II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 122

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5. Liebele
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Erste gereizte Empfind= bürgerlichen Rechte, sondern bezüglich des öffentlichen Lebens helfen dem Lexzieren zum Siege und sind bewußt oder un¬
bewußt Bundesgenossen der Antisemiten.
in seinem ganzen Umfange. Die Unabhängigkeit der Rechte
het, wo vernünftiger¬
werden kann, der von dem religiösen Bekenntnisse kann nicht bestehen, wenn sie
gar nicht darauf an, geistreich, sondern wahr zu sein, weil
die einander besser, als sie es sich eingestehen wollen, kennen,
die Primadonna“, von
die künstlerische Absicht des Dichters gerade dahin geht, aus
uf Seite 21.
ergibt sich die Absicht Anatol's, und Gabriele will ihm
dem Alltäglichen das Ideale hervorgehen zu lassen. So
hilfreich an die Hand gehen. Ein Weihnachtsgeschenk, aber
werden wir in die Junggesellenwirthschaft zweier älterer
für wen? Wer ist sie, wie lebt sie, welchen Gesellschafts¬
on.
Studenten eingeführt, die Abends auf ihrem Zimmer zwei
kreisen gehört sie an? „Ach, meine Gnädige,“ erwidert
Mädchen bei sich haben. Christine Weiring, die Geliebte
Anatol, „Sie sind eine Weltdame, die Andere aber ist ein¬
Fritz Lobheimer's, ist die eine, Mizi Schlager, die Flamme
r Schnitzler. — „Rechte der
fach „ein süßes Mädel“. Ihre Wohnung ist ein kleines,
Wiacosa, deutsch von Otto
Theodor Kaiser's, ist die andere. Sie essen, trinken, plaudern,
dämmeriges Zimmer mit gemalten Wänden, ein paar alte,
küssen einander, spielen Clavier, singen, tanzen, eine unge¬
schlechte Kupferstiche mit verblaßten Aufschriften hängen da
sser des Schauspiels
bundene Gesellschaft, die ihre Unterhaltung mit den banalsten
und dort. Eine Hängelampe mit einem Schirm. Vom
einen so schönen und
geistigen Mitteln bestreitet. In diesem allgemeinen Element
Fenster aus, wenn es Abend wird, die Aussicht auf die im
vor ein paar Jahren
der Lustigkeit heben sich aber doch die beiden Liebespaare
Dunkel versinkenden Dächer und Rauchfänge. Und wenn der
er dem Titel „Anatol“
deutlich von einander ab: Mizi und Theodor sind das
Frühling kommt, wird die Hecke gegenüber blühen und
Lehemann einer Gro߬
flachere, geräuschvollere Paar, Christine und Fritz das
duften. „Dort bin ich auch zuweilen glücklich.“ Sie ist nicht
uen bis zu seiner Ver¬
empfindsamere. Mizi ist ihres Zeichens (man erschrecke nicht)
bezaubernd schön, sie ist nicht besonders elegant, und sie ist
Verstrickt. Die Großstadt
Modistin, Christine die Tochter eines Geigers im Orchester einer
durchaus nicht geistreich; aber sie hat die weiche Anmuth
Boden, athmen Wiener
Vorstadtbühne. Mizi, die sich ganz dem Augenblicke hingibt
eines Frühlingsabends und den Geist eines Mädchens, das
ben Schauspielchen ent¬
und nicht begreift, wie man schon im Mai an den August
zu lieben weiß. Und wie sie mich empfängt? Sie hört mich
ft; dafür ist es frei
denken könne, hat ihre Freundin Christine, die bisher ruhig
kommen, steht bei der Thür, halst und küßt mich. Und
den Grund. Es deckt
bei ihrem alten Vater gelebt, in diese lustige Männergesell¬
was sie sagt? Ach, nichts Besonderes. Etwa: Ich bin so
Dem nichts Menschliches
schaft eingeführt. Mizi liebt in den Tag hinein und aus
froh, daß ich dich wieder hab'.“ — „Das ist eigentlich hübsch,
ber vor der anständigen
dem Tag wieder heraus, und ihr Schatz Theodor betrachtet
sehr hübsch,“ meinte die Dame. — „Ja,“ erwidert Anatol,
schwiegen oder möglichst
die Mädchen (der Plural ist hier wesentlich) nur als an¬
„es ist herzlich und wahr.“ — Und sie ist immer allein?“
vor Aller Augen blo߬
genehme Erholung, die er als solche auch seinem Freunde
1— „Ja, sie ist eine Waise.“ — „Und Sie sind ihr Alles?“ —
ntheil zu gestalten, setzt
Fritz empfiehlt; Christine ist ein tiefer angelegtes Gemüth,
(Schweigen.) Gabriele #ht
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Heute.
„Möglich.
immt, eine tapfere Ge¬
die Liebelei ihr unheimlich, sie begreift nicht, wie man
ihm einen Blumenstrauß für sie. „Und sagen Sie hr:
heit um die öffentliche
lieben könn ohne ewig zu lieben. Ihrem Fritz, der leicht¬
Diese Blumen, mein süßes Mädel, schickt dir eine Frau,
abei nicht zu gewinnen.
sinnig ist mit einem trüben Bodensatz von Reflexion, ist sie
die vielleicht ebenso lieben kann wie du, und die den Muth
einmal geleistet werden,
mit ihrer Jnnigkeit doch ein wenig unbequem. Sie will so
dazu nicht hatte.“
immerte, tapfere Mann,
viel von ihm wissen, von seiner Beschäftigung, von seinen
Auf demselben Boden wie „Anatol“ bewegt sich auch
ortung dafür auf seine
Lebensverhältnissen, von seinen Gedanken. Eine Frau in
die „Liebelei“. Es ist eine Welt „jenseits von Gut und
Und fragt man nun
schwarzem Sammtkleide, mit der sie ihn in einer Theater¬
Böse“. Die Liebe wird gepflückt wie Heckenrosen. Allein der
eer uns einführt, so
loge gesehen, beschäftigt ihre Neugierde besonders stark. Wer
Unterschied zwischen jenen kurz angebundenen kecken Ein¬
eter, den er „Weih¬
sie sei, wie er zu ihr stehe — sie kann nichts aus ihm
die anmuthigste Antwort actern und diesem dreiactigen Schauspiel ist bedeuend genug;
herausbringen. Nur zu bald muß sie erfahren, daß diese
denn während dort kein Ausgang ist aus dem einmal fest
abend schlendert Anatol
Frau im schwarzen Sammtkleide ihr Verhängniß sei. An
gezogenen Kreise, werden wir hier in die höchsten Regionen
Schatz (er wohnt vor
jenem lustigen Junggesellenabend wird plötzlich an der Thür¬
zu suchen. Er begegnet der Liebe getragen. Die realistische Grundlage des Stückes
schelle gerissen. Nachdem die Mädchen entfernt worden, tritt
ist weit genug gesteckt, und ein alltägliches, plattes Lebens¬
die gleichfalls mit Weih¬
dem Gespräche der Beiden; bild wird bis ins Einzelnste ausgemalt. Allein es kommt hier] ein Mann in die Stube, der Gatte jener Frau in Schwarz,