8. Freiwil
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den Tod eintauschen, den er gewiß nicht verdient habe?
ses zu einer Art von These liegt, ob nun
„Der Schlag aber bedeutet nicht den Schlag,
er sie aufstellen wollte oder nicht, auch im
sondern eine tödliche Beleidigung, wie du sehr wohl
„Freiwild" nahe. Hier aber dürfte sie dem
weißt, sagt Wellner und hat recht. „Was mir in dem
sen Geiste nicht entgegen sein. Im Gegenteil,
Duell geschähe, würde nichts bedeuten, sondern
des Zivilisten. Denn die These müßte lauten:
etwas sein," sagt Rönning und hat auch recht. „Du
Offizier einen Zivilisten, der ihn gröblich
denkst an nichts als an die Gefahr, in der du schwebst.
hat und sich weigert, ihm ritterliche Satis¬
ruft Wellner; „wenn man nachträglich so vorsichtig ist
geben, einfach niederschießen? Und die Ant¬
so hat man kein Recht, vorher so unüberlegt zu sein,
der Dichter am Schluß seines Stückes gibt,
besonders aus rein persönlichen Gründen. Warum sind
bejahenden Sinne zu lauten.
wir anderen nicht empört gewesen?" Und damit hat
es wird vielleicht des Klügere sein, nicht
Wellner wiederum recht. „Das ist euer Fehler, nicht
Absichten des Dichters zu forschen, sondern
der meine," versetzt Rönning, „wenn ihr euch von
das Tatsächliche zu halten. Anna Riedel,
eurem ehrlichen Gefühl leiten ließet, nicht von eurer
einem Sommertheater (von Fräulein
Kodexphilosophie, so hättet ihr alle gestern diesen
dargestellt), ist ein weißer Rabe unter
Menschen von unserem Tische wegjagen müssen
olleginnen, die verkörperte Anständigkeit.
und ihn für ehrlos erklären - nicht mich, weil
berleutnant Karinski (Herr Gerhard)
ich mich nicht schlage." Und damit hat auch Rönning
ese Anständigkeit gar nicht, weil ihm das
wiederum recht. Kurz, in dieser Szene, die von den
fällt. Er glaubt auch nicht sehr fest an diese
für das Stück wesentlichen Szenen die beste, vielleicht
wettet, daß er die Riedel zum Souper mit¬
die einzig gute ist, haben sie beide recht, der, welcher
perde, verliert die Wette, ärgert sich darüber
für, und der, welcher gegen das Duell plaidiert. Beide
provokant gegen Paul Rönning, den er für
führen sie ihre Sache mit einer gewissen Virtuosität.
ten der Riedel hält. Es entspinnt sich ein
Hier sitzt der Herzkeim des Stückes, das em¬
sel, Karinski nennt das Mädchen ungefähr eine
pfindlich unbefriedigend bleibt; vielleicht wegen des ge¬
porauf Rönning ihm einen Schlag ins Gesicht
wählten Problems überhaupt, vielleicht auch nur wegen
Dr. Wellner (Herr Schön) und der giger¬
dessen an der Oberfläche haftender Behandlung. Denn
di Grehlinger (Herr Hauser hat wohl die
eigentlich müßte das Duell, das der Staat auf der
Ruhe eines Wiener Gigers noch nie studiert),
einen Seite fordert und auf der anderen bestraft, eben
ungs Freunde sind, erbieten sich diesem als
deshalb den Vorwurf für einen packenden tragischen
Der aber erklärt kühl, er werde sich nicht
Konflikt und für ein gutes Bühenstück liefern können.
Er habe einen Buben nach Verdienst gezüchtigt,
Wir haben aber ein solches noch nicht gesehen. Bei
die Sache für ihn abgetan. Karinski habe die
„Freist der Grund, warum es keine gelungene
verdient, er aber solle dafür vielleicht
seine Komit: Der Komiker, der stets furchtbar grandig¬
ist. Man muß aber, wenn die Gestalt wirken soll,
sehen, daß es ein Komiker ist. Wenn man sich
hinsetzt, um nachzudenken, wie man die Rolle am un¬
wirksamsten besetzen könnte, so könnte einem allenfalls Herr
Groß einfallen, der einen biederen, schweren Ton und
nichts von einem Komiker hat. Hier wäre Jules am Platz
gewesen. Die Komik des Liebhabers und Heldendarstellers,
der seine pathetische Art auch im gewöhnlichen Leben
festhält, ging in den Händen des Herrn Bovacs gleich¬
falls verloren. Aber das Publikum, das zahlreich er¬
schienen war, zeigte sich unendlich dankbar, wie immer,
und griff die wenigen Körner des Humors, die auf
fruchtbares Erdreich gefallen waren, mit Freuden auf,
um sich zu unterhalten und zu lachen.
Die äußere Natürlichkeit des Schauspiels litt schwer
darunter, daß die österreichischen Offiziere, von denen
besonders Vogel (Herr Beraun) recht harmlos seiter
nach der Natur gezeichnet ist, in Phantasieuniformen
gespielt werden mußten. Wie ein beträchtlicher Tei des
Witzes auf dem leicht und behaglich behandelten Wiener
Dialekt aufgebaut ist, so gehört auch wesentlich dazu,
daß man sich als Ort der Handlung wirklich eine
Sommerfrische in der Nähe Wiens vorstellen kann.
Übrigens wäre „Freiwild" natürlich auch durch die
getreuesten k. u. k. Kavallerieuniformen nicht zu retten.
Es ist wohl die schwächste und unbedeutendste Arbeit
Schnitzlers. Den Dichter, der so viel Reizendes und
Feines geschrieben hat, bald einmal würdig auf
unserer Bühne zu vertreten, läge sicher im Interesse
der Direktion. Warum es gerade „Freiwild" sein
4. e.
mußte ?
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den Tod eintauschen, den er gewiß nicht verdient habe?
ses zu einer Art von These liegt, ob nun
„Der Schlag aber bedeutet nicht den Schlag,
er sie aufstellen wollte oder nicht, auch im
sondern eine tödliche Beleidigung, wie du sehr wohl
„Freiwild" nahe. Hier aber dürfte sie dem
weißt, sagt Wellner und hat recht. „Was mir in dem
sen Geiste nicht entgegen sein. Im Gegenteil,
Duell geschähe, würde nichts bedeuten, sondern
des Zivilisten. Denn die These müßte lauten:
etwas sein," sagt Rönning und hat auch recht. „Du
Offizier einen Zivilisten, der ihn gröblich
denkst an nichts als an die Gefahr, in der du schwebst.
hat und sich weigert, ihm ritterliche Satis¬
ruft Wellner; „wenn man nachträglich so vorsichtig ist
geben, einfach niederschießen? Und die Ant¬
so hat man kein Recht, vorher so unüberlegt zu sein,
der Dichter am Schluß seines Stückes gibt,
besonders aus rein persönlichen Gründen. Warum sind
bejahenden Sinne zu lauten.
wir anderen nicht empört gewesen?" Und damit hat
es wird vielleicht des Klügere sein, nicht
Wellner wiederum recht. „Das ist euer Fehler, nicht
Absichten des Dichters zu forschen, sondern
der meine," versetzt Rönning, „wenn ihr euch von
das Tatsächliche zu halten. Anna Riedel,
eurem ehrlichen Gefühl leiten ließet, nicht von eurer
einem Sommertheater (von Fräulein
Kodexphilosophie, so hättet ihr alle gestern diesen
dargestellt), ist ein weißer Rabe unter
Menschen von unserem Tische wegjagen müssen
olleginnen, die verkörperte Anständigkeit.
und ihn für ehrlos erklären - nicht mich, weil
berleutnant Karinski (Herr Gerhard)
ich mich nicht schlage." Und damit hat auch Rönning
ese Anständigkeit gar nicht, weil ihm das
wiederum recht. Kurz, in dieser Szene, die von den
fällt. Er glaubt auch nicht sehr fest an diese
für das Stück wesentlichen Szenen die beste, vielleicht
wettet, daß er die Riedel zum Souper mit¬
die einzig gute ist, haben sie beide recht, der, welcher
perde, verliert die Wette, ärgert sich darüber
für, und der, welcher gegen das Duell plaidiert. Beide
provokant gegen Paul Rönning, den er für
führen sie ihre Sache mit einer gewissen Virtuosität.
ten der Riedel hält. Es entspinnt sich ein
Hier sitzt der Herzkeim des Stückes, das em¬
sel, Karinski nennt das Mädchen ungefähr eine
pfindlich unbefriedigend bleibt; vielleicht wegen des ge¬
porauf Rönning ihm einen Schlag ins Gesicht
wählten Problems überhaupt, vielleicht auch nur wegen
Dr. Wellner (Herr Schön) und der giger¬
dessen an der Oberfläche haftender Behandlung. Denn
di Grehlinger (Herr Hauser hat wohl die
eigentlich müßte das Duell, das der Staat auf der
Ruhe eines Wiener Gigers noch nie studiert),
einen Seite fordert und auf der anderen bestraft, eben
ungs Freunde sind, erbieten sich diesem als
deshalb den Vorwurf für einen packenden tragischen
Der aber erklärt kühl, er werde sich nicht
Konflikt und für ein gutes Bühenstück liefern können.
Er habe einen Buben nach Verdienst gezüchtigt,
Wir haben aber ein solches noch nicht gesehen. Bei
die Sache für ihn abgetan. Karinski habe die
„Freist der Grund, warum es keine gelungene
verdient, er aber solle dafür vielleicht
seine Komit: Der Komiker, der stets furchtbar grandig¬
ist. Man muß aber, wenn die Gestalt wirken soll,
sehen, daß es ein Komiker ist. Wenn man sich
hinsetzt, um nachzudenken, wie man die Rolle am un¬
wirksamsten besetzen könnte, so könnte einem allenfalls Herr
Groß einfallen, der einen biederen, schweren Ton und
nichts von einem Komiker hat. Hier wäre Jules am Platz
gewesen. Die Komik des Liebhabers und Heldendarstellers,
der seine pathetische Art auch im gewöhnlichen Leben
festhält, ging in den Händen des Herrn Bovacs gleich¬
falls verloren. Aber das Publikum, das zahlreich er¬
schienen war, zeigte sich unendlich dankbar, wie immer,
und griff die wenigen Körner des Humors, die auf
fruchtbares Erdreich gefallen waren, mit Freuden auf,
um sich zu unterhalten und zu lachen.
Die äußere Natürlichkeit des Schauspiels litt schwer
darunter, daß die österreichischen Offiziere, von denen
besonders Vogel (Herr Beraun) recht harmlos seiter
nach der Natur gezeichnet ist, in Phantasieuniformen
gespielt werden mußten. Wie ein beträchtlicher Tei des
Witzes auf dem leicht und behaglich behandelten Wiener
Dialekt aufgebaut ist, so gehört auch wesentlich dazu,
daß man sich als Ort der Handlung wirklich eine
Sommerfrische in der Nähe Wiens vorstellen kann.
Übrigens wäre „Freiwild" natürlich auch durch die
getreuesten k. u. k. Kavallerieuniformen nicht zu retten.
Es ist wohl die schwächste und unbedeutendste Arbeit
Schnitzlers. Den Dichter, der so viel Reizendes und
Feines geschrieben hat, bald einmal würdig auf
unserer Bühne zu vertreten, läge sicher im Interesse
der Direktion. Warum es gerade „Freiwild" sein
4. e.
mußte ?