II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 302

8. Freiwild
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darauf beschränken können, die dringendsten Angerechtes Bündnis, wir sind dazu bereit; wenn aber wartenzusancen raum so dato durchdringen wird.
legenheiten im Wege von Anfragen zur Sprache zu Ungarn die Kosten der politischen und wirtschaft Betreffs der kommenden Reichsratstagung bemerkte
bringen, so die Förderung des Absatzes ungar= lichen Einheit uns allein zuwälzen will, dann müssen der Redner, daß der deutschen Obstruktion im
ländischer Erzeugnisse im Okkupationsgebiete durch wir auch den Mut haben, die reinliche Schei= böhmischen Landtage die tschechische im Reichsrate
das Reichsfinanzministerium, ferner betreffend die dung zu wollen und durchzuführen. Wenn folgen werde. Die Regierung werde dann wieder
quotenmäßige Aufteilung der Heereslieferungen wir Deutsche die ungarische Staatsidee als voll¬ den § 14 in Tätigkeit setzen. Mit der Losung: „Weg
Redner beschwerte sich dann darüber, daß er bei zogene Tatsache hinnehmen, dann wird es uns nicht mit dem Parlament!" könne er sich trotz der trost¬
Dichter ruft nicht: „Seht, so sind sie!“ — Er sagt dient schon ein bißchen gesunden Zorn. Immer noch
ist es „kurios, daß diese Offiziere mit ihrer
nur: „So ist er!“ Die „Tendenz“ oder die Wahr

Stadttheater.
(„Freiwild“, Schauspiel in drei Akten von heit des späteren „Leutnant Gustl“, die dem k. u. k. wienerischen und polnischen Mundart, mit ihrem
Reserveleutnant Arthur Schnitzler das goldene ganzen österreichischen Typ, der Karinski=Ohrfeige
Erstaufführung
Arthur Schnitzler
wegen in eine Phantasie Uniform gesteckt werden
Porteepee gekostet hat, ist in „Freiwild“ nicht ein
15. September 1904.
Dieses Schauspiel hat eigentlich schon ein ehr¬ mal im Keime vorhanden. Hier haben wir nur die mußten, und daß beispielsweise aus dem Satze der
würdiges Alter. So darf man sagen, wenn der Privataffäre des Herrn Karinski, und was an Schauspielerin Anna Riedel: „Wenn der künstlerische
Geburtstag eines Stückes neun oder zehn Jahre Herrn Karinski typisch ist, fällt ebensowenig einem Ernst darin bestehen soll, daß man bis in die Nacht
die
zurückliegt. „Freiwild“ war der nächste Schnitzler ganzen Stande zur Last, wie etwa ein Defraudant hinein mit Offizieren champagnisiert"
nach der „Liebelei“. Zu den Mücken im Schwarm dem Stande der Kassiere. Wir sehen neben dem Worte: „nit Offizieren" gestrichen wurden. Ist das
gehört es also nicht. Eine kleine Zensur-Sensation herabgekommenen Säbelraßler sogar einige recht nicht komich?
Der Verleutnant Karinski wird in dem Kaffee¬
erweist sich auch immer recht förderlich. Außerdem sympathische Offiziere in dem Stücke, und den
hause des Badeortes von dem Maler Paul Rönning
ist „Freiwild“ mindestens ein wirksames Theater militärischen Ehrenrate macht es ja Ehre, daß
in dem Augenblicke öffentlich geohrfeigt, als er die
Karinski schon vor dieser Affäre vor der Quittie
stück.
Schauspielerin Fräulein Anna Riedel roh ver¬
Zuerst, um unserer recht sehenswürdigen Aufrung steht. Trotzdem wurde „Freiwild“ in Wien
leumdet und beschimpft. Anna Riedel, ein gut er¬
führung möglichst viele Neugierige zuzuführen, ein nach wenigen Aufführungen, einem sehr hoher
paar Worte von der löblichen Zensur! Ich bin nicht Wunsche gemäß, abgesetzt und in Graz Jahre lang zogenes Mädchen aus anständiger Familie, ist aus
in der Laune, ihr den Lorbeer der Weltweisheit zur Aufführung nicht zugelassen. Warum? Weil Liebe zur Kunst und, um ihr Brot zu erwerben,
Schauspielerin geworden. In ihrem ersten Engage
aufs Haupt zu drücken, weil sie „Freiwild“ endlich offenbar ein schlechter Kerl, solange er den Offi
aus dem Loch gelassen hat. Wenn man ein Verbot ziersrock trägt, für den Zensor kein schlechter Kerl ment an dem Sommertheater des kleinen Badeortes
aufhebt, ohne daß sich der Bösewicht veränderte, so sein durfte. Ich bin überzeugt, daß der brave sammelt sie in Fülle jene häßlichen Erfahrungen,
schämte man sich offenbar eines Geisteszustandes, Offizier im Zuschauerraume die Ohrfeige des Herrn die gutgearteten Mädchen beim Theater niemals
der mit der Weisheit wirklich nichts zu tun hat. Karinski mit seinem ehrlichen Gefühle ratifiziert ganz erspart bleiben. Man soll nicht verallgemeinern
und pauschalieren. So unsauber wie an dem
und es als einen ungeschickten Liebesdiens
Solch ein immerhin tapferes Bekenntnis ist abe
noch kein kontradiktorischer Gegensatz zur empfindet, wenn die Behörde die Karinskis schützt. „Kunstinstitute des Herrn Direktors Schneider
geht es selben zu. Die soziale und sittliche Stellung
Nicht=Weisheit. Das Verbot wäre ein österreichisches Für uns Sterbliche zweiter Ordnung ist aber eine
Kuriosum gewesen, wenn das Kuriose in Österreich standesamtliche Zensur überhaupt eine empörende des Schauspielerstandes hat sich gehoben, und es
gibt viele Bühnen — wir brauchen hier nicht in die
überhaupt kurios wäre. Es erfolgte aus keinem Sache. Und wir wissen auch: der Geschlagene hätt
Ferne schweifen —, an denen der Skandal nicht ge¬
anderen Grunde, als weil ein Offizier auf der jedem anderen Stande angehören mögen, so
hätte kein Zensor an der Ohrfeige Ärgernis ge¬ duldet, geschweige denn geschäftlich gepflegt wird.
Bühne geohrfeigt wird. Er erhält nicht etwa ein
Standes=Ohrfeige, der verlumpte Oberleutnant nommen — Nun ist „Freiwild“ freigegeben Der spießbürgerliche Philister jedoch ist stets ge¬
Karinski; nur eine rein persönliche, wohlverdiente worden, aber die Geschichte des Schauspieles, das neigt, sich den Theaterteufel in der Sünden Blüte
Züchtigung für eine niedrige Verleumdung. Der längst über die reichsdeutschen Bühnen ging, ver- vorzustellen. Der Spießer — mitunter ist er ganz