II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 15

7
an
11
191
tich
n
Liebelei
box 10/1
5. Lrenclel
J 0 Aclonnschterr
Reglerung, sondren gegen das ganze kpnontänische dem Eintritt der Regenzeit zu verlängern, dann Ende gebracht hat. Und gegen die Stimmung,
System sich erweitern. Unglücklicherweise kamen die wäre die Situation für die Soldaten auf Madagascar endlich eine böse Angelegenheit los geworden zu
abgezehrten Zeugen und Opfer des mühseligsten weniger gefährdet gewesen, als die Situation des sein, siegreich und mit Ehren los geworden zu
aller mühseligen Feldzüge in Frankreich an, eine Ministeriums in der Kammer, welches einem Hagel sein, gegen diese Stimmung werden die nicht auf¬

ihnen den Witz, den persönlichen Erfolg beten sie an als fälligen Erledigung eines gewinnbringenden Geschäftes: was
Burgtheater.
ihren Gott, der gemeine Egoismus bildet ihr unverschämtes
der Dichter zum Fenster hinausgeworsen hat, kommt ihm
„Liebelei“, Schauspiel in drei Acten von Arthur Schnitzler. —
Glaubensbekenntniß, ein falscher Ehrbegriff manisestirt ihre
durch die Thür doppelt wieder herein. Und mit welcher
„Rechte der Seele", Schauspiel in einem Acte von Giuseppe
Gesinnung, im modischen Sport huldigen sie der Kunst,
meisterhaften Sicherheit ist das heitere Beisammensein des
Giacosa; deutsch von Otto Eisenschitz.
und an Stelle des männlichen Ernstes rücken sie die weibische
leichtsinnigen Doppelpärchens geschildert, ohne das Anstands¬
In seinem Schauspiele „Liebelei“ hält Arthur Schnitzler Renommage.
gefühl des Zuschauers auch nur im Geringsten zu verletzen! Die
unserer großstädtischen Jugend den Spiegel vor. Sie
Aber von alldem, wird man einwenden, ist in Decenz hat sich bei der Frechheit in Dienst begeben und
mag sich darinnen betrachten und zusehen, wie sie sich
Schnitzler's „Liebelei“ wenig oder gar nicht die Rede. O
wartet mit gefälligem Lächeln auf. Eine verwegene Grazie
gefällt. Das Bild ist kein umfassendes, weil es nur den
doch! Wer ihre traurigen Helden schärser ins Auge faßt,
balancirt die Kunst des Dichters über die heikelsten Stellen
mönnlichen Theil des jungen Wien in sich begreift und auch
wird die sentimentalen Lumpe, nervösen Zierbengel und be¬
hinweg, so daß wir von der Anmuth des bezauk ernden Seil¬
da nur eine bestimmte Classe der höheren Gesellschaft trifft, liebten Clowns, den lächerlichen Stolz so vieler Salons, zu
tanzes hingerissen, die Fährlichkeiten desselben vergessen.
aber es ist in seiner bedingten Einseitigkeit vollkommen und,
Dutzenden in ihnen wieder erkennen. Und das Schlimmste
Während der mit allem Behagen des sicheren Genusses aus¬
wie jeder unbefangene Beobachter socialer Zustände gestehen
daran ist, daß man diesen Schlingeln, dank der unwider¬
gestatteten Scene, welche die entgegengesetzten Temper gente
muß, ein treuer und reiner Reflex der Wirklichkeit. Mit
stehlichen Liebenswürdigkeit, die alles Wienerische mit ihrem
und Charaktere der Verliebten und deren Beziehungen zur
schauderndem Behagen sehen wir es an, zugleich angezogen
Rauschgold überflittert, nicht einmal gram werden kann.
Innen= und Außenwelt im bunten Wechsel der Farben be¬
von ihm und abgestoßen, voll Mitgefühl und Widerwillen,
Umso dankbarer wollen wir dem Dichter sein, welcher in leuchtet und erhellt, bereitet sich schon das Verderben vor,
zwischen Hoffnung und Besorgniß schwankend. Das also
einem tragischen Beispiele die Weltanschauung und Lebens¬
das der augenblicklichen Fröhlichkeit und dem Gaukelspiele
wären unsere Söhne, die berufen sind, das abgebrochene
führung der verhätschelten Gesellschaftskinder blutig ad
der Uebermüthigen für immer ein Ende mit Schrecken be¬
Werk unserer Hände fortzusetzen, den von den Vätern nicht
absurdum führt. Er thut dies in so sachdenklicher, objectiver
reiten wird. Er hat sich zum Ausgange gerüstet, der finstere
erreichten Zielen näher zu kommen, den großen Bau der
Weise, mit solcher Feinheit der Darstellung, mit so sprudelndem
Würger, der in vielerlei Gestalt dem Menschen entgegentritt,
Zukunft vollenden zu helfen? Ja, das wären sie! Fritz
Geist und so schlichter Poesic, daß seine moralische Grund¬
der ungebetene Gast, der die Schwelger beim üppigen Mahle
Lobheimer und Theodor Kaiser, die flotten Tagediebe, sind
ansicht kaum zu bemerken ist. Letztere tritt nur, wie es sich
überrascht, der steinerne Ritter des Don Juan: der Tod.
ihre Typen. Wohin entschwanden eure Ideale, ihr Be¬
gebührt, in den Consequenzen seiner dramatischen Voraus¬
Diesmal erscheint er in der Maske des verrathenen Freundes,
klagenswerthen? Wofür könnt ihr euch noch begeistern, ihr
setzungen zu Tage, und eben diese seine Kunst verführt den
des betrogenen Gatten und fordert sein Opfer. Wir sahen
Blasirten? — Das Ideal dünkt ihnen ein altmodischer
Unkundigen, ihn für weniger sittlich zu halten, als er ist.
ihn, durch die von Ahnungen gesolterte schuldbewußte Seele
Zimmerschmuck, der Enthusiasmus ein Kaminfener, an dem
Gewiß erregt es anfangs Befremden und muß manches ehr¬
Fritz Lobheimer's hindurch, schon längst von weitem kommen?
sie die Füße wärmen. Alles, was das Dasein lebenswerth
liche Gemüth gegen den Dichter aufbringen, wenn wir den
jetzt biegt er um die Straßenecke, jetzt tritt er ins Haus,
macht, was dem Räthsel der Welt seine geheimnißvollen
ersten und längsten der drei Acte an ein intimes Sonper,
jetz steigt er die Treppe herauf, jetzt steht er vor der Thür
Schrecken nimmt, was den Menschen vom Thiere zu den
mit dem zwei Studenten ihre Grisetten abspeisen, verschwendet
— die Klingel ertönt, und er ist da! Der fremde „Herr“.
Göttern emporhebt, was ihn über Grab und Tod triumphiren
sehen. Aber diese scheinbare Verschwendung entdeckt sich bei
will offenbar in seiner Wuth die allerkürzeste Abrechnung mit
läßt, ist ein Kinderspott und Ammenmärchen für sie ge¬
näherer Prüfung als ökonomische Maßregel. Wie irgend ein
dem Räuber seiner Ehre halten; denn er hat den geladenen
worden. Ihre Geister sind verbrannt und verödet, ihren unternehmender Speculant Tausende für ein glänzendes Fest
Revolver in der Tasche. Noch gestern Abends war er mit seiner
ausgehöhlten Herzen fehlt die Liebe. In der unseligen Ver= ausgibt, um von der geneigten Stimmung seiner Gäste
Frau und Fritz im Theater und später im Restaurant gemüthlich
blendung ihrer überseinerten Sinne nehmen diese Surrogat= Vortheil zu ziehen, so dient auch das breit und bis ins
beisammen gewesen, heute Morgens hatte er seine Frau, in
jünglinge den Schein für das Sein; der schale Spaß ersetzt äußerste Detail hinein ausgeführte Bacchanal zur unauf= die Wohnung des Freundes zum Rendezvous schleichensge¬
Ntaig üiner