Liebelei
5. Mense1 box 10/1
duß es eöenso ldenig ein cheistliches Stcch.).
—
christliche Naturwissenschaft gebe. „Die Fragen des öffent= übermenschliche Milde gegenüber den — seiner eigeneufe
das Christenthum und seine Lehren Broschüre „Die Frauen u
lichen Lebens," führte Sohm aus, „sind Fragen der Gerechtig=Charakteristik nach —
guten Sache einen guten
keit, das heißt, sie sind Fragen von dieser Welt. Sie werden schändenden Fractionen und Strömungen an den Tag legt,
gegen die Frauenärzte auf
so hilft ihm das bei den Preßorganen der christlich=socialen
lassen, daß es eine Pflicht
durch das Christenthum nicht gelöst. Es gibt keine christliche
den Weg zum öffentlichen
Partei blutwenig. Die Meute fällt über ihn her, als ob
sociale Ordnung.“ Wir wollen den Rechtsgelehrten und
er vom heiligen Eifer übermannt, ihnen zugedonnert hätte: Wem soll das Argument
Theologen Sohm nicht gegen den Dominikaner Weiß ausspielen.
„anatomischen“ Schuld
hinaus, welches wohl nur diese Christine mit Liebe ver¬
Druckerfirma hinunter studirt; wir sehen sie mit Rücksicht
Fühlen ist rein; sie häl
wechseln kann. Am Plagiat=Riechen könnte sich selbst meine
auf den Theaterbeginn ihre Rendezvous fixiren. Ein Wort
aufgewachsen, in die sie
„Objectivität“ beim besten Willen da nicht betheiligen. Wenn
holt zahlreiche Vorstellungen herbei — das ist eben dichte¬
für Liebe und geht a
man nach dem Schema: „Santuzza ist eifersüchtig und
risch und das müßte ich anerkennen, wenn ich sogar auch
tragischen Irrthum zug
täglich den Frühstückkaffee mit Schnitzler gemeinsam bei Christine ist eifersüchtig, Lola nimmt's leicht und die
„arm unwissend Kind
Schlager=Mizi nimmt's leicht“, die Schnitzler'sche „Liebelei“
Griensteidl schlürfen würde.
aus der „Cavalleria rusticana“ herleiten will, so führt das Schuld der sich nichts
Ohne Zweifel! Er hat es von den Franzosen. Da
könnte ich Freund Schnitzler vielleicht packen — wenn sie's zu der gefährlichen logischen Consequenz: „Mein Pudel liebt! mörderin hinzugesellt. 2
nicht eben Alle von den Franzosen hätten; auch Ibsen kann! Zucker, meine Cousine liebt Zucker, folglich ist meine Cousine bild der deutschen Jung
Mädchen ist glücklich, wei
sie nicht verleugnen. Wenn der locale, wienerische Stoff jenes ein Pudel“ ... Man hat, als die bürgerliche Tragödie
eine Gretchen=Tasche T
allgemein wurde, den ästhetischen Mangel beklagt, daß ihren
Art vollkommen aufzusaugen versteht, daß kein Rest bleibt,
Gestalten die „Fallhöhe“ der großen Tragödie fehle. Die kommt daher, weil die
wenn, wie bei Schnitzler, auch nicht die leiseste Nuance
Stellung der Schnitzler'schen Vorstadtbürger mit dem engen diesem Gretchen den r#
Unwienerisches, Fremdes verräth, so entfällt jeder Vorwurf.
Horizont mindert diese „Fallhöhe“ noch beträchtlich herab, Im Banne dieses leibh
Der lustige Theodor, welcher keinen Beruf hat, als sich mit
und Christine ist eigentlich schon gefallen, bevor sie von dem Wenn eben dieser Teuf
„süßen Mädels“ von den „dämonischen Weibern“ zu erholen,
Geschick gefällt wird. Was sich aber von Tragik über ein Schmuck verwandelt, so
meint, daß Christine durch Notenschreiben unmäßig Geld
solches Wesen häufen kann, hat Schnitzler erschöpft. Kein pagnerflasche knallt, da
verdienen könne. Christine aber beurtheilt ebenso unerfahren
die Verhältnisse ihres geliebten Freundes. Diese Trennung falsches Pathos, keine Tiraden des Ueberschwangs heben uns Moralisten ab; sie kön
kleiner Horizonte ist echt wienerisch. Zwischen den An=über das Maß der in diesem Milieu möglichen Fallhöhe; so heiß und wahr und
„sie kehrt Geliebten aber ferngeh
es entwickelt sich das tragische Verhängniß
schauungen liegt der historische Wall, die „Linie“, welche die
Empfindungen der Städter allzu eng nach außen abgrenzte nicht wieder“ — aus dem beschränkten Milieu, aus dem fassen. Die allerherbste
social beschränkten Charakter, kurz aus den dramatischen malmt, liegt in der „
und der Vorstadt das Leben mit dem inneren, zum Theile
Voraussetzungen, auf welchen der erste und zweite Act ruht. Stadtfreunde nicht hine
geistigen Wien abschnitt. Dieses Hinüber und Herüber der
Es ist die Kunst Schnitzler's, daß er mit keinem Worte, nicht hinein können.
Gefühle und Meinungen, dieses Zerren kleiner unscheinbarer
Kräfte an der „Linie“, die sich symbolisch zwischen jeden mit keinem Gedanken über seine Figuren hinausstrebt. Diese standen. An den Sch
Dialog des Schnitzler'schen Stückes zu schieben scheint, zeigt harmonische Ausgleichung berührt formal und technisch trennen,zerschellt in dem
uns der wienerische Dichter mit virtuoser Kunst, mag die lsympathisch, was selbstverständlich unabhängig davon bleibt, ein Fühlwesen, wie in
Virtuosität auch aus französischer Schule gezogen sein. Ist ob Einer für solche Vorstadtcharaktere schwärmen mag oder Schiller so nannte, un
nicht. Unsympathisch ist uns der Musicus Anti=Miller, anderem Boden die E
es auch Schnitzler's Schuld, daß selbst die Kritik die ge¬
Adel und Bürgerthum
Christinens leichtsinniger Vater, welcher seiner Tochter die
treue Schilderung des Um und Auf Schnitzler'scher Figuren
Um einen Siegft
Freiheiten eines solchen Jugendglückes nicht rauben will.
nur eben französisch als ein ganz ausgezeichnetes „Milieu“
Dichter einer Trilogie,
Im Josefstädter Theaterorchester mögen solche Väter auch
bezeichnen kann?
Acten unterzugehen. T
Aus diesem „Milieu“ erwächst dieser eng be= nicht sitzen — daß wir solche wienerische Väter aber kennen,
im geraden Verhältni
grenzte sociale Gesichtskreis Christinens, der wienerischen darf die localpatriotische Moral, welche sich immer am un¬
Bäuerin braucht nur
rechten Platze meldet, nicht leugnen. ... Ob mit dieser ver¬
Musikertochter, und der ebenso eng begrenzte moralische
zehrenden Liebe Christinens, welche aus einer „Liebelei“ nehmen Lage, dem Gr
Gesichtskreis Fritzens, des Schnitzler'schen Anatol=Typus.
bricht, die Mütter des Parquets sich befreunden mögen, Christinens „Liebelei“
Dieser enge Gesichtskreis scheint meinem bescheidenen
haben diese Mütter zu entscheiden. Dem Aesthetiker genügt, Ich glaube aber zu t
Griensteidl=Verstande das Charakteristische, Wesentliche und
Eigenthümliche in Schnitzler's „Liebelei“ zu sein. Die Pariser daß diese Liebe im Stücke erschütternd und lebenswahr zu=Acte die Motive dur
Grisette sieht aus ihrem Quartier weiter als das Wiener tage kommt. Wie Börne von der „anatomischen Unschuld“ durch die genauere Fix
Vorstadtmädel in das gesellschaftliche Leben über das „Liebeln“lder Emilie Galotti spricht, könnte man von einer bloß wollte. Durch die kö
5. Mense1 box 10/1
duß es eöenso ldenig ein cheistliches Stcch.).
—
christliche Naturwissenschaft gebe. „Die Fragen des öffent= übermenschliche Milde gegenüber den — seiner eigeneufe
das Christenthum und seine Lehren Broschüre „Die Frauen u
lichen Lebens," führte Sohm aus, „sind Fragen der Gerechtig=Charakteristik nach —
guten Sache einen guten
keit, das heißt, sie sind Fragen von dieser Welt. Sie werden schändenden Fractionen und Strömungen an den Tag legt,
gegen die Frauenärzte auf
so hilft ihm das bei den Preßorganen der christlich=socialen
lassen, daß es eine Pflicht
durch das Christenthum nicht gelöst. Es gibt keine christliche
den Weg zum öffentlichen
Partei blutwenig. Die Meute fällt über ihn her, als ob
sociale Ordnung.“ Wir wollen den Rechtsgelehrten und
er vom heiligen Eifer übermannt, ihnen zugedonnert hätte: Wem soll das Argument
Theologen Sohm nicht gegen den Dominikaner Weiß ausspielen.
„anatomischen“ Schuld
hinaus, welches wohl nur diese Christine mit Liebe ver¬
Druckerfirma hinunter studirt; wir sehen sie mit Rücksicht
Fühlen ist rein; sie häl
wechseln kann. Am Plagiat=Riechen könnte sich selbst meine
auf den Theaterbeginn ihre Rendezvous fixiren. Ein Wort
aufgewachsen, in die sie
„Objectivität“ beim besten Willen da nicht betheiligen. Wenn
holt zahlreiche Vorstellungen herbei — das ist eben dichte¬
für Liebe und geht a
man nach dem Schema: „Santuzza ist eifersüchtig und
risch und das müßte ich anerkennen, wenn ich sogar auch
tragischen Irrthum zug
täglich den Frühstückkaffee mit Schnitzler gemeinsam bei Christine ist eifersüchtig, Lola nimmt's leicht und die
„arm unwissend Kind
Schlager=Mizi nimmt's leicht“, die Schnitzler'sche „Liebelei“
Griensteidl schlürfen würde.
aus der „Cavalleria rusticana“ herleiten will, so führt das Schuld der sich nichts
Ohne Zweifel! Er hat es von den Franzosen. Da
könnte ich Freund Schnitzler vielleicht packen — wenn sie's zu der gefährlichen logischen Consequenz: „Mein Pudel liebt! mörderin hinzugesellt. 2
nicht eben Alle von den Franzosen hätten; auch Ibsen kann! Zucker, meine Cousine liebt Zucker, folglich ist meine Cousine bild der deutschen Jung
Mädchen ist glücklich, wei
sie nicht verleugnen. Wenn der locale, wienerische Stoff jenes ein Pudel“ ... Man hat, als die bürgerliche Tragödie
eine Gretchen=Tasche T
allgemein wurde, den ästhetischen Mangel beklagt, daß ihren
Art vollkommen aufzusaugen versteht, daß kein Rest bleibt,
Gestalten die „Fallhöhe“ der großen Tragödie fehle. Die kommt daher, weil die
wenn, wie bei Schnitzler, auch nicht die leiseste Nuance
Stellung der Schnitzler'schen Vorstadtbürger mit dem engen diesem Gretchen den r#
Unwienerisches, Fremdes verräth, so entfällt jeder Vorwurf.
Horizont mindert diese „Fallhöhe“ noch beträchtlich herab, Im Banne dieses leibh
Der lustige Theodor, welcher keinen Beruf hat, als sich mit
und Christine ist eigentlich schon gefallen, bevor sie von dem Wenn eben dieser Teuf
„süßen Mädels“ von den „dämonischen Weibern“ zu erholen,
Geschick gefällt wird. Was sich aber von Tragik über ein Schmuck verwandelt, so
meint, daß Christine durch Notenschreiben unmäßig Geld
solches Wesen häufen kann, hat Schnitzler erschöpft. Kein pagnerflasche knallt, da
verdienen könne. Christine aber beurtheilt ebenso unerfahren
die Verhältnisse ihres geliebten Freundes. Diese Trennung falsches Pathos, keine Tiraden des Ueberschwangs heben uns Moralisten ab; sie kön
kleiner Horizonte ist echt wienerisch. Zwischen den An=über das Maß der in diesem Milieu möglichen Fallhöhe; so heiß und wahr und
„sie kehrt Geliebten aber ferngeh
es entwickelt sich das tragische Verhängniß
schauungen liegt der historische Wall, die „Linie“, welche die
Empfindungen der Städter allzu eng nach außen abgrenzte nicht wieder“ — aus dem beschränkten Milieu, aus dem fassen. Die allerherbste
social beschränkten Charakter, kurz aus den dramatischen malmt, liegt in der „
und der Vorstadt das Leben mit dem inneren, zum Theile
Voraussetzungen, auf welchen der erste und zweite Act ruht. Stadtfreunde nicht hine
geistigen Wien abschnitt. Dieses Hinüber und Herüber der
Es ist die Kunst Schnitzler's, daß er mit keinem Worte, nicht hinein können.
Gefühle und Meinungen, dieses Zerren kleiner unscheinbarer
Kräfte an der „Linie“, die sich symbolisch zwischen jeden mit keinem Gedanken über seine Figuren hinausstrebt. Diese standen. An den Sch
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Virtuosität auch aus französischer Schule gezogen sein. Ist ob Einer für solche Vorstadtcharaktere schwärmen mag oder Schiller so nannte, un
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es auch Schnitzler's Schuld, daß selbst die Kritik die ge¬
Adel und Bürgerthum
Christinens leichtsinniger Vater, welcher seiner Tochter die
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Um einen Siegft
Freiheiten eines solchen Jugendglückes nicht rauben will.
nur eben französisch als ein ganz ausgezeichnetes „Milieu“
Dichter einer Trilogie,
Im Josefstädter Theaterorchester mögen solche Väter auch
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Acten unterzugehen. T
Aus diesem „Milieu“ erwächst dieser eng be= nicht sitzen — daß wir solche wienerische Väter aber kennen,
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Bäuerin braucht nur
rechten Platze meldet, nicht leugnen. ... Ob mit dieser ver¬
Musikertochter, und der ebenso eng begrenzte moralische
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bricht, die Mütter des Parquets sich befreunden mögen, Christinens „Liebelei“
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haben diese Mütter zu entscheiden. Dem Aesthetiker genügt, Ich glaube aber zu t
Griensteidl=Verstande das Charakteristische, Wesentliche und
Eigenthümliche in Schnitzler's „Liebelei“ zu sein. Die Pariser daß diese Liebe im Stücke erschütternd und lebenswahr zu=Acte die Motive dur
Grisette sieht aus ihrem Quartier weiter als das Wiener tage kommt. Wie Börne von der „anatomischen Unschuld“ durch die genauere Fix
Vorstadtmädel in das gesellschaftliche Leben über das „Liebeln“lder Emilie Galotti spricht, könnte man von einer bloß wollte. Durch die kö