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Liebele
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ALLGEMEINE KUNST-CHRONIK.
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fördert, elegant in Rot gehalten, elektrische Beleuchtung,
war ein ebenso prächtiger Jason, wie Herr Eppens ein
selbst mehr Raum wurde geschaffen, soweit dies möglich
würdevoller Kreon. Die liebliche Kreusa des Fräuleins
war. Der neue Direktor wollte offenbar die traurigen
Wachner soll nicht unerwähnt bleiben. Franz Woly.
Erinnerungen, die an seinem Namen, als dieser das letzte¬
(Raimund Theater.) Der Heiratsschwindler,
mal offizieller Träger einer Direktion war, hängen, soviel
Posse mit Gesang in drei Akten von Bernhard Buch¬
als möglich verwischen. Ob der Geist, der zugleich mit
binder. Musik von Max von Weinzierl. Das Wiener
1 der neuen Direktion eingezogen ist, einen Vorteil für das
Pablikum ist wahrhaftig sehr genügsam geworden. Es
Wiener Kunstleben bedeutet! Wir bezweifeln es. Wir
lacht zu allem, selbst über Witze, die einer, nachdem sie
sind nicht so prüde, der leichtgeschürzten Muse der
uns schon zehnmal aufgetischt wurden, ein elftesmal wieder¬
Operette nicht auch ihr Dasein im Kunstleben einer Gross¬
holt. Dies Geschäft besorgt Herr Buchbinder vom:Neuen
stadt zu gönnen. Gefällige, einschmeichelnde, prickelnde
Wiener Journalt in seiner neuen Posse, zu der Kapell¬
Melodien und harmlose, wenn auch dumme Spässe, warum
meister Weinzierl einige nicht gerade originelle Weisen
soll man sich daran nach des Tages Mühen nicht auch
komponierte, sstreckenweise: auf das talentvollste. Von
erfreuen? Für erstere hat der Komponist in ausreichen¬
einer Posse Handlung und einen tieferen Sinn zu ver¬
dem Masse und in der bekannten liebenswürdigen Weise
langen, so rigoros sind die strengsten Kritiker schon lange
gesorgt; da ist nicht nur nichts einzuwenden, sondern
nicht mehr. Das weiss der Verfasser, der selbst einer ist,
volles Lob zu spenden. Doch gegen die letzteren, das
ganz genau; darum hat er sich auch die Arbeit gar so
ganze Textbuch und die Art seiner Inszenierung müssen
leicht gemacht. Er lässt zwei Wiener Früchteln — man
wir uns im Interesse des guten Geschmackes und der
verzeihe uns diesen veralteten Ausdruck! — nach Karls¬
Ethik, die auch das leichteste Kunstgenre nicht verleugnen
bad gehen, um diese in dem Weltkurorte, der in letzter
soll, auf das Schärfste wenden. Was da geboten wird,
Zeit mehr durch seinen # Pferdchenspiele-Prozess als durch
daran kann unseres Erachtens selbst der enragierteste
Wunderkuren von sich reden gemacht, allerlei Allotria
Lebemann keinen Gefallen finden, denn es ist nicht witzig,
treiben zu lassen, in welchem Geschäfte sie von einer
sondern in anständiger Gesellschaft einfach undefinierbar.
bunt um sie gruppierten Gesellschaft redlich unterstützt
Einem anständigen Publikum sollte man derartiges über¬
werden. Allen voran steht der von Herrn Fröden mit
haupt nicht bieten dürfen, und geschicht es doch, so er¬
„Ausdauer gespielte Burger, der von der gewohnten Ord¬
achten wir es als Pflicht der Kritik, auf das Schärfste da¬
nung schon dadurch abweicht, weil er es ist, der listig
gegen aufzutreten. Ist es notwendig, dass jeder„Witze
seinem Daheim entflicht, in den Sommermonaten seinen
eine gemeine Zote ist, die man im Nachtcafé kaum zu
Extravaganzen nachgeht und sich in Kurschneidereien
hören bekommt, notwendig, dass die Darstellerinnen bei
einlässt, die ihn bald in den Geruch eines Heirats¬
jedem passenden und unpassenden Anlass die Röcke auf¬
schwindlers bringen. Seine Frau, die von Fräulein Mayer
heben und Cancan tanzen, notwendig, dass Mädchen aus
dargestellt wird und uns mehr durch ihr reiches schwarzes
dem Pensionate bei lebende., Bildern in einer Maskerade
Haar, als diskrete Spielweise aufgefallen ist, reist ihrem
erscheinen, deren alleiniger Endzweck wieder das Auf¬
pflichtvergessenen Manne gerade im rechten Augenblicke
heben der Röcke und die Produktion alles darunter Be¬
nach, um sich von seinem Thun und Treiben zu über¬
findlichen ist, notwendig, dass jemand auf der Bühne badet
zeugen und ihn nach langer Qual aus den Händen seiner
und als Hauptwitz dabei betont, dass er — keine Schwimm¬
zudringlichen Opfer zu befreien. Herr Natzler, der
hose habe?! Dazu die Parade einer Anzahl junger Mäd¬
den zweiten auf Abenteuer ausgehenden Wiener giebt,
chen in Hosenkostümen ganz ohne Zweck! Alle diese
hilft ihr dabei, schlecht und recht, wovon das erstere auf
Dinge bilden das Um und Auf des ygeistvollen: Tertes
die ihm angedichtete Gesinnung, das letztere auf die von
und sie sind auch durch die Inszenierung sehr heraus¬
ihm geübte brillante Darstellungskunst bezogen werden
gearbeitet. Der Herr Direktor ist ja ein grosser -Bühnen¬
kann. Fräulein Niese sah als siebzehnjähriger Gymnasiast
praktikere. Wenn wir auch zugeben müssen, dass die
noch kleiner aus als sonst, gewiss nicht der Effekt, den
Inszenierung sehr yglänzende war, so haben wir uns doch
die Künstlerin mit dieser Hosenrolle zu erzielen dachte.
des Gedankens während der ganzen Vorstellung nicht er¬
Fräulein Wirth vollführte ihre Pumpversuche in graziöser
wehren können, dass man ja auch — ein Tingel-Tangel
Weise. Das beste aber bot in einer Episodenrolle Herr
glänzend ausstatten kann. Wenn wir unserer Bericht¬
Schildkraut, dessen verbissener und verbitterter Pascha
erstatterpflicht ganz genügen wollen, müssen wir noch her¬
— natürlich auf den feineren Lustspielton gesetzt — sich
vorheben, dass die Darsteller insgesamt in Gesang und Spiel
sogar im Burgtheater sehen lassen könnte. Von den
Gutes boten, im letzteren allerdings — Frau Kopaczi,
übrigen Darstellern sind noch die Herren Strassmeyer,
an der Spitze — auch sehr tief in den Geiste der Komödie
der einen Wiener Fleischhauer giebt, und Kirschner,
Dr. Artkur von Gschmeidler.
eingedrungen sind.
der nach berühmten Mustern sächselte, zu nennen. Das Stück
fand eine freundliche Aufnahme. Zeozold Börmann.
(Carl-Theater.)Das Modell, Operette in drei
Münchener Brief.
Akten von Viktor Leon und Ludwig Held. Musik
von Franz von Suppé. Des verstorbenen Meisters letztes
Konzerte.
Werk ging als Eröffnungsvorstellung im neuen, alten Carl¬
Im Vordertreffen der diesjährigen, in den nächsten
Theater unter neuer — auch altbekannter Direktion in
Tagen en masse nachrückenden Konzertsaison, stand ein
Szene. Vor allem war es staunenswert, was aus dem alten
Künstler, dessen Name wohl in der Musik- und Bühnen¬
Hause gemacht wurde; ein neues, allen Anforderungen
der Neuzeit entsprechendes Theater wurde zu Tage ge- I welt unserer Stadt seit Jahren eine führende Macht, in der
Liebele
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ALLGEMEINE KUNST-CHRONIK.
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fördert, elegant in Rot gehalten, elektrische Beleuchtung,
war ein ebenso prächtiger Jason, wie Herr Eppens ein
selbst mehr Raum wurde geschaffen, soweit dies möglich
würdevoller Kreon. Die liebliche Kreusa des Fräuleins
war. Der neue Direktor wollte offenbar die traurigen
Wachner soll nicht unerwähnt bleiben. Franz Woly.
Erinnerungen, die an seinem Namen, als dieser das letzte¬
(Raimund Theater.) Der Heiratsschwindler,
mal offizieller Träger einer Direktion war, hängen, soviel
Posse mit Gesang in drei Akten von Bernhard Buch¬
als möglich verwischen. Ob der Geist, der zugleich mit
binder. Musik von Max von Weinzierl. Das Wiener
1 der neuen Direktion eingezogen ist, einen Vorteil für das
Pablikum ist wahrhaftig sehr genügsam geworden. Es
Wiener Kunstleben bedeutet! Wir bezweifeln es. Wir
lacht zu allem, selbst über Witze, die einer, nachdem sie
sind nicht so prüde, der leichtgeschürzten Muse der
uns schon zehnmal aufgetischt wurden, ein elftesmal wieder¬
Operette nicht auch ihr Dasein im Kunstleben einer Gross¬
holt. Dies Geschäft besorgt Herr Buchbinder vom:Neuen
stadt zu gönnen. Gefällige, einschmeichelnde, prickelnde
Wiener Journalt in seiner neuen Posse, zu der Kapell¬
Melodien und harmlose, wenn auch dumme Spässe, warum
meister Weinzierl einige nicht gerade originelle Weisen
soll man sich daran nach des Tages Mühen nicht auch
komponierte, sstreckenweise: auf das talentvollste. Von
erfreuen? Für erstere hat der Komponist in ausreichen¬
einer Posse Handlung und einen tieferen Sinn zu ver¬
dem Masse und in der bekannten liebenswürdigen Weise
langen, so rigoros sind die strengsten Kritiker schon lange
gesorgt; da ist nicht nur nichts einzuwenden, sondern
nicht mehr. Das weiss der Verfasser, der selbst einer ist,
volles Lob zu spenden. Doch gegen die letzteren, das
ganz genau; darum hat er sich auch die Arbeit gar so
ganze Textbuch und die Art seiner Inszenierung müssen
leicht gemacht. Er lässt zwei Wiener Früchteln — man
wir uns im Interesse des guten Geschmackes und der
verzeihe uns diesen veralteten Ausdruck! — nach Karls¬
Ethik, die auch das leichteste Kunstgenre nicht verleugnen
bad gehen, um diese in dem Weltkurorte, der in letzter
soll, auf das Schärfste wenden. Was da geboten wird,
Zeit mehr durch seinen # Pferdchenspiele-Prozess als durch
daran kann unseres Erachtens selbst der enragierteste
Wunderkuren von sich reden gemacht, allerlei Allotria
Lebemann keinen Gefallen finden, denn es ist nicht witzig,
treiben zu lassen, in welchem Geschäfte sie von einer
sondern in anständiger Gesellschaft einfach undefinierbar.
bunt um sie gruppierten Gesellschaft redlich unterstützt
Einem anständigen Publikum sollte man derartiges über¬
werden. Allen voran steht der von Herrn Fröden mit
haupt nicht bieten dürfen, und geschicht es doch, so er¬
„Ausdauer gespielte Burger, der von der gewohnten Ord¬
achten wir es als Pflicht der Kritik, auf das Schärfste da¬
nung schon dadurch abweicht, weil er es ist, der listig
gegen aufzutreten. Ist es notwendig, dass jeder„Witze
seinem Daheim entflicht, in den Sommermonaten seinen
eine gemeine Zote ist, die man im Nachtcafé kaum zu
Extravaganzen nachgeht und sich in Kurschneidereien
hören bekommt, notwendig, dass die Darstellerinnen bei
einlässt, die ihn bald in den Geruch eines Heirats¬
jedem passenden und unpassenden Anlass die Röcke auf¬
schwindlers bringen. Seine Frau, die von Fräulein Mayer
heben und Cancan tanzen, notwendig, dass Mädchen aus
dargestellt wird und uns mehr durch ihr reiches schwarzes
dem Pensionate bei lebende., Bildern in einer Maskerade
Haar, als diskrete Spielweise aufgefallen ist, reist ihrem
erscheinen, deren alleiniger Endzweck wieder das Auf¬
pflichtvergessenen Manne gerade im rechten Augenblicke
heben der Röcke und die Produktion alles darunter Be¬
nach, um sich von seinem Thun und Treiben zu über¬
findlichen ist, notwendig, dass jemand auf der Bühne badet
zeugen und ihn nach langer Qual aus den Händen seiner
und als Hauptwitz dabei betont, dass er — keine Schwimm¬
zudringlichen Opfer zu befreien. Herr Natzler, der
hose habe?! Dazu die Parade einer Anzahl junger Mäd¬
den zweiten auf Abenteuer ausgehenden Wiener giebt,
chen in Hosenkostümen ganz ohne Zweck! Alle diese
hilft ihr dabei, schlecht und recht, wovon das erstere auf
Dinge bilden das Um und Auf des ygeistvollen: Tertes
die ihm angedichtete Gesinnung, das letztere auf die von
und sie sind auch durch die Inszenierung sehr heraus¬
ihm geübte brillante Darstellungskunst bezogen werden
gearbeitet. Der Herr Direktor ist ja ein grosser -Bühnen¬
kann. Fräulein Niese sah als siebzehnjähriger Gymnasiast
praktikere. Wenn wir auch zugeben müssen, dass die
noch kleiner aus als sonst, gewiss nicht der Effekt, den
Inszenierung sehr yglänzende war, so haben wir uns doch
die Künstlerin mit dieser Hosenrolle zu erzielen dachte.
des Gedankens während der ganzen Vorstellung nicht er¬
Fräulein Wirth vollführte ihre Pumpversuche in graziöser
wehren können, dass man ja auch — ein Tingel-Tangel
Weise. Das beste aber bot in einer Episodenrolle Herr
glänzend ausstatten kann. Wenn wir unserer Bericht¬
Schildkraut, dessen verbissener und verbitterter Pascha
erstatterpflicht ganz genügen wollen, müssen wir noch her¬
— natürlich auf den feineren Lustspielton gesetzt — sich
vorheben, dass die Darsteller insgesamt in Gesang und Spiel
sogar im Burgtheater sehen lassen könnte. Von den
Gutes boten, im letzteren allerdings — Frau Kopaczi,
übrigen Darstellern sind noch die Herren Strassmeyer,
an der Spitze — auch sehr tief in den Geiste der Komödie
der einen Wiener Fleischhauer giebt, und Kirschner,
Dr. Artkur von Gschmeidler.
eingedrungen sind.
der nach berühmten Mustern sächselte, zu nennen. Das Stück
fand eine freundliche Aufnahme. Zeozold Börmann.
(Carl-Theater.)Das Modell, Operette in drei
Münchener Brief.
Akten von Viktor Leon und Ludwig Held. Musik
von Franz von Suppé. Des verstorbenen Meisters letztes
Konzerte.
Werk ging als Eröffnungsvorstellung im neuen, alten Carl¬
Im Vordertreffen der diesjährigen, in den nächsten
Theater unter neuer — auch altbekannter Direktion in
Tagen en masse nachrückenden Konzertsaison, stand ein
Szene. Vor allem war es staunenswert, was aus dem alten
Künstler, dessen Name wohl in der Musik- und Bühnen¬
Hause gemacht wurde; ein neues, allen Anforderungen
der Neuzeit entsprechendes Theater wurde zu Tage ge- I welt unserer Stadt seit Jahren eine führende Macht, in der