II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 403

8. Freiwild
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nachmittags anberaumte Sitzung der Bezirksvertretung
Neubat, wurde auf Donnerstag den 23. d.
um 5 Uhr nachmittags verschoben. — Die Bezirks¬
vertretung Meidling tagt Dienstag den 21. d. um
5 Uhr nachmittags.
1919
E
Wenn im literarisch gewordenen Stadttheater
eben Gerhart Hauptmann, August Strindberg, Henrik
Feater, Kunst und Musik.
ben und Karl Schönherr schon durchaus auch Artur
Schnitzler vertreten sein mußte, warum dann gerade
Stadttheater. Freiwili von Artur
nit seinem Tendenzstück „Freiwild, dessen Proble¬
Schnitzt. Damit wir den Werdegang unserer mo¬
mal durch die Ereignisse der Zeit gründlich überholt und
dernen Klassiker nicht etwa vergessen, muß manchmal
hinfällig geworden ist? Der militärische Duellzwang besteht
auf Werke aus ihren früheren Schaffensperioden zurück¬
nicht mehr und damit erscheint allem, was für Sozialetik
gegriffen werden. Weshalb uns heute — welcher sonstige
genommen werden möchte, der Been entzogen. Was soll
Grund wäre denkbar? — das alte, in Wien schon mehr¬
uns noch die Ohrfeige, die ein Zirl. em Offizier ver¬
fach gespielte „Freiwild“ wieder vorgesetzt wurde. Man
abreicht, und was der Pistolensch durch den sich
hat Gelegenheit zur Beobachtung, daß Herr Schnitzler in
dieser an rächen muß, um seine Ehre wiederherzu¬
jüngeren Jahren seine Liebesgeschichten gerne mit einer
stellen? J. Zeitalter der glorreichen Volkswehr ist ma
forscheren Note, am liebsten mit einem Revolverknall be¬
über derlei hoch erhaben, und ein reaktionärer Schurk¬
endete, während er sie jetzt, langsam zu Goethescher Ab¬
wer noch an alten Ehrbegriffen hängt. Was aber sonst no¬
geklärtheit vordringend, viel ruhiger und am liebsten im
Lustspielen zu erledigen pflegt. Auch wird seine Kunst
-
immer konzentrierter, immer exakter. Denn während er
in dem Stücke nebenher läuft, das bißchen Psychologie und
damals noch so nebenbei gegen die Unsitte des Duells
Milieu hilderung aus dem Leben und Treiben einer Pro¬
wettern und gegen das Unwesen dieser blutrünstigen
vinzschmiere, verlobte wahrlich nicht die Musen der sorg¬
Offiziere losziehen konnte, kreisen jetzt seine Gedanken¬
fältig vorbereiteten Wiederaufführung, über deren Un¬
zeitgemäßheit die einandfreien Leistungen der Herren
gänge immer enger und ausschließlicher eigentlich nur
Böhm, Marich, Nerz, Norfolk, Richter,
mehr um das Schlafzimmer, seiner Frauengestalten.
Strobl und Zesta sowie des Fräuleins Rosen¬
„Freiwild", ein schlauer, mit geschickter Berechnung zu
quis nicht hinwegzuräuschen vermochte. Gleichwohl gab es
starker Theaterwirksamkeit hinausgeschleuderter Wurf,
lebhafter Beifall für die gegenstandslos gewordene Ge¬
fand ja auch diesmal wieder seine Schätzer Den etwas
sellschaftssatire von gestern.
kultivierteren Theatergast aber wird es letzten Endes doch
immer wieder abstoßen müssen. — Das Stück ist gestern
von Herrn Strobl, Herrn Zeska, Frl. Rose
quist und einigen anderen Mitwirkenden recht gut ge¬
spielt worden.

Kunst, Wissenschaft und Leben.
Stadttheater. Die freundliche Aufnahme, die an dieser
Bühne Arthur Schnitzlers nun schon 20 Jahre altes
Schauspiel „Freiwild" fand, bedeutet einen Sieg des
Theatralischen, des sicher Handwerklichen. Das Stück ver¬
tritt eine ohne weiteres eingängige Tendenz (gegen die Un¬
vernunft des Duells und gegen die unentwegt auf ihren
Kodex pochenden Grundsätzlichen), stellt die drei Gruppen:
Militär — Zivil — Schauspielervölkchen farbig nebeneinander
und ist obendrein sehr nett gebaut: ein Aufzug im Zimmer
zwischen zwei Akten im Freien, im Kaffeehausgarten, vor
dem Sommertheater. Alles das wirkt volksstückartig und, be¬
sonders, da der von seinen Standesbegriffen übelgeleitete
bankrotte Oberleutnant schließlich Mörder wird, mehr in der
Nachfolge Anzengrubers, als es bei dem ersten Erscheinen
des Stücks ausgesehen haben mag. Jedenfalls verbürgen
diese Eigenschaften eine gewisse Haltbarkeit. Mit diesen äußeren
Maßen stehen leider die inneren nicht in Einklang; Dialektik
führt die Handlung, anstatt daß feierliche Kraft des Wachs¬
tums sie triebe; der Umschwung in der Selee des Helden,
zu bleiben und dem Verfolger, dem er die Satisfaktion
verweigert, zu trotzen, überzeugt nicht von einem klaren
Rechtsgefühl, sondern nur von Starrköpfigkeit, wirkt klein
und degradiert so die Katastrophe zu einem bedauerlichen
Unglücksfall. Geburt der Tragödie aus dem Geist der
Dialektik — notwendig bleibt sie schwachfüßig und findet nicht
ins Frei. Soweit aber das Lebendige durch das Theatralische
zu ersetzen ist, ist es hier erreicht. Die Schauspieler des
Stadttheaters haben sich die günstige Gelegenheit nicht ent¬
gehen lassen und haben flottes Theater gespielt. Am besten
Julius Strobl als der Desperado von Oberleutnant; er
hatte Haltung und Charakter. Das Liebespaar gaben Thea
Rosenquist, der es zwar nicht an Hübschheit, leider
aber eben so sehr an Wohlklang als an Herz gebricht, und
Philipp Zeska, der sich an dieser Bühne sehr erfreulich
entwickelt; doch schien auch bei ihm die Gemütskraft in der
Liebesszene nicht auszureichen. Unter dem Theatervolk fiel
die Natürlichkeit des Komikers (Alexander Marichs) auf, und
herzhaft bei der Sache waren auch die Herren Norfolk,
Richter, Walter, Böhm und die Damen Schütter und Geßner,
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