II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 389

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Das Leben
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anderer Wesen ein, als irgend jemand ihr eigenes
nicht unterwerfen will. Paul Rönning, der reiche, unab¬
wenig dürftig. Als der B.
beeinflussen vermöchte. Doch eine ausgleichende poetische
hängige junge Mann sieht Anna Rieder diesen Kampf
Karinski sich die Genugtuu
Gerechtigkeit verhängt das über sie, was dem Arzte
kämpfen. Um nicht mit zu den Jägern zu gehören,
ihm verweigert hat. Er wo
Arthur Schnitzler als der letzte Trumpf des Schicksals
nennt er sein Gefühl für sie Mitleid, und Anna, aus
und Anna mitnehmen. Ab¬
erscheint und zugleich als das Schicksalmäßigste, das
Furcht, daß sie vor sich und den anderen doch als käuf¬
den Vorwurf der Feigheit
einzige, was jene wirklich zu Boden werfen kann: der
lich erscheinen könnte, nimmt seit seine Freundschaft
schließt er nun, nicht zu fl
Tod. Und merkwürdig: selbst diesen Tod erleiden in
nur zögernd und in genügsamen Grenzen an. Doch ihre
volver zu sich, und ist auf
Wahrheit nicht die Männer, die sterben, sondern die
Lage wird unerträglich, der Direktor des Kurtheaters
Der dritte Akt besteht
Frauen, die daran zugrunde gehen werden. Der Tod
setzt sie auf halbe Gage, um sie kirre zu machen, der
strophe. Karinski, den seine
schließt die Tragödie nicht ab, sondern verursacht sie.
brutale Draufgänger Oberleutnant Karinski verfolgt sie
Rohnstedt und der gutmüti
Man muß das Leben sehr lieben, um den Tod so un¬
in der frechsten Weise, und sie sieht keinen anderen Aus¬
Besinnung zu bringen vers
vestritten als sein tragischestes Ereignis zu empfinden.
weg, als für eine Weile zu ihrer Mutter heimzukehren
letztes Mal auf, sich mit ih¬
In allen dreien: in der „Liebelei", im „Vermächt¬
um sich im Herbst ein neues Engagement zu suchen
liche Weigerung hin knali¬
nis und im „Freiwild, stirbt der reiche junge Mann
Da hat Paul mit dem Oberleutnant Karinski ein Ren¬
Deine Ehre," sagt Rohnste
der der einzige Halt eines armen Mädchens war, aus
kontre; der Offizier, durch das Mißlingen eines neuer¬
über Pauls Leiche zusamm
Ursachen, in die einzugreifen diesem Mädchen vollkom¬
lichen Ansturms auf Annas Sprödigkeit wütend gemacht,
unvermeidliche Arzt und
men unmöglich ist. In der „Liebelei" fällt er im Duell
läßt sich im Verlaufe eines Wortgeplänkels mit Pau
Werke: „Gehen Sie, Sie
wegen einer Frau, deren Existenz das Mädchen, das ihr
dazu hinreißen, Anna gemein zu beschimpfen. Paul
Gehen Sie." Und Anna
liebt und das er zu seiner Geliebten gemacht hat, nicht
schlägt ihm ins Gesicht. Besonnene Kameraden Karinskis
Wohin
einmal kennt, nur in qualvollem Zweifel ahnt. Im
verhüten ein Unglück und führen den Wütenden fort.
Dieses ganze Geschehen
„Vermächtnis ist es ein Reitunfall, der den jungen
Nun soll Paul sich mit Karinski duellieren; zum
wendig und innerlich wahr
Mann schon im ersten Alt tötet, und der die Frau, die
Entsetzen der Sekundanten, sowie seiner eigenen Freunde
dramatische Leben. Es ist
ihm vier Jahre lang ungetrübtes Glück gegeben hat,
nimmt er die Forderung nicht an. Er hat keine Lust,
Daß diese Erzählung nur
samt ihrem Kind zu Parias macht. Im „Freiwild fällt
einer Dummheit wegen sein Leben aufs Spiel zu setzen,
hat, tut nichts zur Sache. A
der tödliche Schuß erst in der letzten Szene, aber auch
oder einen Menschen zu töten; er hat Karinski „nicht be¬
schaut; es ist als zusammen
hier trifft er für unser Empfinden das Weib, das die
leidigt, sondern gezüchtigt. Alles Zureden hilft nichts.
deren Dialogstellen sich vor
Sitte unbarmherzig den Männern ausliefert, wenn der
Die Leute werden ihn verachten? Immerzu. Er braucht
kann in sehr wenig Worten
Mann es nicht schützt; und auch hier beginnt die eigent¬
sie nicht. Und die Sache erhält einen ganz feinen, bur¬
unkompliziert bis zur Dürst
liche Tragödie mit dem Tode des Mannes — also nach¬
lesken Unterton, wenn Karinskis Freund und Sekun¬
wendigkeiten sind durch
dem der Vorhang gefallen ist.
dant, der kluge, besonnene Rohnstedt, nochmals zu Paul
behilft sich Schnitzler mit e¬
Das Freiwild ist die Schauspielerin, die, mag sie
zurückkehrt, und ihn im Namen der Menschlichkeit an¬
Dramatikers, der der Wal
noch so stolz und trotzig sein, nun einmal als Beute für
fleht, den beleidigten Offizier durch Verweigerung der
Personen einführen muß,
alle gilt, die die Hand nach ihr ausstrecken. Nicht nur
Satisfaktion doch nicht unmöglich zu machen. Paul aber
lich mit der Handlung zu
Jäger gibt es in dieser Jagd, sondern auch Treiber, die
findet, er könne auch der Karriere des Herrn Oberleut¬
hier noch an allen Ecken un
das Wild vor den Lauf der Flinte bringen: der
nants zuliebe nicht sein Leben riskieren, das ihn gerade
Leutnant Vogel, weil doch
Theaterdirektor, dessen Interesse es erfordert, daß die
jetzt, nach kaum überstandener schwerer Krankheit, beson¬
kundanten braucht. Da ist
Schauspielerin auch andere Erwerbsquellen habe als ihre
ders freut. Und als Anna, aufgeregt und besorgt, zu ihm
Beng von der jeunesse do
Gage, die Kolleginnen, die in ihrer Unkäuflichkeit,
kommt, bittet er sie, seine Frau zu werden. Diese Szene habe, über den man ein wenn
die sie nicht glauben, nur eine geschickte Konkurrenz sehen
ist von einer ganz unkonventionellen Feinheit. Wie bei
jemand da sein muß, der si¬
die Kollegen, die durch ihre Unnahbarkeit in ihrer Eitel¬
Paul das Mitleid mit der armen, gehetzten Anna so
Sekundant anträgt. Da ist
keit verletzt sind. Und die Jäger: die Kavaliere, denen
stark wird, daß es sich endlich selbst entlardt und sich als
aber verzeiht, daß er auch
die Schauspielerin die beste und doch mit der geringsten
das zu erkennen gibt, was es ist, und wie Anna, wagt,
lung beiträgt, weil er ein V
Anstrengung zu erlangende Sorte käuflicher Weiblichkei
ja zu sagen, obwohl es aussieht, als flüchtete sie nur in
vornehmen Männer ist, die
bedeutet und die es als eine Art Betrug auffassen, wenn
den Hafen, — diese ganze Liebesszene, die keine, ist, ist
nen edlen Typus der Vertra¬
sich eine einmal dem unverbrieften Gesetz ihrer Kaste bester Schnitzler. Dennoch ist selbst dieser zweite Akt ein ferner das ganze Theatergesin