II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 323

box 14/4
8. Freiwild
Wien teien. Einmal wird er die
den dürfen. Wohl verstanden: Der die Brechstange hat, um österreichische Minister zu stürzen. Antwort auf seine Frage bekommen müssen.
gt das ganze pragmatische Budget. So grotesk es klingt, Oesterreich wird dann parlamentarische
seines gediegensten und besten Stückes ge¬
wartete Erfolg
Bauern, Wirthe, Fleischer, Kellner und Stiefelputzer eines
enthält:
stört, weil der Hauptdarsteller Herr Sauer, der mit treuestem
Alpenhotels zu Schauspielern gedrillt, welch treuer Chef und
Zeitung“: „v. Haymerle
Eifer trotz schwerer Krankheit bis zum vorletzten Abend
nachsichtiger Freund er ihnen bis zum heutigen Tage ist, wie
ausgehalten, zusammenbrach. Ungeachtet dieses traurigen
energisch er ihre körperliche Kraft bei allem Nebendienst des
ing des weiblichen Fach¬
Zwischenfalls hat das Deutsche Theater an dreißig Abenden
Theaters zu verwerthen weiß, und wie das Kunstverhältnis
r. „Nachklänge zum
zehn Neu-Aufführungen gebracht.
dieser Bauern an die schöne Poesie der theatralischen Baga¬
tionalen Orientalisten-
bundenzeit gemahnt. Trotzdem wirkt — von den Ausnahmen,
Vier von ihnen waren Ibsen gewidmet,
die der komische Terofal und die herb anmuthige
dessen tiefsinnige Mischung von Dichtung und Wahrheit,
ofessor J. Kirste. Mis¬
ihre Kunst
Anna Dengg zu bieten pflegen
Größe und Dürftigkeit in lebendig fesselnder Darstellung
immer dünner, ihre Literatur immer ermüdender. Diese
zu verkörpern, der Ehrgeiz des Deutschen Theaters ist. In
Einsicht konnte vielleicht längst schon durch die Erinnerung an
den vielen Fahnen=, Partei- und Systemwechseln der letzten
des Romans „Abendkinder
Anzengruber bewirkt werden, sie kam erst heuer, unmittelbar
Literaturjahre hat es dem düster ernsten nordischen Poeten
nach dem Gastspiel des Deutschen Theaters, dessen vollwerthig
volle Treue bewahrt. Trotzdem erfuhr sein von persön¬
Bülow; Seite 14.
Darbietungen eine viel zu gefährliche Nachbarschaft für die
lichen Einflüssen des Autors inspirirter Ibsenstyl, dem
harmlos unbedeutenden Dorfschauspieler waren.
Berliner Richter den Werth einer Mitarbeiterschaft bei¬
Man dankt dem Director unseres Volkstheaters die
messen, hier Anfechtung. Der letzte große Aesthetiker des
tilleton.
Anregung, daß dieses für kurze Zeit den Schauplatz seine
neunzehnten Jahrhunderts fand, daß in der theatralischen
Thätigkeit mit dem des Deutschen Theaters vertauschte.
Volkstheater.
Gewalt Schiller's ein zurückgehaltener Redner, in der selbst¬
Während die Wiener ohne ausreichendes Repertoire
bei zum Gastspiele des Deutschen Theaters.)
ständigen Meisterschaft Goethe's ein unterdrückter Maler,
mit Zurücklassung ihrer bedeutendsten Schauspielkräfte, viel¬
in den stürmisch wogenden Musikdramen Wagners ein ge¬
sind jetzt die Schlierseer wieder
leicht auch mit zu viel Selbstgenügsamkeit und Leichtmut
borener Schauspieler zur Wirkung kommt; aus der Poesie
ung zwischen dem Wiener und dem
in die Fremde zogen, gewann das Berliner Theater seinen
Ibsen's spricht die kluge Sicherheit eines Arithmetikers.
immer vertrauter. Im Vorjahr¬
Erfolg durch den Ernst und die Sorgfalt, mit denen es sich
Die Anfänge seiner Kunst, die den alten romantischen
nen Don Carlos, der allerdings
für Wien vorbereitete. Als gelte es, eine Niederlage abzu¬
Zauberwald erklingen ließen, seine spätere Entwicklung,
he Rhetorik bei Alexander Strakosch
wehren, verstärkte es sein Personal, sicherte es seinem Reper
welche Probleme bekannter Meister in neue, bedeutungs¬
der Schlierseer heuer schließt sich
toire die Werke junger Autoren, die man hier zu hochmüthig
volle Formen brachte, seine volle Reife und Selbstständig¬
Berufsschauspieler dem ländlichen
angesehen, suchte es noch zuallerletzt der Wiener Litera
keit zeigen den nämlichen Zug einer scharf rechnenden
die Zuschauer, welche früher im
Schnitzler,
tur einen Sieg zu erringen. Arthur
Schuhplattler so viel Naturlaute
der dramatischeste in unserem literarischen Nachwuchs, Natur. Die Illusionen, der schwärmerische Funke, das
diese Künstler doch zu oft ihre
blendende Colorit seiner Vorgänger, Alles, was als
sollte mit seinem „Freiwild“ zur Wirkung kom¬
der unsicheren des Theaters ver¬
Pathos oder als Resultat der Erregung zu erscheinen ver¬
Schlierseern wie den Dauern, die men. Dies Stück treibt keinen übermäßigen. Auf
möchte, ist ihn fremd. Die peinliche Behandlung seiner
wand an Tendenz, es wiederholt in schärferer
tionen geistlicher Führer das alt
Figuren, ihre gleichmäßige Führung, die scheinbar volle
moderner Charakteristik die Moral, welche Sedaine
um dann die fromme theatralisch¬
Richtigkeit, in der sie alle Stadien menschlicher Empfin¬
in seinem berühmten Sittendrama „Le philosophe sans le
räglichen Berufe zu machen. Aeußer
dungen vor unserem Auge zurücklegen, die langsame, von
savoir den duellsüchtigen Officieren Ludwig's XV. vorhielt.
ursprünglich naive Auffassung, und
den früheren dramatischen Plötzlichkeiten so gründlich ab¬
Die muthige und doch durchaus zulässige Art, in welcher
dlichen Kunststyl gesehen, erkannte
weichende Wendung seiner Situationen, die ironischen
der junge Wiener Dramatiker für seine Ueberzeugung ein¬
n Dilettantismus. Kaum anders
Scherze, die zeitweilig wie eine Selbstversiflage auftauchen
trat, nahm die Censur zum Anlaß, das Stück zu unter¬
darstellungsvermögen der Schlier¬
diese gesammte verblüffende Vermengung einer bald
drücken. Die Jagd auf das arme „Freiwild" erfolgte au¬
in ihre Geschichte von Anfang
kühn ausgreifenden, bald ängstlich zurückhaltenden, bald
heimlichem Versteck. Der eine unserer Directoren verweigert
lebendig
Münchener Künstlern
doppelsinnig verwirrenden, bald lichtvollklaren Darstellung
Wir wissen, mit welchem Fleiß der die Aufführung, weil er Officier gewesen, der andere unter
ist die Frucht eines Talentes, das die Poesie wie ein
brach rücksichtsvoll die Darstellungen; und nun wurde dem
sen Humor die Sorge deutschen
Rechenexempel behandelt,
tentaten wiederholt weggelächelt, Dichter auch während des Gastspieles der Berliner der er¬