausgleichende
dern er schafft sich Charaktere, wie er sie für seine
nigen Aufgabe zu überwinden und entfesselte durch
Gerechtigkeit wirkt. Derjenige, der im Recht ist,
Zwecke braucht. Das ist der eine Fehler. Der
die Darstellung einer selbstlosen, hingebenden
muß sein Leben ebensogut einsetzen, wie sein Geg¬
andere ist Poldi Grehlinger. Der Duellfrage ge¬
Weiblichkeit den Beifall des Publikums. Auch die
ner und unter Umständen wird gerade der Schul¬
genüber giebt es nur zwei Möglichkeiten. Wer
übrigen Rollen waren gut besetzt
H. F.
dige von dem Glück in diesem ernsten Würfelspiel
den Zweikampf verweigert, der immerhin für ge¬
um ein Menschen eben am meisten begünstigt,
wisse Kreise und Klassen eine Art Justiz darstellt,
Wiese unleugbare Thatsache wirbt dem Zweitamp
der muß die strafende Gewalt dem Staate, der
die meisten Gegner im Kreise jener idealen Na¬
Kunst und Wissenschaft.
Gesellschaft, dem Gesetz überlassen. Poldi aber
turen, die unbewußt dem Menschenthum und den
„Adlerflug" betitelt sich das Festspiel,
übt Seisustiz, indem er seinen Gegner ohrfeigt
Leben eine gewisse Vollkommenheit beimessen und
er maßt sich damit persönlich ein Recht an, das welches Joseph Lauff für die Festvorstellung
meinen, wo eine Schuld vorliege, müsse auch ein
am 18. Januar im Königlichen Opernhause ge¬
ihm vom Standpunkt des Duellgegners aus, na¬
unfehlbare Sühne folgen. Allein das ist nicht der
dichtet hat, und welches seine Entstehung, wie das
türlich ebensogut versagt sein muß, wie ganzer
Zweck des Zweikampfes. Dieser will die Gesell¬
„Kl. J." melden kann, einer Anregung des Kai¬
Gesellschaftskategorien der Zweikampf untersagt
schaft zur Ehrenhaftigkeit erziehen, indem er der
sers verdankt. Joseph Lauff hat außerdem ein
sein soll.
einzelnen Menschen zwingt, daß er für die Ver¬
vieraaktiges Schauspiel vollendet, welches den Titel
Und nun die Schlußszene! Nachdem der Mort
letzung der fremden Ehre seine eigene Existenz
„Karwoche führt. Das Stück ist moder¬
geschehen, sammelt sich das Publikum, das erstarrt
einsetzt; derjenige, der dies fordert, muß natur¬
und der Ort der „andlung ist das Ruhrkohlenge¬
aber ohne Entrüstung über den Mord den brutalen
gemäß auch einen gleichen Werth in die Wagschale
biet. In ruhigen Stunden wird der Dichter die
Offizier peroriren läßt und sie, so gewissermaßen
werfen. Wenn wir von dieser Voraussetzung aus
letzte Hand und die letzte Feile an die Arbeit legen
auch vor dem Klassenbewußtsein des Offizierstan
an die Prüfung des Schnitzler'schen Schauspiels
Im Spätherbst wird aus seiner Feder ein Roma¬
des beugt. Das ist die letzte Inkonsequenz des
herantreten, müssen wir das Problem für unge¬
erscheinen, dessen Entwurf fertiggestellt ist. Die
Verfassers. Will er das Duell und die Standes¬
löst erklären.
Erzählung versetzt uns an den Niederrhein und in
vorrechte verwerfen, so muß er dies durch das zu¬
Leutnant Karinski hat die Ehre einer unbe¬
die Clevischen Lande,
sammenströmende Volk, das hier gewissermaßen
scholtenen Schauspielerin in einem Bekanntenkreise
die Stelle des antiken Chors vertritt, bekunden
in einer unentschuldbaren Weise angegriffen und
Albert Niemann. Im Vollbesitze seinen
lassen.
wird dafür von Poldi Grehlinger geohrfeigt. Die¬
Gesundheit begeht heute Albert Niemann, Deutsch
ser verweigert aber die Annahme einer Forderung,
Technisch ist das Schauspiel gut durchgeführt
lands berühmtester Opernsänger, dessen Kunst noch
dagegen tritt er dem auf Rache sinnenden Gegner
sodaß die Schwächen in der Durcharbeitung der
heute unübertroffen dasteht, seinen 70. Geburtstag
muthig gegenüber und wird meuchlings von diesem Tendenz wenig fühlbar sind. An der Darstellung
Es wäre thöricht, behaupten zu wollen, daß die
erschossen.
ist die mangelnde Stileinheit auszusetzen. Die
Wagnerschen Musikdramen ohne Alber¬
Der Lösung des Problems ist durch die In¬
Handlung spielt in Oesterreich; dem entsprechend
Niemann sich nicht einen Lieblingsplatz in der Em¬
konsequenzen in der Charakterzeichnung und der
müßten die Vertreter dieses Milieus auch den
pfindung des deutschen Volkes erworben hätten
Konflikte mißlangen. Leutnant Karinski, der dem
oberdeutschen Dialekt sprechen. Vor allem wär¬
aber an dem schnellen Erringen ihrer Popularität
Publikum gegenüber als der Träger der Offiziers, dies von den Offizieren zu fordern. Es war sicher gebührt dem Sänger ein nicht unerheblicher Antheil. Jo