II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 108

Liebele
5. box 10/1
Nr. 41.
Coulissen-Scherze.
Im Burgtheater.
Die Wolter die größte Tragödin bleibt,
Ist besser als alle Neuen.
Das Publicum sagt's und läßt sich nicht
Sand—rock in die Augen streuen.
Nen kühnen Sprung hat der Löwe gemacht
In die „Burg“ vom Volkstheater,
Doch spiele er hier den Alba nicht
Als humoristischer Vater!
Als Reimers von Philipp hat erfleht
Die Freiheit der Gedanken,
Da flehte um Genesung man
Für Emerich Robert, den kranken.
Der Schnitzler, ein Kehlkopfdoctor will
Nur realistisch gestalten,
Er ist's gewohnt, der Menschheit stets
Du — Spiegel vorzuhalten.
Volkstheaters
Im Volkstheater den „Regentag“
Hab' ich vollendet gefunden,
Der Himmel ist jetzt dort verdeckt,
Die „Sterne“ sind verschwunden.
Im Volkstheater und anderswo
Sind ungarische Gäste
Die deutschen Mimen, die klagen sehr,
Daß man die Luft ver,pest“e.-
Zu Classikern muß der Bucovics
Sich jede Woche bequemen;
Er hat nur einen magern Trost:
Er spart dabei Tantièmen.
Theater an der Wien.
Der Lindau und der Krenn sind jetzt
Der Posse Dioskuren.
Sie bieten uns keck den ältesten Spaß
Und lachen dann selbst wie Auguren.
Carltheater
Zwei Körpertheile werden jetzt
Die alte Bühne erretten:
Die Meisterhände Jauner's und
Die Beine seiner Soubretten. —
Die Kopacsi bekleidet hat man
Auf der Bühne noch nicht gesehen.
Sie kleidet gewöhnlich erst sich an,
Wenn sie muß schlafen gehen.
Der Julius Stern nahm von Suppé
Das Beste nur, wie ich wähne.
Sein Wahlspruch war gewiß beim „Modell“
De mortuis nil nisi bene.
Raimund-Theater.
Der „Heiratsschwindler“ gefiel hier sehr,
Ich sag' es jetzt ganz sicher:
Er bringt dem Autor gewiß gar bald,
Die schönsten Sparcassenbücher¬
Publiristische Blatter.
können! Auf der vierten, da schneuzten sich die Gouvernannten und
ihre engeren Gesinnungsgenossinen in einemfort und schluchzten: „Ja,
— ach, — ach, ja — er hat — hu, hu, — ganz recht — ja, so geht
es uns Aermsten — hu, hu — die Männer sind alle schlecht — hu hu
hu — das hab ich auch immer gesagt — huun!“ Dann weiter hinunter
sagte man mit noblem Staunen: „Nja, ganz hübsch, aber wie kommt
denn das ins Burgtheater. Wie untersteht er sich denn, dieses Kukuks¬
Liebel=Ei in das geheiligte Comtessen=Nest zu legen! Die Comtessen,
das gienge ja noch an, die haben Erfahrung und Hofmeister! Aber
unsere feinen bürgerlichen Töchter können ja nicht mehr herkommen!“
Die Herren meinten: „Was für ein gestückeltes Stück! Im ersten Aete
macht er so, als wollte er uns Champagner einfüllen und Austern vor¬
setzen, und im zweiten wird man dann mit Mondschein gefüttert,
während einen der dritte gar in Thränen ersäuft! Und seine Freunde
im Parterre sahen sich aus den müden Dichteraugen an, strichen sich
die lyrischen Bärte, machten mit den sensitiven Händen geheimnisvolle
Zeichen und sagte: „Schau, schau!“ Nur einer von ihnen platzte heraus:
„Er hat aber immer nur ein Stück auf seiner Walze, der ewige Liebe¬
leiermann!“ So sagte man im Haus, und doch war es ein Bomben¬
erfolg, doch hörte man im Café wo nachher zu Gericht gesessen wird,
meist nur helle Begeisterung über Autor und sein Stück. Aber drüben
im Löwenbräu, wo man von der anderen Seite des Theaters aus hin¬
aeht da war es stille wie bei einer Trauerfeier. Der Oberkellner schlich
ier- und stusterten jedem, der es hören #
Wernecheuhe
ins Ohr: „Er hat ausgerungen! Es war ein todtgeborner Abend#
Der Schüller aber ist ein wissender Mann, denn ins Löwenbräu
kommt, wie gesagt, die andere Seite des Burgtheaters, die Bühnenseite.
Ein Dichter ist wie ein König. Mit bestem Willen mit vollem
Können, setzt er seine Gedanken ins Werk. Alle jubeln ihm zu, denn
es will ihn keiner verletzen. Aber wie Wenigen hat er es recht gemacht!
Armer König, armer Dichter!“
Walze II.
„Im Carltheater machen die ex offo-Operngläser Furore. Man
sieht sie an, man sieht durch sie hindurch, man sieht über sie hinweg
und man sieht — sie oft für sein Eigenthum an. Das bringt viele
Leute in Verzweiflung; denn es geschieht oft ganz wider Willen. Man
ist es in Wien eben noch nicht gewöhnt, das Opernglas im Theater
zurückzulassen; man steckt es ein und nimmt es mit, wie man jahrelang in
allen Theatern gethan. Ein Herr, dessen Name und Stand über jeden
niedrigen Verdacht erhaben sind, hat ein paar Tage lang zu seiner
völligen Verzweiflung ein Glas bei sich zuhause gehabt, das nicht sein,
sondern des Carltheaters Eigenthum war. Ahnungslos geht er von der
lieben und so anregenden Vorstellung nachhause, lustig trällernd, an
nichts Bestimmtes denkend. Nur ein fremdes Gefühl, das er sich nicht
erklären kann, stört ihn an der linken Seite, wo er das Glas trägt.
Er greift hin, zieht das Glas heraus, und schlägt sich verzweifelt an
die Stirne; denn jetzt erst besinnt er sich, daß sein Glas — nicht sein
Glas ist: Was thun? Das Theater ist längst gesperrt, er kommt so¬
bald nicht wieder hin; für einen Dienstmann ist ihm die Erklärung
der Sendung zu peinlich. Er muß warten, bis sein Diener einen halben
Tag Zeit hat, um von Währing — wo der Herr wohnt — in die
Leopoldstadt zu gehen. Und was thun die welche keinen Diener haben,
und was thut man mit denen, die absichtlich vergessen? Schwere Sache,
denn es handelt sich auch darum, jeden Eclat zu vermeiden. Wir
wollen Jauner fragen!“
Walze III.
„Herr Kornau soll jetzt nach Galizien. Die Leute machen sich
darüber lustig, und meinen, seine — intimere Kopfbedeckung werde
dabei schlecht — aber doch — wegkommen. Ich möchte Jedem rathen,
Herrn Kornau ruhig bei seiner Behauptung zu lassen, und wer sich's
am guten Rathe nicht genügen läßt, dem sei folgendes warnende Bei¬
spiel erzählt. Einem, der in größerer Gesellschaft Herrn Kornau's lich¬
teste Stelle mit raschem Griffe zu entdecken gewagt hatte, war von dem
schlagfertigen Komiker Rache geschworen worden. Dieser machte aber, als
hätte er die Affaire vergessen und schlug eine ganz harmlose Unterhaltung
vor. Er wollte sich als Hypnotiseur produciren, alles solle seinen Be¬
Reisien geberchen. E##aaschieht. Schlafen #####“ Alles schließt die Angen