II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 39

5. Liebelei
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nselben
der zenen Gegenstand.)
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Bersin
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heimniß ihres Herzens, hat die Todesbotschaft vor ihr
Vor den Coulissen.
empfangen, er kämpft aber vergebens mit sich selbst,
Unser wiener Correspondent schreibt uns:
um sie ihr zu hinterbringen. Ueber leise Andeutungen,
erengt sind die Fesseln, die mehr als ein Jahr¬
die der gemüthvolle Alte fast immer sofort widerruft,
hundert, so lange nämlich besteht das Burgtheater, dem
bringt er es nicht hinaus, bis Christine aus dem
Repertoir Gewalt anthaten, die Berührung der Bühne
Trauerkleide und der Miene des eintretenden Theodor
mit der Strömung der Zeit hinderten und, wie ja
alles erräth und dann aus seinem Munde die traurige
Laube in seinen Burgtheater=Erinnerungen klagt, das
Wahrheit erfährt. In tiefer Ergriffenheit eilt dann,
Amt des Directors zu einem so sauren machten. Es
ihrer Sinne taum mächtig, das tiefgebeugte Mädchen
bleibt immerhin ein unbestrittenes Verdienst, oder
von hihnen, um das Grab des Verblichenen zu be¬
richtiger, das eine Verdienst des derzeitigen Leiters
suchen; der Vater indeß sinkt weinend hin mit dem
unseres vornehmsten Schauspielhauses, daß er den
Jammerrufe: „Ich fürchte, ich werde sie nimmer
Muth hatte, der Freiheit in der Dichtung eine Gasses sehen . ..“ Die Komödie ist zu Ende. .
Die
zu bahnen, der neuen Zeit Einlaß zu gewähren in Scenen zwischen Vater und Tochter und dann zwischen!
das kaiserliche Theater. Es
ist ja längst nicht mehr, dieser und Theodor sind mit nicht gewöhnt der Kraft
wie Laube es
ironisch nannte, ein „Com= geführt. Alles in Allem aber kein regelrecht gebautes
tessen=Theater", ein Theater in usum del-Theaterstück, sondern mehr eine — Liebelei mit der
phini, und die Comiessen von heute sind auch Muse. Die einheitliche, höchst realistische Darstellung
bei weitem nicht mehr so
zimperlich
wieließ indeß die Schwächen des Werkes den Augen des
ehedem. Dennoch saßen die Burgtheater=Besucher
Publikums gelinder erscheinen, die unleugbaren Vor¬
gestern Abend wie versteinert da, als mit einem Male
züge dafür um so leuchtender hervortreten. Son¬
ein breiter Strom echter wiener Luft vom Podium
nenthal bot echte Natur, ungekünstelten Realismus.
herab in's Parquet drang und sie bekreuzigten sich
Er sprengt auch die verschlossensten Herzen durch die
förmlich, als vom Klavier ein Gassenhauer erklang Zaubergewalt seines Gemüthes. Adele Sandrock
einer der Darsteller vom Orpheum und vom Theater
hat die sympathische Gestalt der Christine mit meister¬
in der Josefstadt sprach und ein Fenster statt auf die
licher Charakteristik über das Niveau emporge¬
Pyrenö= oder auf Lesbos die Aussicht auf den
hoben, auf welches der Dichter sich stellte. Man kann
Kah' nverg erschloß. Man denke: Clownspäße aus
das aufquellende Gefühl nicht zarter, den Schmerz
dem Orpheum, Anspielungen auf wiener Localverhält¬
nicht ergreifender und überzeugender darstellen. Ihr
nisse und die Rebengelände des Kahlengebirges im
sinnlich=heiteres Gegenstück, eine Gestalt von Tempera¬
aristokratischen Burgtheater — welche Profanation,
ment und Lebenslust zeichnete Fri. Kallina mit
welche Verwegenheit! Aber dem Muthigen gehört die
wirklichem Talent. Die Herren Kutschera (Fritz)
Welt. Das Experiment, welches das Burgtheater mit
und Zeska (Theodor) waren äußerst wirksam, ins¬
dem aus dem Volleu des wiener Liebeslebens ge=besondere bildete das mondscheinhafte Wesen des
schöpften Sittenbilde „Liebelei“ von Arthur
Ersteren einen guten Contrast zu der burschikosen
Schnitzler, dem Begabtesten und Uiserschrockensten
lautvergnügten Art Zeska's. Schnitzler darf denn
unter den wiener „Modernen“ gewagt hat, es ist nicht
mit seinem Publikum, welches ihm viel Wohlwollen
mißlungen. Das Stück fängt allerdings erst dort an entgegensrachte und erst gegen Schluß wider die
dramatisch zu werden, wo das Publikum anfängt —
allzulaute Freundesclaque protestirte, vollauf zu¬
unruhig zu werden, nach der Uhr blickt und die
frieden sein.
Garderobenummer aus der Tasche holt, fesselt aber die
Auch Giacosa, der Autor des jüngsten Pro¬
letzten zehn Minuten mit hypnotischem Bann.
ductes des italienischen Verismo: „Die Rechtei
Das Milieu, welches Schnitzler bietet, ist nicht
der Seele“
welches wir als hors-d’oeuvrel
neu, aber doch reich an markanten Zügen. Scharfe
vorgesetzt erhielten, ist glimpflich davongekommen.
Beobachtung, ja mehr als das, tiefe Seelenkunde be¬
Sie haben ja
gelegentlich der berliner Auf¬
kundet der Dichter in mitunter überraschender Weise
führung ihre Eiwände gegen diese angeblichen
an jeder einzelnen Figur. Aber der Abklatsch des
„Rechte der Seele“ erhoben. Auch das hiesige Publi¬
wiener Lebens, den uns Schnitzler vorführt, vermag
kum stimmte mit den Absichten des Dichters und seiner
uns doch nicht zu befriedigen, weil er sich so sonverän
dramatischen Studie keineswegs überein, umsomehr
über die Gebote der Bühnentechnik hinwegsetzt. Das
erkannte es die feingeschliffene und geistvolle Dia¬
Werk erfüllt so gar nicht die Forderungen, die wir
lektik der Frau Hohenfels an, an der die Frauen¬
nun einmal an das Drama stellen. Es ist ein stizzen¬
seele und ihre vermeintlichen Rechte eine glänzende
hafter Vorwurf voll fesselnder Details, die aber an
Vertheidigerin fanden. Herr Hartmann gab den
der Oberfläche haften. Er will die ernsten Folgen
platonisch gehörnten Gatten mit Würde und Eleganz,
des Liebesbundes schildern, welcher zwischen einem
nur verleitete ihn die unüberwindliche Schauspieler¬)
unverdorbenen Vorstadtmädchet mit einem flotten,
eitelkeit, die Rolle so gewinnend und voll Geist dar¬
weungleich ernst veranlagten Bruder Studio be¬
zustellen. daß man nicht begreifen konnte, daß die
steht. Dieser, Fritz, hat nur eine flüchtige
Frau dieses Mannes unverstanden geblieben ist.
rein äußerliche Neigung zu Christine, der Tochter eines
Indeß ist
die Schuld des Darstellers aber nicht so
Geigers an einem Vorstadttheater gefaßt, die er als
groß; auch Giacosa blieb ja unverstanden.
Spielzeug, als passagere Sorgenbrechermn betrachtet.
Anders Christine. Sie besitzt noch die idealsten An¬
schauungen von der Liebe und hat eine ehrliche, tiefes
Reigung zu Fritz gesaßt. Möglich, daß der Zaubers
der Reinheit, welchen Christine ausströmt, auf Fritz
veredelnd wirkt — der Autor läßt uns darüber im
Ungewissen, denn sein Held fällt im Zweikampfe mitt
einem Manne, dessen Gattenehre er in den Staub¬
getreten. Die Entladung des Gewitters über dem
Haupte des leichtlebigen
Fritz
ist mit einens
Raffinement durchgeführt
das
an
die besten
Seribe'schen oder Augier'schen Momente gemahntz
Fritz und sein Freund Theodor
„Dori“ ist
sein verwienerter
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