II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 402

box 14/4
8. Freiwild
fen. Der an
ne
„Theater und Kunst.
Stadttheater. Zum erstenmal „Freiwild von
Acker Schnitzler. Das war eine Zeit, wo noch
ehrfurchtsvolle Schauer die Menschheit umfingen,
wenn von Ehrenrat der Offiziere die Rede war.
Alt und abgestaubt wie Schatten der Vergangenheit
muten diese Menschen, die von Aeußerlichkeiten ab¬
hängen, an. Dem trefflich gebauten Stück brachte
das Publikum kein sonderliches Interesse entgegen.
Die Darstellung durch Fräulein Rosenquist,
die sich als allererste Kraft erweist, und die Herren
Strobl und Beska war ganz vortreflich.
de
A.
(Wiener Stadttheater.
Schnitzlers „Freiwild" in einer saube¬
ren und runden Aufführung, die nur in einer
Anzahl kleinerer Rollen versagt. Am besten
Herr Strobl, der den Karinski scharf und
sicher konturiert, einfach und natürlich Herr
Richter und Herr Norfolk in Horatio¬
rollen, lustig Herr Böhm, der nur das gewisse
tierische „Armeedeutsch", das er doch wahrschein¬
lich glänzend kopieren könnte, etwas zu schich¬
tern anschlägt; Herr Zeska in der Hauptrolle
sympathisch, aber ohne Profil. Fräulein
Rosenquist, wunderschön anzuschauen, ar¬
beitet zu stark mit Atemtechnik und anderen Er¬
rungen haften der Routine, die gerade in dieser
Rolle leich zu entbehren wären. Herr Marich
gibt einer Episode etwas von seiner wohltuenden
Menschlichkeit. Die anderen haben zumeist Mit¬
glieder einer kleinen Sommerschmiere darzu¬
gen
stellen, Rollen, die ihnen zum Teil besser
als unbedingt nötig wäre. Als das Stück im
Jahre 1905 im Volkstheater gespielt wurde,
rung war
schrieb Hermann Bahr: Die
stark wie in einer Volksversammlung klatschen
die Leute den verwegenen Reden der gesunden
Vernunft begeistert zu. Da sichst du. Artur,
geht's: Vor acht Jahren, als du sie schrieb
es Frechheiten gewesen, die man die gar nicht
reihen wollte, und jetzt sind's schon Wahr¬
heiten für die kompakte Majorität geworden,
und noch zehn Jahre, und es werden Banali¬
täten sein, hoffentlich, gegen die sich dann eine
neue Jugend wieder ingrimmig empören muß
das ist der Lauf der Wel. Die Welt hat
aber nun, glücklicherweise, einen anderen Lauf
genommen; einen viel rascheren Lauf. Denn den
gefährlichen Punkt, wo es als Banalität wirken
könnte, hat das Stück offenbar übersprungen:
Der Morgen Wien
Stadttheater. Arte Schulers „Freiwild
nicht zu den besten Stücken des Dichters. Das Stück trägt
er die erschalen des künftigen Siegers und
erschien al fresco aufgetragenen Tendenz
eltsam. Um so mehr als all das kaum mehr existiert, was
Schnitzler den Vorwurf für sein Thema gab. Offiziere,
und insbesondere solche Exemplare wie der Nowy
Karinski, gibt es heute kaum mehr, und das Duell ist
eine überwundene Sache. Die Aufführung dieses Tendenz¬
stückes, dessen Wert nur in der großen Auseinandersetzung
über den Unsinn des Zweikampfes liegt, ist also heute ein
Gefecht gegen Windmühlen. Im Stadttheater bemühte ma¬
sich den Staub, der über diesem Schauspiel liegt, durch eine
möglichst gute Aufführung zu verwischen. Aus dieser stad
vor allen die wunderbare Einfachheit des Herrn Zeske
in der Rolle des Malers Rönning heraus. Dieser junge
Schauspieler bedeutet eine Zukunft für die deutsche Schau¬
spielkunst. Ein wirksames Gegenstück dat Herr Stroh,
in der Rosse des brutalen Raufbaldes in Offiziersuniform.
Zwischen diesen beiden Gestalten stand die in ihrer
Herzensnot gut gezeichnete kleine Schauspielerin des
Frl. Rosenquist und die Herren Nerz, Norfolk,
Richter, Böhm und Marich sowie Frl. Schlitter
schlossen sich den Erns genannten in verdienstvoller Weise
an. Das Publikum lohnte die Leistungen der Schauspieler
durch wiederholte Hervorrufe,


heute wirkt es bereits, und zwar het reiwoll,
als Kuriosität. Das Duell ist für keinen
Menschen mehr ein Problem, Schauspielergagen
von fünfundzwanzig Gulden zahlt nicht einmal
mehr Herr Krones, daß ein Direktor seine Mit¬
glieder dazu zwingt, mit Kavallerieoffizieren
anzuhändeln, ist im Zeitalter Karl Forests end¬
gültig unmöglich geworden, und sollte es wirk¬
lich noch irgendwo Verworfene geben, die so
etwas ohne höheren Zwang nun, so ist ihnen
dies durch die Auflösung unserer Front erheb¬
lich erschwert. So erscheint heute „Freiwild“ als
interessantes kulturpichologisches Gemälde, als
ethnologische Studie, als Kostümlick, etwa
Leben und Treiben der Eingebornen Oesterreich¬
Ungarns im Jahre 1897. Es ist aber abseits
von aller sozialen Problematik, die ja immer
veralten muß, ein ausgezeichnetes Theaterstück,
und an diese Qualitäten hält sich das Publikum
an den blitzblanken Dialog, in dem jedes Wort
sedert und sit, an die farbigen, glücklich er¬
schauten Typen und an jene gesunden kräftigen
Ingredientien, von denen nun einmal die
Dramatik lebt: Ohrfeigen, Pistolenschüsse und
die erfrischende Volke „Mensch“ (als
centrum). Jenes Jahr 1897 war überhaupt
recht fruchtbar an Gesellschaftssatiren, denn es
brachte außer „Freiwild auch die Uraufführung
des „Lumpen" von Leo Feld und des „Dreieck
von Oskar Friedmann. Infolgedessen halten sich
in meiner Jugenderinnerung diese Kei Werk¬
so untrennbar zu einem Blumen vermisch¬
ich nicht mehr genau wüßte: war da¬
von Schier, war er
er der hat Herr Peter Fried¬
frigen bekommen.