5.
iebelei
Lieestel box 10/1
„seikrten ausgestätter sind, wie undere Meitschen,
—rr ogtont soichel erhech
so fehlt es in dem Kreise der Neugewählten sicher
das eroberte Wien anzutreten, das wäre allerdings auf ihren gewohnten?
nicht an vorläufig ganz intimen Kämpfen zwischen
wohl beklemmend für die Sieger. Das würde ihnen die fortschrittliche Min¬
all Denjenigen, die sich berufen fühlen, etwas mehr
wohl auch einen Vorgeschmack für Dasjenige geben, recht gleichgiltig, wel
zu sein, als ein blos abstimmendes Mitglied der
was zu erwarten stünde, wenn sie in dem Glauben, gegenwärtigen Lager de
Waffen!... Ein Kuß, ein herzlicher Händedruck, einige
174
„süße Mäd'l“, das sehr lei
Das süße „Mäd'l.
verstohlene Thränen, ein halb unterdrücktes Schluchzen —
der Charakteristik des
Es ist ein gar wehmüthiges Lied, das die Pariser
und die Trennung von Herz, Tisch und Bett war voll¬
blonden Köpferl, mit sein
Studenten bei ihren heiteren Gelagen in dem Momente
zogen. — Mit dem zweiten Kaiserreich verschwand dieser
mit seiner lächelnden, scha
zu singen beginnen, wenn die Stimmung eine rührselige
Typus aus dem Leben und aus der Literatur. Und als
tragenen Wiener Walzer“
wird. Es schildert iene längst verrauschte Zeit, da in den
Alphonse Dandet ihn später wieder aufgriff, trug die
Strauß'sche Musik, ins
Studentenmansarde des alten Quartier Latin das fröh¬
einstmalige Grisette so völlig veränderte Züge, daß sie
„süße Mäd'l“ ist eben
liche Lachen der Pariser Grisette erklang. „Du bist jetzt,“
nicht mehr zu erkennen war. Aus dem früheren leicht¬
ansprüchig, wie die Gi
heißt es in diesem Liede, „wenn Du noch lebst, ein altes
lebigen, genügsamen Mädchen, das man mit einem Kuß,
keine Diamanten und
Mütterchen, strickst irgendwo in der Provinz einen
einer Blume beglückte, war ine verschwenderische, leiden¬
einmal ein Bracelet. Wer
Strumpf, aber manchmal erhellt Dein runzeliges Gesicht
schaftliche, perfide und launische Courtisane geworden, eine
bouquet üverbringt, so ist
ein Lächeln; Du denkst dann an die schönen, alten
Sappho, die dem Geliebten das Lebensmark aussog,
steht ihr eine Thräne im
Zeiten!“ Ja, diese schönen Zeiten sind längst vorüber.
moralisch und physisch. „Für meine Söhne, wenn sie kein Gelüste darnach, bei
Die Pariser Grisette existirt nicht mehr. Sie ist zur
zwanzig Jahre alt werden,“ hatte der Dichter auf die
einem frugalen Nachtma
Legende geworden. Die Erinnerung an sie tönt nur noch
erste Seite jenes Romans geschrieben, in dem er ein
holfen. Das ist die milden
im Liede, lebt nur noch in literarischen Dokumenten. Aber
solches Weib mit erschreckender Wahrhaftigkeit zeichnete.
nicht faszinirend schön, n
wenn wir in diesen Urkunden, wie sie uns Alfred de Musset
Dieses Buch sollte eine Warnung sein vor jenen leicht¬
nicht geistreich ist, aber 3
und Muryer zurückgelassen, blättern, da taucht dieser
geschürzten Verbindungen, die auf das Lebensschicksal so
zu lieben weiß. Der Dicht
#
eigenthümliche, von einem romaniischen Zauber verklärte
manchen jungen Mannes in Paris vernichtend einwirken.
einen härteren Typus die
Mädchentypus in seinem wunderlichen Liebreiz vor uns
ist sie, die Mizzi, in seine
auf. Da treten sie vor uns, diese Mimi Pinson, diese
Nahezu ein halbes Jahrhundert ist dahingerollt,
ist in Sacher's Speisekarte
Musette, diese Colline, lauter junge, lebensstrotzende
seitdem die französische Dichtung den holden und harm¬
verschiedenen Waffengattun
Mädchen, die mit Studenten und jungen Künstlern
losen Pariser Grisetten=Typus festgehalten und durch eine
gerne Champagner, trink
in glücklicher Sorglosigkeit hausten, die in deren Heim be¬
Reihe prächtiger Figuren illustrirt hat. Und nun taucht
Schwips an, wechselt un
scheiden und haushälterisch walteten, alle Misèren einer
dieser Typus in seiner milderen und seiner härteren Form in
mildert ihre laxe Moral d
Zigenner=Existenz lächelnd duldeten, keine Ansprüche machten
der Wiener Literatur auf. Die Grundzüge aus dem eigen¬
natürlicher Gutmüthigkeit.
und mit den geringsten Geschenken vorlieb nahmen. In
artigen Charaktergepräge der einstmaligen Pariser Grisette
Brettern des Burgtheaters
diesen losen Verbindungen, die ein Zufall knüpfte und der
finden wir nämlich in den Mädchengestalten, die Arthur
man lachte, man applaudi
Drang der Umstände löste, schwur man sich keine ewige
Schnitzler in seinem Buche „Anatol“ und in seinem Schau¬
gewichtigen Stimmen, wel
Treue. Nein! Es war ein Liebesbund auf Kündi¬
spiel „Liebelei“ vorführt. Die längst verschollene Mimi
dramatischen Dichtung ein
gung.
Die Grisette wußte dies sehr wohl. Es
Pinson feiert in Wien ihre fröhliche Auferstehung, sie ist
neue Gestalt von urwück
fehlte daher auch die Tragik, wenn so ein Parchen
bei Schnitzler das Wiener Vorstadtmädchen, das man auf
deckt habe.
nach einem kürzeren oder längeren Zusammenwohnen
der Straße, beim Tanz, in einem Omnibus, unter einem
auseinanderging. Kein Jammern, kein Drohen mit Regenschirm kennen lernt und rasch an sich lockt. Dieses Schnitzler ist also dei
Hiezu zwei Einlagsbogen.
N. U/7
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„seikrten ausgestätter sind, wie undere Meitschen,
—rr ogtont soichel erhech
so fehlt es in dem Kreise der Neugewählten sicher
das eroberte Wien anzutreten, das wäre allerdings auf ihren gewohnten?
nicht an vorläufig ganz intimen Kämpfen zwischen
wohl beklemmend für die Sieger. Das würde ihnen die fortschrittliche Min¬
all Denjenigen, die sich berufen fühlen, etwas mehr
wohl auch einen Vorgeschmack für Dasjenige geben, recht gleichgiltig, wel
zu sein, als ein blos abstimmendes Mitglied der
was zu erwarten stünde, wenn sie in dem Glauben, gegenwärtigen Lager de
Waffen!... Ein Kuß, ein herzlicher Händedruck, einige
174
„süße Mäd'l“, das sehr lei
Das süße „Mäd'l.
verstohlene Thränen, ein halb unterdrücktes Schluchzen —
der Charakteristik des
Es ist ein gar wehmüthiges Lied, das die Pariser
und die Trennung von Herz, Tisch und Bett war voll¬
blonden Köpferl, mit sein
Studenten bei ihren heiteren Gelagen in dem Momente
zogen. — Mit dem zweiten Kaiserreich verschwand dieser
mit seiner lächelnden, scha
zu singen beginnen, wenn die Stimmung eine rührselige
Typus aus dem Leben und aus der Literatur. Und als
tragenen Wiener Walzer“
wird. Es schildert iene längst verrauschte Zeit, da in den
Alphonse Dandet ihn später wieder aufgriff, trug die
Strauß'sche Musik, ins
Studentenmansarde des alten Quartier Latin das fröh¬
einstmalige Grisette so völlig veränderte Züge, daß sie
„süße Mäd'l“ ist eben
liche Lachen der Pariser Grisette erklang. „Du bist jetzt,“
nicht mehr zu erkennen war. Aus dem früheren leicht¬
ansprüchig, wie die Gi
heißt es in diesem Liede, „wenn Du noch lebst, ein altes
lebigen, genügsamen Mädchen, das man mit einem Kuß,
keine Diamanten und
Mütterchen, strickst irgendwo in der Provinz einen
einer Blume beglückte, war ine verschwenderische, leiden¬
einmal ein Bracelet. Wer
Strumpf, aber manchmal erhellt Dein runzeliges Gesicht
schaftliche, perfide und launische Courtisane geworden, eine
bouquet üverbringt, so ist
ein Lächeln; Du denkst dann an die schönen, alten
Sappho, die dem Geliebten das Lebensmark aussog,
steht ihr eine Thräne im
Zeiten!“ Ja, diese schönen Zeiten sind längst vorüber.
moralisch und physisch. „Für meine Söhne, wenn sie kein Gelüste darnach, bei
Die Pariser Grisette existirt nicht mehr. Sie ist zur
zwanzig Jahre alt werden,“ hatte der Dichter auf die
einem frugalen Nachtma
Legende geworden. Die Erinnerung an sie tönt nur noch
erste Seite jenes Romans geschrieben, in dem er ein
holfen. Das ist die milden
im Liede, lebt nur noch in literarischen Dokumenten. Aber
solches Weib mit erschreckender Wahrhaftigkeit zeichnete.
nicht faszinirend schön, n
wenn wir in diesen Urkunden, wie sie uns Alfred de Musset
Dieses Buch sollte eine Warnung sein vor jenen leicht¬
nicht geistreich ist, aber 3
und Muryer zurückgelassen, blättern, da taucht dieser
geschürzten Verbindungen, die auf das Lebensschicksal so
zu lieben weiß. Der Dicht
#
eigenthümliche, von einem romaniischen Zauber verklärte
manchen jungen Mannes in Paris vernichtend einwirken.
einen härteren Typus die
Mädchentypus in seinem wunderlichen Liebreiz vor uns
ist sie, die Mizzi, in seine
auf. Da treten sie vor uns, diese Mimi Pinson, diese
Nahezu ein halbes Jahrhundert ist dahingerollt,
ist in Sacher's Speisekarte
Musette, diese Colline, lauter junge, lebensstrotzende
seitdem die französische Dichtung den holden und harm¬
verschiedenen Waffengattun
Mädchen, die mit Studenten und jungen Künstlern
losen Pariser Grisetten=Typus festgehalten und durch eine
gerne Champagner, trink
in glücklicher Sorglosigkeit hausten, die in deren Heim be¬
Reihe prächtiger Figuren illustrirt hat. Und nun taucht
Schwips an, wechselt un
scheiden und haushälterisch walteten, alle Misèren einer
dieser Typus in seiner milderen und seiner härteren Form in
mildert ihre laxe Moral d
Zigenner=Existenz lächelnd duldeten, keine Ansprüche machten
der Wiener Literatur auf. Die Grundzüge aus dem eigen¬
natürlicher Gutmüthigkeit.
und mit den geringsten Geschenken vorlieb nahmen. In
artigen Charaktergepräge der einstmaligen Pariser Grisette
Brettern des Burgtheaters
diesen losen Verbindungen, die ein Zufall knüpfte und der
finden wir nämlich in den Mädchengestalten, die Arthur
man lachte, man applaudi
Drang der Umstände löste, schwur man sich keine ewige
Schnitzler in seinem Buche „Anatol“ und in seinem Schau¬
gewichtigen Stimmen, wel
Treue. Nein! Es war ein Liebesbund auf Kündi¬
spiel „Liebelei“ vorführt. Die längst verschollene Mimi
dramatischen Dichtung ein
gung.
Die Grisette wußte dies sehr wohl. Es
Pinson feiert in Wien ihre fröhliche Auferstehung, sie ist
neue Gestalt von urwück
fehlte daher auch die Tragik, wenn so ein Parchen
bei Schnitzler das Wiener Vorstadtmädchen, das man auf
deckt habe.
nach einem kürzeren oder längeren Zusammenwohnen
der Straße, beim Tanz, in einem Omnibus, unter einem
auseinanderging. Kein Jammern, kein Drohen mit Regenschirm kennen lernt und rasch an sich lockt. Dieses Schnitzler ist also dei
Hiezu zwei Einlagsbogen.
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