II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 228


iner
die Zufriedenheit von Frl. Hutley, genannt Lutina, zu
hat „Der Hungelleider“ bis seut steis volle 4e
gärti¬
erzielt. Für Herrn Hamm, den Darsteller der Titel¬
erringen, da sie von einem veritablen Verlobungsring
Bild¬
voraussetzte, daß die Steine in Form zweier Herzen
rolle, haben die Autoren ein neues Couplet geschaffen,
lig
n.
angeordnet seien. Eine bange Ahnung sagte ihr,
das Herr Hamm in der morgenden Vorstellung zum

daß man mit einem Ring, wie dem von Masters ge¬
ersten Male singen wird.
schenkten, sich zwar verloben, aber nimmermehr ver¬
Im Central=Theater hat gestern bei voll¬
heirathen könne. Da er aber in Zukunft durch andere
ständig ausverkauftem Hause die 150. Aufführung der
angemessene Geschenke den Beweis zu erbringen ver¬
Repertoireposse „Eine tolle Nacht“ stattgefunden. Das
suchte, daß er sie und ihre Vorzüge zu würdigen wisse,
Publicum bereitete dem Director, den Darstellern, den
beruhigten sich ihre Bedenken und — es ging, wie es
Autoren und dem Capellmeister Ovationen in Hülle
in solchen Fällen recht häufig zu gehen pflegt. Wie
und Fülle.
sie dann eines Tages krank darniederlag, besuchte er
sie theilnahmsvoll und da er ihre Ringe auf ihrem
— Die Andransche Vandeville=Posse „Madame
Nachtkasten unbehütet sah, nahm er sie an sich und —
Suzette“ begeht am Freitag im Adolph Ernst¬
versetzte sie für 50 Pfd. Sterl. Die arme Miß Hutley
Theater das Jubiläum der 75. Iufführung.
sollte nicht nur ihr Herz, sondern auch ihr Ge¬
Hans Oldens neues fünfactiges Schauspiel
von
schmeide für immer einbüßen. Nach einiger Zeit
„Helene“ ist von Herrn Intendanten Prasch für das
eine erhielt sie einen Brief von Masters, worin er für
Berliner Theater, sowie von Herrn Angelo Neumann
inder.
immer Lebewohl sagte, da er nach Afrika ginge; denn
für das Deutsche Landes=Theater in Prag zur Auf¬

er habe eingesehen, daß sie beide mit einander
führung angenommen.
I,
nicht glücklich werden könnten. Wie sie das las,
fiel sie in Ohnmacht und zwar, obwohl sie in der
Das Philharmonische Orchester veranstaltet
r5
Provinz erste Rolle spielte, in eine echte oder doch so
heute einen Beethoven=Abend. Zur Aufführung ge¬
ein
naturalistisch gespielte, daß sie sich einen Arm und ein
langen: Pastorale, Sinfome D-dur, Serenade für
um¬
Bein brach und neun Monate im Spital liegen mußte.
Violine, Bratsche und Cello, Ouverturen „Coriolan“
Als sie wieder hergestellt war, forschte sie ein wenig
Lusch¬
und „Fidelio“, Fuge aus dem C-dur-Quartett.
nach dem Verbleib des Treulosen und erfuhr, daß er
Heute Abend 7½ Uhr findet im Saal Bech¬
in Chiswick lebe, verheirathet und Vater von vier
ings¬
stein das Concert von Helene Opitz und Didric
Kindern sei. Von einer alten reichen Tante war weit
tritt
Ostemann und in der Singakademie, 8 Uhr, der
und breit keine Spur. Da griff sie zur letzten Zuflucht
: dem
Liederabend von Edith Bagg unter Mitwirkung von
getäuschter Herzen, sie brachte die Klage wegen Bruchs
bräu,
Walther Bachmann, Pianist, statt.
des Eheversprechens ein. Sie erzählte dem aufmerk¬
lsener
sam lauschenden Richter den Roman ihres Herzens in
ürdig
Im Verlage von Karl Köhler (Charlottenburg)
epischer Breite, ohne dabei langweilig zu werden, und
d des
hat der als Componist flotter Tänze und Chansons
brachte als Zeugen nun ihren Arzt und den Brief
Pror
s be¬
hier schon seit längerer Zeit vortheilhaft bekannte Capell¬
mit, in dem Masters ihr blutenden Herzens Lebewohl
meister des Apollo=Theaters, Herr Paul Lincke, einen
sagt, weil er sich ihrer nicht würdig fühle. Das
Venus=Walzer, eine Polka (die „Polka=Freun¬
genügte dem Richter und er sprach ihr eine Ent¬
din“ betitelt) und einen Apollo=Marsch erscheinen
schädigung von 8000 Mk. zu.
lassen. Alle drei Compositionen können in ihrer
oceß
frischen, ungesuchten Melodik als eine angenehme Be¬
slau
reicherung des modernen Tanz=Repertoirs gelten und
weiter
werden daher unserer clavierspielenden Welt eine will¬
Kunst und Wissenschaft.
räsin
kommene Beute sein. Ein ganz besonders glücklichen
— Deutsches Theater. Dienstag, den 4. Fe¬
hatte
Wurf hat Herr Lincke mit der obigen Polka gethan,
bruar. Neu einstudirt: „Der zerbrochene Krug.“
ischen
in deren kecken Rhythmen in der That Straußisches
Lustspiel in einem Aufzuge von Heinrich v. Kleist.
1858)
Blut zu pulsiren scheint.
Hierauf zum ersten Male: „Liebelei“. Schau¬
neral¬
spiel in drei Acten von Arthur Schnitzler. Regie:
In der Jannar=Sitzung des Vereins der Musik¬
Neisse,
Herr Hachmann.
lehrer und Lehrerinnen zu Berlin behandelte Herr
ingen.
Nach schweren Niederlagen endlich wieder ein Sieg
William Wolf in einem ausführlichen Vortrag ein bei
e Ehe¬
im Deutschen Theater, und ein großer und ehrlich ge¬
früherer Gelegenheit schon kurz von ihm besprochenes
ultate
wonnener Sieg! Nach jedem Act rief einstimmiger
Thema: Eine Umarbeitung des Textes der
Frafen
Beifall, den kein Mißton störte, den stattlichen
„Zauberflöte“ deren Plan er entworfen und zum
1 von
blonden Mann vor die Rampe, der das tragische
Theil ausgeführt hat. Hr. W. führte zunächst die
üheren
Idyll geschrieben, in dem das Ewig=Menschliche
Gründe aus, die eine solche Umarbeitung dringend er¬
jungs¬
eine so rührende Sprache spricht. Nächst der „Ju¬
wünscht machen. Diese Gründe drängen sich fast
that¬
gend“ hat die moderne Literatur nichts gleich Lieberes
jedem Hörer auf, sie werden aber durch die einge¬
und Ergreifenderes geschrieben, und gleicher Stim¬
wurzelte Gewohnheit verschleiert und bei einem
ohnes
mungszauber in Gewitterschwüle durchwebt die Scenen,
Theil des Publicums, nämlich bei den Frei¬
ig der
da die alte und ewig neue Tragödie vom „Verhältniß“
maurern, auch dadurch abgeschwächt, daß sie in
1887,
sich abspielt. Und da sich von diesem Schauspiel, das in
der „Zauberflöte“ ein der Freimaurerei gewidmetes
wand,
seinem Genre fast vollendet dasteht, noch Einiges mehr re¬
Heiligthum verehren und daher auch die Einzelheiten
ber in
den läßt, was man füglich um die mitternächtige Stunde
des Textes, selbst die fehlerhaftesten, lieb gewonnen
gegen¬
nicht so rasch sagen kann, so möchte ich das morgen thun.
haben. Die großen und bei der Herrlichkeit des musi¬
geben,
Auch die Darstellung, die im Ensemble wie in einigen
kalischen Theiles tief bedauerlichen Mängel des Buches
ustand
Einzelleistungen das Feinste bot, was man sich nur
I beruhen erstens auf dem unerhörten dramatischen Wirr¬
vor¬
wünschen kann, sowie die Regie haben ihren Theil an
warr, der durch das Zusammenschweißen von ganz ver¬
hatte
dem Triumph des Abends. Die sieben Mitwirkenden
schiedenartigen Motiven entstanden ist. Der Verfasser,
uf die
(sie müssen unterschiedslos genannt werden) waren:
Schikaneder, gab seinem Stoff, um der Concurrenz
1 das
Reicher, Jarno, Rittner, Nissen und die Damen
eines anderen Bühnenstückes aus dem Wege zu gehen,
Land¬
Sorma, Schneider, Meyer. Auch auf diese muß
plötzlich von der Mitte aus, eine undere Wendung und
gericht
ich zurückkommen.
faßte zugleich den Gedanken, aus ihm ein allegorisches
kanne,
Den Abend eröffnete der wenig gelungene Versuch
direct für die Wiener Freimaurer berechnetes Stück
1 auf
zu machen
einer Neueinstudirung des „Zerbrochenen Kruges“.
Schikaneder sowohl wie Mozart
keine
Im ersten Jahre des Deutschen Theaters wurde er
waren Brüder der Wiener Loge „zur gekrönten
achten
mit Herrn Friedrich Haase in der Rolle des Adam
Hoffnung“. In Folge dessen ist der zweite Act mit
„ vom
gegeben. Nun spielt sie Herr Müller. Herr Müller
einer Menge von Anspielungen angefüllt, die schlecht
umen,
war brav und — von einigen Momenten abgesehen —
oder gar nicht in die Fabel des Stückes hineingearbeitet
ig ist,
nicht mehr als das. Er spielte den frechen grauen
worden und die wohl für Freimaurer verständlich sind,
r Zu¬
Sünder, wie ein tüchtiger Schauspieler eine Rolle
für das übrige Publicum aber keinen Sinn haben.
spielt, die ihm nicht eben liegt. Herr Müller hat keine
Der zweite Grundmangel ist die bekannte, oft bis zum
n mit
Komik (von Humor noch gar nicht zu sprechen) und
Kindischen und Lächerlichen gehende Unvollkommenheit
gräf¬
vergebens reden ihm die seine Freunde, und er wiede¬
der sprachlichen Ausführung. Hr. W. hat nun einen
h auf
rum sie uns ein. Die Domaine des Herrn Müller
einheitlichen dramatischen Plan erdichtet, worin alle die
r.
sind die alten bürgerlichen Leute (er hat uns da schon
verschiedenen Elemente des Stückes ohne in ihrem
vorzügliche Typen geschaffen), weder auf klassischem
wieder
Wesen verändert zu werden, harmonisch aufgehen und
be¬
Gebiet noch auf dem des Humors blühen ihm Lor¬
ein sinnvolles Ganzes bilden sollen. Die Mozartsche
(rley,
beern.
Frau Meyer war als Frau Marthe
Musik wird hierbei in keiner Note berührt und
sehr farblos, und das dralle Bauernmädel
rovinz
ihre innere Bedeutung an keiner Stelle verschoben. Um
Rollen
Eve hatte man einer kleinen schmächtigen
die dramatische Grundlage dem Hörer zur Kenntniß
Lebens
Anfängerin anvertraut. Frau Schmittlein und
zu bringen, setzt Herr W. dem Stück ein Vorspiel
nicht Frl. Lehmann hätten den beiden Gestalten entschieden! voran, das in einer Priesterversammlung besteht, ganz
(ucen