II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 328

8.
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Freiwild
Diese scharf beobachtenden, scharf denkenden und ihre
Absicht haarscharf ausführenden Künstler verstehen es offen¬
bar sehr gut, in fleißigen Proben das Bild der Scene zu
stellen, abzurunden und bis in die geringfügigsten Details
herauszuarbeiten. Sie besitzen einen vortrefflichen Stimmungs¬
motor — das kleine Haus, in dem sie zu spielen pflegen.
Als Förster an Stelle der Leitung des Deutschen Theaters
die des Burgtheaters übernahm, blickte er verzweifelt in die
prunkvollen Räume des neuen Hauses. „Hier ist es vorüber mit
den intimen Wirkungen!" seufzte er. Aehnlich äußerten sich
die Kunstfreunde Wiens schon, als in der josephinischen
Epoche zum erstenmale die Erweiterung des alten Burg¬
theaters nöthig wurde. Damals warnte Sonnenfels, man
möge die Stentorstimmen nicht zu Herren der Kunst machen,
und Iffland ließ sich wie folgt vernehmen: „Man richte
unsere Schauspielhäuser für Stücke von Lessing ein, man
baue sie nicht für die Naumachien der Römer. Die Wüstenei
eines großen Zuschauerraumes zerstört das Behagen an
jeder feineren Darstellung." Das Gastspiel der Berliner
zeigte, wie sehr ihre Kunst in dieser Richtung im Vortheile
gegen die unsere ist. Ihre Technik wird hiedurch einfacher
und natürlicher, ihre Comparserie weniger geräuschvoll,
das Bild ihrer Scene inniger und stimmungsreicher. Man
kennt die Uebelstände, die bei uns Reformen in einem ähn¬
lichen Sinne verhindern, und doch geschieht nichts oder
Verkehrtes, diese herbeizuführen. Gleichmuth und Indolenz
drängen in Wien diejenigen beiseite, welche das Gute
energisch wollen, und lassen Jene schalten, welche das Böse
schaffen. Sicher würde bei einem Wettkampfe unsrer ersten
Schauspieler mit den Berlinern die reichere Individualität
nicht bei diesen sein, zweifellos erreicht auch die norddeutsche
Darstellung nicht die Höhe einer modernen Aufführung, wie
etwa die des „Hannele" im Burgtheater — in der Durch¬
schnittsleistung, in dem resoluten, frischen Ton, in der
schlichten Vortragsweise, in der gleichmäßigen guten Ge¬
sammtbesetzung beginnen die Berliner das einst so schwer
erreichbare Wiener Vorbild zu überflügeln. Das Gastspiel
des Deutschen Theaters zeigte, wie der tüchtige, rührige,
fleißige, nur von den Principien eines gesunden Menschen¬
verstandes beherrschte Nachbar auch auf dem Gebiete der
Kunst ein gefährlicher Rivale ist. Selbst hier beginnt Wien
Berlin gegenüber an den verarmten Edelmann zu mahnen.
Schon gut, wenn wir zum mindesten den Eindruck des
E. Sch.
Edelmannes bewahren.
den bösen Geist der Regierung bezeichnet. Sonnino verwirft
jede Nachgiebigkeit, jedes Zurückweichen — und die äußerste
Linke rüstet sich zum äußersten Widerstande. Hübsche Aus¬
sichten für die beginnende Session!
Vorgestern ist an die Mitglieder der französischen
Kammer der Bericht des Abgeordneten Trouillot über
das neue Vereinsgesetz vertheilt worden, der in
kürzester Zeit — gleich nach Erledigung der Vorlage über
die Altersversorgung der Arbeiter — zur Verhandlung
kommen soll und ohne Zweifel sehr heftige Debatten hervor¬
rufen wird. Der Bericht wendet sich in der Einleitung sehr
scharf gegen die Congregationen. Das Gesetz selbst ist sehr
streng. Wird es in der vorliegenden Form mit den Ab¬
änderungen des Ausschusses angenommen, so müssen die
staatlich nicht anerkannten geistlichen Orden verschwinden.
Die Güter, die sich in ihrem Besitze befinden, gehören, wie
der Bericht Trouillot's ausführt, nicht ihren Mitgliedern,
sondern fallen als herrenlos an den Staat und sollen gemäß
dem Vorschlage Brisson's zur Dotirung der Altersversor¬
gungskasse für Arbeiter verwendet werden.
Mittheilungen aus dem Publicum.
Erste k. k. priv. Donau=Dampfschifffahrt=Gesellschaft.
Donaufahrten.
An jedem Sonn= und Feiertage Vormittags 9 Uhr und Nach¬
mittags 3 Uhr finden Donaufahrten von Wien=Weißgärber caual¬
abwärts bis zur Mündung, im Hauptstrome aufwärts bis zur
neuen Schleuse und sodann zurück nach dem Ausgangspunkte statt.
In beiden Richtungen wird an den Stationen Sophienbrücke
und Praterkai gelandet.
Fahrpreise: Per Person und Fahrt 80 H., Kinder unter
10 Jahren 40 H., k. und k. Militärpersonen (in Civil mit Legiti-
mation) 40 H.
Sarmingstein.
An der bisherigen Haltestelle Sarmingstein wird vom 18. Juni
dieses Jahres an eine Agentie fungiren. Von diesem Tage ange¬
fangen können demnach Frachten mit Gebührenüberweisung und
Nachnahmenbelastung dortselbst aufgegeben und ebendahin befördert
werden.
Die Directien.
Wien. 1. 190.
Clara Rendelstein, Jacob Landsisch,
Veterinär,
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