II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 401

8. Freiwild
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(Stadttheater.) Artur Schnittes Schauspiel „Frei¬
wild wurde vor vielen Jahren am Carl-Theater und dann auch
am Deutschen Volkstheater aufgeführt. Es ist eine Jugendarbeit
des Dichters, mit persönlichen Vorzügen und persönlichen Schwächen.
Der zweite Akt ist der beste in seiner ganzen Oekonomie und
szenischen Konzentration. Trotz dieser scheinbar äußerlichen Vor¬
züge hat das Werk aber noch etwas, was „Tendenzstücke" sonst
nicht haben zarten Duft und poetischen Zauber. Das ist theatra¬
lisch und künstlerisch zugleich, während sonst Stücke in den meisten
Fällen entweder theatralisch oder künstlerisch sind. Schnitzler
ist in der dramatischen Psychologie, in der rück¬
sichtslosen Entschleierung alles Seelischen später viel
er gehen — nun mit nur an das unsere Mühe
Land denken — aber Ansätze und Bausteine finden sich schon
hier. Wie trefflich versteht er es, mit ein paar Strichen Menschen
zu zeichnen, ein Milieu festzuhalten. Man fühlt sich sofort
heimisch in seiner Welt, glaubt an seine Figuren und nimmt
Anteil an ihren Schicksalen. So vergißt man, daß das Duell¬
problem vom Sturm der Zeit weggefegt wurde — das rein
Menschliche dieses Konflikts weckt noch immer unser Interesse
Die Friedensatmosphäre, die durch das Stück weht, mutet fas¬
schon historisch an — aber sie ist glänzend getroffen. Dabei
entzückt ein Dialog von seltener Natürlichkeit. Worte voll tieferer
Anmut schweben vorbei, Worte, die nicht bloß Klang haben,
sondern auch Seele. Und das Wertvollste an dem Stück bleibt
die künstlerische Objektivität. Zwei Weltanschauungen kämpfen in
dieser Komödie vom Mannesmut miteinander und beide haben recht,
oder keine. Die Aufführung war sehr sett. Herr Strobl spielte den
Oberleutnant Karinski, eine Figur, die keine Tendenzpuppe ist,
mit eindringlicher Charakteristik. (Herr Hubert Reusch, bot in dieser
Rolle ein Kabinettstück schauspielerischer Gestaltungskraft.) Einen
sehr sympathischen Ton und angenehme Sicherheit hat Herr Zeska.
Fräulein Rosenquist gab die Anna Riedel mit guter Haltung
ohne ins Sentimentale zu verfallen. Einen lustigen Typus schuf
Herr Nerz als Theaterdirektor. Sehr verdienstlich die Herren
Nichter und Norfolk. Lebhafter Beifall begleitete die Wieder¬
aufführung des Stückes,
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Wiener Stadttheater.
(Zum ersten Male: „Freiwild, Schauspiel in drei Akten von
Artur Schnitzler
Ein merkwürdiges Wiedersehen. Jener Dichter, über den
sich so viele beklagen, daß er von der Erotik nicht loskommt, ha¬
eine schöne Spanne Zeit vor dem Weltkrieg ein Kampfstück gegen
die Gesellschaft des Duellwanges, mehr als das gegen die
wassenbewehrte Mannesehre geschrieben und in seiner anmutig
spielerischen Art vieles, das meiste von dem gesagt, was die jüngere
Generation der Hafenclever, Unruh, Zweig anno 1915 bis 1917
in furchtbarer Erregung und recht umständlich aus sich heraus¬
schleuderte. Da ist dieser Oberleutnant Karinski, der Schlachten¬
mensch, von dem seine Kameraden sehr richtig sagen, daß er erst
in Kriege seinen Daseinszweck fände und sein Gegenspiel, Paul
Röming, der dem Waffenkoder die Stirn bietet. Und beide fallen
dem eisernen Muß zum Opfer. Der Kreis der Männer um sie,
jeder ein Thons, ist das Spiegelbild des Zeitalters, dem der
August 1914 folgen mußte. Daß überdies jeder dieser Menschen
ein Schicksal hat, das uns nahe geht, jeder begreiflich wird in
seiner Menschlichkeit, auch der adnungslose Husarenleutnant Bogel
ist hoffentlich für dieses Bühnenwerk noch immer nicht disquali¬
fizierend.
Die Aufführung unter Herzkas Spielleitung war sehr
ansprechend. Am besten Julius Strobl als Karinski. Philipp
Zeska als Paul Röming trefflich, nur ein wenig zu lant. Zu
viel Brustton. Der Röming ist einer von jenen wohlerzogenen
jungen Leuten Schnitzlers, die sich inner in der Gewalt haben.
Er schlägt den Karinske nicht, weil sein Te verament durch
geht, sondern weil er ihn züchtigen will. Thea
Rosenquist gab die Anna Riedl, zu stark agierend, zu
sehr flackernd für dieses edle Mädchen, das sich so tapfer vor
seinem Geliebten verbirgt. Schnitzlers Kunst des largen Andrucks
verlangt nach Darstellern mit kargen Bewegungen und verhaltenen
Ausdruck. Von den übrigen Mitwirkenden, die durchand obens¬
wert sind, wären Adrienne Geßner, Ludwig Ner Fel¬
Norfolk und Paul Richter blondes zu nennen.
9.
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Theater und Kunst.
Stadttheater. Zum erstenmal „Freiwild von
Actur Schnitzler. Das war eine Zeit, wo noch
ehrfurchtsvolle Schauer die Menschheit umfingen,
wenn vom Ehrenrat der Offiziere die Rede war.
Alt und abgestaubt wie Schatten der Vergangenheit
muten diese Menschen, die von Aeußerlichkeiten ab¬
hängen, an. Dem trefflich gebauten Stück brachte
das Publikum ein sonderliches Interesse entgegen.
Die Darstellung durch Fräulein Rosenquist,
die sich als allererste Kraft erweist, und die Herren
Strobl und Zeska war ganz vortrefflich.
.A.