II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 394

8. Freiwil
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Ausschritt aus Pressburger Zeitung
11. 1913
vom
Theater.
Freiwild.
Von Arthur Schniker
Das gestern aufgeführte Drama Arthur Schnitz¬
lers ist eines seiner älteren Werke, es kommt auch
schon ein bißchen spät. Probleme wie soziale Gleich¬
stellung der Schauspieler, moralische Minderwertig¬
keit der Sommerprimadonnen, Ehrenaffären und
Duellkodere sind zum größten Teile heute nicht mehr
vorhanden. Auch hat, sich der Dichter seither abge¬
wöhnt, Mauern einrennen und Gesellschaften bessern
zu wollen, er wurde zum stillen Beobachter und fein¬
gesaiteten Erklärer des Lebens. Trotzdem dies also
eines der schwächsten Stücke Schnitzlers ist, ist es doch
besonders interessant, es der vor kurzem aufgeführ¬
ten Komödie Bernsteins gegenüberzustellen; wohl
werden auch hier programmatische Tendenzen gar oft
ausgeführt und wiederholt; aber die Probleme wa¬
ren einmal wirklich wahr und es fällt kein lautes
Wort, keine große Geberde wird gemacht! Wie
würde Bernstein, wenn er den Mut zu einer tragi¬
schen Lösung hätte, die Erschießung ausgebeutet
haben; einen Monolog von mindestens zehn Minu¬
ten hätten wir zu erdulden, bis die arme Seele end¬
lich ausgehaucht wird. Hier schließt das Stück mit
dem Worte des gehetzten Mädchens: „Wohin?" Wer
es versteht, dem erzählt es ein ganzes Leben; wer
es nicht begreift, dem kann auch eine lange Rede nicht
mehr sagen! Unser eifriger Direktor würde uns
verpflichten, wenn er die neuen Stücke des Dichters
bringen wollte, um das Publikum an diesen substilen
Stil zu gewöhnen. Vielleicht „Der Ruf des Lebens“,
welches Stück auch ungarisch erschienen ist!
Die dramatischen Aufführungen sind immer
recht anständig; jedes Mitglied der Gesellschaft spielt
mit großer Ambition. Gestern waren es besonders
La¬
Frl. Harmath, die Herren Derski
h.
dányi, Gózon, Szákely.