II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 212

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Nr. 78
Wien, Samstag
Seite 205
28. März 1896.
Die Zett.
Menschen, welche längere Zeit still sitzen, zuhören und in einen hell¬
und die Gesammtstimmung der Wohnstube auch auf die Farbengebung
beleuchteten Guckkasten hineinschauen sollen. Das hat der alte Gott¬
ein und machte die Malerei, die sonst ein festliches, farbiges, für
hold Ephraim Lessing alles sehr gut gewufst, und der junge Drama¬
Kirche und Palast passendes Gepräge bewahrt hatte, tonig, anspruchs¬
#tiker kann auch heute noch aus der Hamburg'schen Dramaturgie min¬
los, stimmungsvoll, heimlich dem traulichen Dämmer der mehr tiefen,
als fensterreichen Wohnräume entsprechend. Bei jenen Halbromanen
destens ebensoviel lernen, wie aus des Avonianus gar kluger,
wenn auch nicht überall auf der Höhe der Zeit stehender „Dramati¬
Prunk, Monumentalität, Bewegung und Farbenlärm, hier etwas Ge¬
scher Handmerkslehre“.
müthliches. Stilles, Bescheidenes, der germanische Sinn für das Haus
und dessen Schmuck. Mieris malte das wollüstige Knittern seidener
Der ungeheure Erfolg, den Wildenbruchs „König Heinrich“
Stoffe, van der Meer das milde Licht, das verstohlen durch kleine
am Tage nach Halbes matt vorüberhuschender „Lebenswende“ hatte,
Fenster in lauschige Zimmer fällt und auf blankgeputztem Zinn= und
bedeutet keineswegs die Vernichtung der neuen Kunst auf dem Thea¬
Kupfergeschirr, auf Majolikaschüsseln, Silbergeräthe, auf Decken und
ter, aber er kam gerade zur rechten Zeit, um die Theoretiker des
Truhen spielt, de Hoogh den Sonnenstrahl, der einer goldenen Staub¬
Naturalismus einmal gehörig am Ohr zu zupfen und das junge
säule gleich aus einem helleren Seidenraum in ein dunkleces Vor¬
Dichtergeschlecht vor diesen gefährlichen Lehrmeistern zu warnen.
zimmer flutet, Terborg webt kühle Töne, gelb, blau, weiß, zu vornehm
Eine natürliche charakteristische Redeweise, subtile Stimmungsmalerei,
silbergrauen Harmonien zusammen. Und wie das Volksleben, wurde die
sorgjältigere Motivierung und Vernichtung etlicher zur Convention
Natur des Landes, der dem Feinde abgerungene heimatliche Boden zum
gewordenen Unmöglichkeiten — damit haben sich unsere Jungen um
vollgiltigen Gegenstand der Kunst. Während des Befreiungskrieges
das deutsche Drama verdient gemacht. Die Bühne ist literarischer
hatten die Holländer ihr Vaterland lieben gelernt, und ein gemüthlich¬
geworden — aber nun schwebt sie in größter Gefahr, langweilig zu
rührender Provinzialismus, der Patriotismus des Kirchthurms, geht
werden, wenn man nicht endlich sich dazu verstehen will, ein bischen
auch durch ihre Landschaften hindurch. Da gibt es keine heroisch¬
von dem guten alten Theater in das, was man heutzutage Drama nennt,
italienischen Scenerien, keine alten Alpenschlösser und untergehenden
hineinzulassen. Wildenbruch hat es verstanden, sein Publicum nicht nur
Sonnen Griechenlands. Die Tagesstimmungen in ihrer mannigfach
zweieinhalb, sondern vier Stunden lang in athemloser Spannung zu er¬
wechselnden Färbung, die Wirkungen der Sonnenstrahlen, die sich keil¬
halten und Gestalten, wie den König Heinrich IV. und den Papst
förmig durch ein Meer von Nebel schieben, die Poesie der weiten
Gregor VII., mit denen sich so viele seiner Vorgänger vergeblich ab¬
Ebene, wie den Reiz der Wolken, die in schimmerndem Silbergrau
gemüht haben, uns so greifbar nahe zu bringen, dass wir mit Furcht
über die Landschaft langsam dahinziehen, alle diese, gerade der hollän¬
und Mitleiden ihren reichbewegten Schicksalen folgen. Die Mittel,
dischen Landschaft eigenthümlichen Elemente, haben sie zuerst für die
mit denen er das erreichte, mögen einem verfeinerten Geschmack nicht
Kunst entdeckt. Von der feuchten, nebtigen Atmosphäre durchschwängert,
mehr behagen; aber, was er kann, das sollte jeder Dramatiker
wirkt selbst das unscheinbarste Theilchen der Mutter Natur, der dürf¬
zunächst einmal können!
tigste Ausschnitt als harmonisches Ganze, das in der Berührung von
Darum hatte jene Wisbold, der, während die tosende Menge
Licht und Luft aufzuathmen, Seele und Bewegung zu haben scheint.
den Gerhard Hauptmann vom Pegasus zerrte, nach etwas Wilden¬
Die pantheistische Philosophie Spinozas findet hier ihr künstlerisches
bruch schrie, so unrecht nicht.
Spiegelbild. Jan van Goyen, Holländer vom Kopf bis zur Zehe,
Genau genommen, ist aber aus diesen merkwürdigen Berliner
malt seine holländischen Dörfer und Dünen, über denen ein glänzend¬
Theaterschlachten doch nicht Wildenbruch, sondern — Sudermann
grauer Himmel sich wölbt, das Ganze vollständig in holländischen
als Sieger hervorgegangen, das heißt, der Mitteldichter, welcher thea¬
Dunst getaucht, von der heimatlichen Atmosphäre durchtränkt. Jacob
tralisches Geschick mit sorgfältiger moderner Kleinmalerei am besten
Ruysdael weiß die Natur seines Vaterlandes nicht im Werktagskleid
verbindet. Und wem dies Ergebnis zu geringfügig dünkt, der wird
nur, auch im Großartigen zu erfassen, sie in ihrem geheimsten Weben
sich entschließen müssen, mit mir zu bekennen: Wir haben zu früh
zu belauschen und zu einem tiefen Spiegel menschlichen Gemüths¬
und zu lant „Victoria“ geschrien. Wir bereiten eine neue, große
lebens zu machen. Hügel mit Heidekraut und steilem Pfad, den wilde
dramatische Kunst immer noch vor — aber wir haben sie
Rosensträuche überwuchern, einsam stehende Wasser zwischen schwer¬
noch nicht.
müthigen Bäumen, tiefschattige Wälder, in denen Herden weiden, nor¬
dische Wasserfälle, die durch finstere Tannen brausen — über allem
ruht ein elegischer Zauber, ein träumerisch=wehmüthiges Empfinden,
Das geschichtlich „Schöne“ in seinen
eine Tiefe der Naturpoesie, wie sie kein Dichter damals in Verse
fasste. Hobbema versenkte sich in das Liebliche, Stille und Einfache,
Gegensätzen.
Everdingen in das Wilde und Romantische, Koninck in die weite
Von Richard Muther (Breslau).
Ebene, Waterloo in den Wald und in die Schluchten. Neer malte den
(Schlufs.)
Mondschein, der sich silbergrau über einsame Dünen breitet, de Vlieger
n Flandern, dem zweiten Heimatlande der Jesuiten, lebt der Riese
die See mit allen ihren Lannen und die Fahrzeuge, die sie durch¬
+ Rubens. Auch hier trägt die Kunst einen kirchlich aristokratischen
kreuzen, vom kleinen Fischerboot bis zum stolzen Dreimaster. Jetzt
Charakter. Aber sie ist ebenso vollblütig, wie die spanische asketisch,
strahlt die Kunst nicht mehr aus Mariens Auge nur und der Heiligen
ebenso derb, wie jene mystisch, ebenso sinnlich, wie jene weltabgewandt.
Schar, sie senkt sich auf den dürren Sandhügel herab, schaukelt sich
Dort die Abtödtung, hier der Triumph des Fleisches. Da gibt es
auf den Meereswellen, ist in der Bauernhütte wie im Waldesdunkel
keine demüthige Sammlung, Anbetung und Glaubensinnigkeit, wie sie
heimisch, wandelt auf Straßen und Stegen, macht jeden Markt zum
Fiesole malte, keine ruhige Hoheit, wie sie Rafael eigen, keine Abge¬
Tempel. Doch auch die religiösen Gefühle, die das protestantische
storbenheit der Sinne, keine Buße und Verzückung. In rauschender
Holland bewegten, mussten ihren ergreifenden Ausdruck finden, der
Fülle, in prächtigem, festlichem, hinreißendem Pomp ziehen Rubens'
Lebensgehalt biblischer Stoffe musste, vom engen kirchlichen Boden
Gestalten daher, diese kraftstrotzenden Männer mit den ehernen Muskeln
losgelöst, mit der Tiefe germanischer Innerlichkeit neu ausgesprochen
und diese quammig=quappigen, würzigen Weiber. Die Kirche, für die
werden. Alle diese Bestrebungen fafst Rembrandt in sich zusammen,
er malte, war die streitende, kämpfende Kirche, die ihren vollen Glanz
von allen Meistern der christlichen Aera wohl der größte Künder des
entfaltet, um dadurch zu siegen und ihren Sieg zu verkünden, die das
großen Pan, für den die kosmischen Gewalten von Licht und Luft das
Auge umgarnt, die Geister massiert. Und was konnte betäubender,
Göttliche bedeuteten, das Michelangelo in der schönen menschlichen
glanzvoller sein, als die prunkvollen Tempel im Jesuitenstil mit ihrem
Gestalt gemalt hatte.
Fortissimo der Wirkung, den dick plastischen Otnamenten, der strah¬
Im 18. Jahrhundert endlich kommt das Rococo mit seinem
lenden Goldverzierung und als Perle im Golde ein Altarbild von
Rubens.
prickelnden Froufron und seinem feinen Zauber. Frankreich schlägt zum
ersienmal eine originale Note im großen Kunstconcert der Völker an.
Doch das 17. Jahrhundert war nicht nur das Jahrhundert des
Noch unter Ludwig XIV. hatte das Licht der italienischen Renaissance
Ignatius von Loyola und der Theresa von Jesu, auch das Gassendis,
Frankreich überstrahlt. Die Kunst bemühte sich, in reichen Decorationen
Bacons, Spinozas. Und wie so auf der einen Seite die Kunst, wie
und mächtigem Linienschwung die Italiener zu überbieten. Es ent¬
in plötzlicher Erhitzung des Gehirns, immer mehr in den Himmel
standen die in Stockwerke eingetheilten Heiligenbilder Lebruns mit
stieg, machte sie sich, der allgemeinen Culturströmung folgend, auch
ihren theatralisch eleganten Bewegungen und wallenden Gewändern,
immer mehr auf der Erde heimisch. Nachdem sich unter den Händen
schlank sich ausschwingenden Beinen und schwunghaften Geberden: im
der Quattrocentisten die Heiligen des Mittelalters in Menschen, die
untersten Stockwerk die aus der niederen duldenden oder gepeinigten
Goldhintergründe der mittelalterlichen Altarwerke in Landschaften ver¬
Masse, im mittleren ein höheres Geschlecht von heiligen oder sonst be¬
wandelt, wurde die Schilderung des menschlichen Lebens und der satten
vorzugten Menschen mit aristokratischen Manieren und ehrerbietigem
Schönheit der Natur jetzt die Grundlage der Malerei. Zum Führer
Blick zum oberen Stockwerk, aus dem die liebenswürdigen Engel und
auf diesem Wege war Holland berufen, das protestantische siegreiche
Madonnen, die Crême des himmlischen Hofstaates sich mit holder
Holland, das 1609, nach langem Kampf, seine Selbständigkeit sich er¬
Gewährung herabneigen — gleichsam Bilder der damaligen Abstufung
rungen hatte. Nicht wie die Italiener und Vlaamen für Kirchenhallen
der Stände und ihres Verhältnisses zum Hofe. Der ganze Olymp,
und für die Säle der Großen dieser Welt, sondern für das behagliche
alle Heiligen und Helden wurden in Bewegung gesetzt, den König zu
Heim des wohlhabenden Bürgers hatten die holländischen Künstler zu
feiern. Galt es seine Thaten zu verherrlichen, so geschah es unter dem
arbeiten, und deshalb ist auch der Charakter ihrer Bilder ein anderer.
Bilde des Cyrus oder Alexander. Selbst die Gärten rings um Ver¬
Theils wurde der Inhalt weltlich, indem er sich im Gegensatz zu dem
sailles erinnerten mehr an Staatsappartements, die man gemessenen
Wolkengang der Blaamen, den Scenen der Wirklichkeit, des täglichen
Schrittes ruhig und würdevoll durchschreitet als an die traute Natur,
Treibens zuwandte, theils wirkte die Rücksicht auf die Lichtverhältnisse