II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 26

Liebelei
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5. LiezeeT
W
Shunn der e#stellen und im entscheidenden Augenblick ab=Massi
„ 9u1, 1 unserg
gsfähigen zur Steuer und Entlastung der fallen.“ Ob die Fünf damit nicht unbeab= bloß
daran zu erinnern. Stein umsulams
##wirthschaftlich Schwächeren. Das sind sehr
sichtigt eine Satire auf ihr eigenes Thun ge=wen
von dem Baue ab, der den festen Wall der beherzigenswerthe Dinge, aber das ist ein Pro¬
960
schrieben haben?
Deutschen Oesterreichs wider den Ansturm ihrer gramm, welches jeder national und fortschrittlich
liebi
Pres
politischen und nationalen Feinde bildet. Es gesinnte Deutsche unterschreiben kann und d#e im
sie getragen, still und allein. Wie vordem ihre Liebe Alltagsmoral im Theater für Giacosa's Schauspiel zu shein
Burgtheater.
bekehren, unabwendbar scheitern. Dennoch beklagen wir liebe
hält sie nun den Schmerz um den geliebten Todten in
Schauspiel in einem ##t von Ginseppe
„Rechte der Seele“,
es nicht, daß der Dichter sich über dieses Bedenkenlist
ihrem Herzen verschlossen, bis zu dem Augenblicke, da ein
Giacosa. Deutsch von Otto Eisenschütz. = „Liebelei“. Schau¬
Zufall ihrem Gatten die Brieftasche des Todten, und damit muthig hinweggesetzt und ohne Zaudern dem Drange Abe
spiel in drei Akten von Arthur Schnitzler. Zum erstenmale auf.
geführt am 9. Oktober,
das Geheimniß seiner Liebe in die Hände spielt. Hier setzt nach Wahrheit den Vorzug gegeben hat vor den auf und
„Ich empfinde nun die Reue meiner Tugend!“
Im
das Stück ein. Giacosa ist, wie in seinem Drama die Sympathien der großen Menge gestellten Bühnen¬
Solche Worte im Munde eines Weibes, dieses Weib
„Sündige Liebe“, auch hier wieder der breiten Heer=Itraditionen. Wenn der Konflikt wahr ist — und er ist Aus
die Heldin eines Dramas, und dieses Drama aufgeführt
straße, auf der die Lorbeeren des Erfolges mit der wahr — dann hat der Dichter mit der Aufrollung Autg
im k. k. Hof=Burgtheater! Wahrhaftig, wenn Direktor
Hand zu haschen sind, aus dem Wege gegangen. Er seines Problems und dessen durchgeistigt künstlerischer Nor#
Sch#
Burckhard sich nicht erst kürzlich durch die Streichung schiebt die mühelosere und dankbarere Aufgabe, die Behandlung auch der Moral einen Dienst geleistet, in¬
des Großinquisitors im „Don Carlos“ als ein „Gut¬
dem er klar und überzeugend darlegt, daß in den hab
Schilderung des Kampfes zwischen Pflicht und Liebe,
gesinnter“ legitimirt hätte. man müßte glauben, daß er
gebildeten Ständen wenigstens die ethischen Anforde= daß
geringschätzig bei Seite und greift sich das schwierigere
der bestehenden Kinst= und Gesellschaftsordnung den
rungen an die Ehe von einem höheren Gesichtspunkte daß
Problem heraus, den Kampf um die Rechte der
aus betrachtet werden müssen, als von dem der kun
Krieg erklären wollte, als er Giacosa's Schauspiel
Seele, um jene Rechte, kraft deren jeder der beiden
Katechismus=Weisheit, daß Mann und Weib ein Leib. sprc
„Rechte der Seele“ zur Aufführung annahm. Eine
Ehegatten wie auf den physischen, so auch auf den un¬
Auch die Rechte der Seele verlangen ihre Berücksichti¬ Da#
Frau, die ihre Tugend berent! Klingt dieses Be¬ getheilten seelischen Besitz des Anderen Anspruch er¬
gung. Das Beweisthema, wie es Giacosa gestellt und Her
kenntniß nicht so revolutionär, daß darüber die Zöpfe heben darf. Paul, Annens Gatte, steht geistig und sitt¬
mit scharfem psychologischen Blicke bis aus Ende führt,
aller Kunst= und Moralphilister vom Kategat bis lich hoch genug, um den Werth dieser Rechte, so weit
ein
ist interessant genug, um ein Publikum zu fesseln. Dem läßt
zur Adcia ins Wackeln gerathen müssen? Und
sie ihm zustehen, zu erkennen und zu schätzen. Der letzte
doch bildet dieser Satz die Grundlage, die sittlich ernste
packenden Reiz seiner Wirkung hat sich auch das Pre¬ das
Brief, den Anna an den Selbstmörder gerichtet, liegt
Grundlage des neuen Schauspiels von Giacosa. Freilich,
am
vor ihm. Wieder und immer wieder liest er: „Ich liebe
von der altväterischen Theatermoral: „Wenn sich die
meinen Mann.“ Aber der Zweifel frißt an seinem Her= vermocht, und wenn auch nicht ganz begriffen, em=sich
liefe Wahrheit, die
Tugend erbricht, setzt sich das Laster zu Tische“, ist das
pfunden hat Jedermann die
zen. Sie ist rein, sie ist ehrbar geblieben, das ist ihm
die in
den „Rechten der Seele“ zu
Stück eben so weit entfernt, wie von der bunt auf= unumstößlich klar. Aber „es gibt tausend ehrbare Weiber,
schli
geputzten Tugendapotheose der französischen Ehebruchs= doch nur Eine, die ich liebe, von der ich geliebt sein will“.
poetisch schönem Ausdruck gelangt. Daß trotzdem als
dramen, obgleich es ein moralisches Stück ist. und ob= Von ihr will er es hören, daß sie auch die Rechte der
der äußere Erfolg des Schauspiels nicht dessen innerem wen
gleich es ein Ehebruchsmotiv, das des geistigen Ehe¬
Seele ihm gegenüber nicht verletzt habe. Und die Rechte Werthe entsprach, liegt wohl zum großen Theile an der Geg
verfehlten Darstellung. Die psychologischen Feinheiten lansch
ihrer Seele? Was frägt er danach. Mit rauher Hand
bruches, der seelischen Untreue, behandelt. Geistiger
entreißt er ihr das Geheimniß und reißt damit das
Ehebruch, seelische Untreue! Was versteht man darunter?
des Dialogs, die der deutsche Uebersetzer Otto Eisen=nur
Band entzwei, das sie an ihn geknüpft. Sein Rechtsschütz trefflich festzuhalten verstand, gingen in dem
kan
Nicht die sündhafte Versuchung, nicht das frevle
auf ihre Seele, er macht es geltend mit herrischem Un= vergröberten Spiele des Herrn Hartmann, der den
Spielen mit der Gefahr, nicht den Zick=Zack=Gang auf
gutel
dem Wege der Tugend und Pflicht, mit denen die
Paul im Style der französischen Ehebruchsdramen ab= eine
gestüm, und seine Seele — sie gehörte wohl keiner
Anderen, aber auch nicht ihr, sonst hätte es mitzittern
wirselte und herunterpolterte, fast durchwegs verloren. söhn
französischen Bühnen=Magdalenen die Sinne der
müssen bei den heftigen Zuckungen ihres Schmerzes
Frau Hohenfels verfügt wohl über ein reiches Re= zwei
Männer kitzeln und die Nerven der Frauen in Auf¬
und ihrer Qual in seinem Inneren, hätte er ahnen, gister von Tönen für die flötende Musik der gekränkten #aela
regung setzen.
Unschuld, aber für die grollenden Akkorde des verletzten
mitempfinden, sie unterstützen müssen in dem schweren
Anna, die Heldin Giacosa's, hat nie die Ver¬
Rat
Kampfe gegen die Versuchung und den Versucher. Er
Weibes, für den verzweifelten Aufschrei der seelischen Viol
suchung an sich herankommen lassen, hat nie mit einem
Empörung ist in der reichen Schatzkammer ihrer Be¬ den
sündhaften Gedanken ihre Keuschheit befleckt; sie hat aber „schlief neben ihr“, und wußte nichts. Und nun
gabung eben kein Instrument vorhanden, kein stimm¬
einen Mann geliebt, der nicht der ihre war, aber sie zuletzt, da sie ihrer Treue Alles hingeopfert, ihre Liebe
hat das Geheimniß dieser Liebe tief in ihrer Seele ver= und den Geliebten, nun wühlt er mit grausan er Selbst=liches und kein schauspielerisches. Wo waren denn Herr
The
Mitterwurzer und Fräulein Sandrock?
schlossen, es mit keinem Worte, mit keiner Miene ver= sucht in ihrem Schmerze, zertheilt die Rechte ihrer Seele,
Theck
Reicher an äußeren Ehren als der italienische war der
rathen, weder ihrem Manne noch dem Anderen. Und bis sich ihrem gefolterten Herzen der Entrüstungsschrei
mit
Wiener Dichter. Wohlgemerkt. wir sagen Dichter und
als er immer drängender, immer stürmischer wurde, der entringt: „Ich empfinde nun die Reue meiner Tugend“,
eine
und sie von ihm geht auf immer.
nicht Dichtung, weil wir Giacosa kein Unrecht thun
Der
Ardere, da setzte sie sich hin und schrieb ihm: „Ich
An der Klippe dieses Entrüstungsschreies wird möchten. Dem Fremden wird der Beifall ausschließlich aus
liebe meinen Mann“, schrieb ihm damit das Todes¬
urtheilt Eine Stunde später war er todt. All das hat allerdings jeder Versuch, die gläubigen Anhänger der nach dem Eindruck seires Werkes zugemessen, der ford
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