II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 251


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Schmeichelei das träge Dahinschlumm und die
Wiens. Zum ersten Male seit Jahren teht nun auf
matischem Gebiet ein junges Talent auf, das de wienerische
Phlegma von sich thut, und, so grundwienerischs in seinen
ter Empfindungen lbleibt, von der Kunstarbeit vor# tsstrebender
deutscher Genossen zu lernen, sich bemüht. Arthur Schnitzler
ist der Name des Wiener Dramatikers, und sein Schauspiel
„Liebelei“ erzwang sich am Dienstag im Deutschen
[Theater lebhafte Theilnahme.
Für mich ist das Schauspiel unzweifelhaft das Werk einer
feinfühligen Künstlernatur; doch scheint sie mir eher der Grazie,
ten als tiefer, herber Kraft verwandt; und es sollten nicht
allzu reiche Erwartungen sich an das Auftreten Schnitzler's
knupfen. Was er schildert, ist junges, wehmuthvolles Leid. In
weiche, Wiener Atmosphäre ist es gerückt und in dieser milderen
Je¬
Luft erscheint selbst die Brutalität nicht so hart, wenigstens in
196 Schnitzler's Weise nicht so hart, daß ein modernes Theater¬
die publikum dadurch grausam aufgeschreckt würde. Eine Gewissens¬
frage aus unserem Gesellschaftsleben wird berührt, aber in den
jen gedämpfteren, sanfteren Tönen Schnitzler's klingt sie so sehr
w# aufrüttelnd; und so durfte sie sogar vor dem Publikum des
Hofburg=Theaters in Wien erörtert werden; und das Publikum
zur
murrte nicht, wie es vielleicht bei einem Poeten von leidenschaft¬
ses
licherem Athem oder herberer Gewissenhaftigkeit gemurrt hätte.
ort¬
In die Frühlingszeit armer Mädchen führt das Drama
ein. Der einen und einem Dutzend von Mitschwestern be¬
zu
deutet die Liebelei einen flüchtigen Schimmer von Glück,
sen
eine leichte, vergängliche Lustbarkeit, eine reizvolle Ab¬
das
hat wechslung im grauen Einerlei ihres Lebens. Für die andere,
ern die ihre volle Seele hingegeben hat, wird die Liebelei zum
gs= tragischens Verhängniß.
ie hat Liebe erwartet und man
ab=hat ihr Tändelei gereicht. Das ist die Tragik im Geschick
zer= von Christine Weiring, der Tochter eines Violinspielers
ner in einem Wiener Vorstadt=Theater.
Sie war einem
lche jungen Mann aus „höheren“ Gesellschaftskreisen begegnet. Sein
sefs glänzendes Auftreten, eine gewisse Herzlichkeit der Sprache hat
ner die Unbefangene geblendet. Fritz Kaiser ist im grunde auch
iese nicht verderbt. Seine Klassenerziehung, seine Lebensgewohnheit
den macht ihn zum skreippellosen Verderber. Von jeher hat er
nge
das Gefühlsleben der Mädchen aus dem Volke unterschätzen
vollgelernt, es ist ihm so eingeimpft worden: und während
er sich um einer „Dame“ willen schlägt, wird er sich der
kraffesten Brutalität an dem Weib aus dem Volke kaum bewußt.
Weil er in ein folgenschweres Verhältniß mit einer verheiratheten
Frau verwickelt war, kam ihm Christine, die Bekaunte einer
auf
lockeren Geliebten seines Freundes, zur Zerstreuung gelegen.
rter
Christinens Vater ist ein murbgewordener Alter. In ihrer Art ist
jest¬
diese Gestalt vielleicht die markanteste des Stückes. So stumpf
um
gemacht hat ihn das tägliche Elend, daß er in duldsamer
mit
Passivität, ein Proletar ohne proletarisches Selbstbewußtsein,
kurz
seine Tochter gewähren läßt. Lieber soll sie das Bettelalmosen
irer
der Liebelei eines Kavaliers annehmen, als ein trostloses Dasein
dlich
ohne Ende ohne verklärende Frühlingsluft führen.
loch
Was für erschütternde Klänge hätte ein Dichter von stärkerem
zug¬
sozialen Mitempfinden als Schnitzler hier finden können, wie
ifall
hätte ein Gerhard Hauptmann hier in schmerzhafte Tiefen
urch
gelangt. Schnitzler gleitet über die Rauheiten weniger be¬
rag¬
denklich hinüber. Sein Mitgefühl wendet sich vornehmlich dem
thof
geläuschten Mädchen zu.
Fritz ist im Duell mit dem be¬
zu¬
hen= trogenen Gatten gefallen. Christine erfährt, daß nicht sie,
sondern eine verheirathete Dame Sinn und Seele ihres Geliebten
iter,
erfüllte. Sie erträgt es nicht, so verrathen zu sein. Wahn¬
sinnig vor Schmerz, gebrochen und vernichtet, geht sie in den Tod.
unde
Frau Sorma bewies als Christine namentlich im Schlu߬
der=akt ihre reiche Künstlerschaft; naive Hingebung, wie Herzens¬
nigenoth und Leidenschaftlichkeit in jedem Wort, in jeder Geberde
des
Dem Schauspiel Schnitzler's ging neueingeübt Kleist's L
sehr
spiel „Der zerbrochene Krug“ voraus. Um des humorp
men Charakterbildes willen, das Hermann Müller als Dorfrich
entwarf, ist die Aufführung sehenswerth. Nicht entfern
1 i reichten die übrigen Darsteller an den safele Humor Müller
Merlherg
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