II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 326

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5. Ma1
#r. Lundgerschisrat Rude, Staatsanwalt: Ciobins.
dem Puvisium bieter Heute lacht nienen
Die Haushälterin Magdalena Kuth. Peters und ihr Bräu¬
Tristan Isolde „minutenlang in stummes Glück Ver
ansieht. Iu der Oper sind wir es eben gewohnt; aber in
Egam, der Schlachtergeselle Karl Einicke waren wegen wieder¬
Schauspiel scheint es noch immer komisch zu wirken. Es war
Pplten Diebstahls resp. Hehlerei angeklagt. Die Haushälterin,
nicht erfreulich, daß gestern fast immer vornehmlich gelacht
Lelche sich im Dienst eines Malzbonvonfabrikanken befund,
wurde, wein Fritz Christinen auch nur sekundenlang mit inniger
iu diesem fortgesetzt in vielen Fällen Reidungsstücke, Schmuck¬
Liebe stumm ansah oder ihr wortlos einen langen Kuß auf die
schen, Eßwaaren, Rheinwein, Rotwein und Champagner
Stirn drückte. Ja, haben denn alle diese Lacher nie das süße
Mohlen haben. Einen großen Teil der Sachen soll sie ihrem
Glück genossen, das uns bei dem Aublick eines geliebten
räutigam, der um den unredlichen Erwerb gewußt haben
Wesens völlig verstummen läßt? Was wirkte denn daran
A, geschenkt, resp. in Gewahrsam gegeben haben. Die sehr
eigentlich so komisch? Ich bin überzeugt, daß in wenigen
Iinfangreiche Beweisaufnahme genügte dem Gericht nicht,
Jahren das Stück, das heute noch befremdlich wirkt, auch
in ein Urteil sprechen zu können. Die Verhandlung wuede
Der
in Hamburg denselben tiefen Eindruck auf die Hörer gemacht
kher zwecks weiterer Zeugenvernehmung vertagt.
küpermeister Koll aus Altona wurde wegen gewerbsmäßigen
haben wird, den es in Berlin bereits jetzt macht, wo
durch die vielleicht in manchen Theatern einseitig über¬
Puchers zu fünf Monaten Gefängnis unter Aurech¬
triebene Kulnvierung der modernen Richtung das Publikum
fung von einem Monat der erlitienen Untersuchungshaft,
wie zu 1500 Mk. Geldstrafe event. ferneren 100 Tagen
schon mehr duran gewöhnt ist, mit dem Dichter vor seinen
Bühnen=Menschen mitzuempfinden und arauf zu verzichten,
Befängnis verurteite Ein wegen Beihülfe angeklagter Rentner
sich jede kleinste Seelenregung breit vorerzählen zu lassen. —
burde freigesprochen.
Gespielt wurde gestern Abend ganz vortrefflich Am besten
S
war die Benefiziantin als Christine, die sich völlig in ihre
Thalia=Theater.
Rolle hineingelebt hatte. Herr Nhil als Fritz stand ihr
ebenbürtig zur Seite. Er suchte durch sein Spiel möglichst
Benefiz für Frl. Lotte Witt. — Seit Wochen
die Lücken auszufüllen, die der Dichter bei der Charakterisierung
ausberkauft! Das sind zwei Begriffe, die eigentlich not¬
gelassen. Frl. Engl als Mizi und Herr Bozen¬
wendig zusammengehören. Hätte Lotte Witt die senmmentalste
bard als Freund Theodor waren von trefflicher Laune
Birch=Pfeisseriade, dus verblaßteste Benedixsche Lustspiel für
und erfrischendem Humor. In kleineren Rollen thuten
ihren Benefizabend gewählt, es wäre in gleicher Weise ausver¬
Frl. Stengl als Strumpfwirkersgattin und Herr Flashar
kauft gewesen. Sie ist nun einmal der erklärte Liebling der
in der kleinen, aber nicht unwichtigen Rolle von Christinens
Hamburger, und zwar mit vollstem Recht, was man be¬
Vater ihr möglichstes, um einen guten Erfolg des Stückes
kanntlich nicht von jedem Liebling sagen kann. Aber obwohl
zu ermöglichen. Leider gelang es, wie schon erwähnt, nur
sie des Beifalls ihrer zahllosen Berehrer und zuhlloseren
sehr unvollsändig.
Verehrerinnen sicher sein konnte, so war es doch ein kühnes
Seinem Klatschbedürfnis konnte das Publikum noch Ge¬
Wagnis, für diesen Abend gerade ein durchaus modernes,
nüge thun, da dem ersten Schauspiel noch der beliebte theatralische
hier noch nie gespieltes Stück Arthur Schnitzlers
H. H.
Scherz „Theaterteufelchea“ folgte.
„Liebelei“ zu wählen. Zwar-hatte das Stück in Bertin
großen Antlang gefunden, ja es war eigentlich das einzige
Zug= und Kassenstück gewefen, dessen sich das Berliner
Vereine und Versammlungen¬
1 „Deutsche Theater“ in dieser traurigen Saison erfreuen
konnte. Aber man konnte doch mit Recht zweifeln, ob der
* Der Zentralansschuß Hamburger Bürgepvereine
Geschmack des hiesigen Publikums sich als der gleiche erwiesen
hielt am gestrigen Abend in Eschkes Gesellschaftshaus in der
würde.
Schauenburgerstraße seine zehnte allgemeine Verfämmlung ab.
Und — um dies gleich vorwegzunehmen — dieser Zweifel
Nachdem der Vorsitzende Herr H. Schmidt die Anwesenden be¬
war sehr berechtigt. Das Stück ist trotz vortrefflichen Spiels
bei seiner gestrigen Erstaufführung, wenn man offen sein will,
grüßt hatte, erstattete der Schriftführer Herr R. J. Dührkoop den
kühl abgelehnt worden. Es wurde zwar nach jedem Alt geklatscht,
Jahresbericht, aus welchem hervorging, daß der Zentralausschuß
doch galt der Beifall wohl fast ausschließlich den Darstellern,
auf eine reiche Thätigkeit zurückblicken darf. Dem Schatzmeister
und nur die Berehrung für Fräulein Witt, der man die
Herrn J. Gillmeister wurde nach Vorlegung des Kassenberichts
Freude an dem schönen Ehrenabend nicht trüben wollte, ver¬
hinderte es, daß sich die Opposition mit ihrem Zischen noch
Decharge erteilt. Zu Revisoren für das Jahr 1896/97 wählte
bemerklicher machte. Aber man merkte, daß das Publikum
1 der Ausschuß die Herren Hofmann und Heitmann, welche
dem Stück selbst kühl bis aus Herz hinan gegenüber stand.
auch im verflossenen Jahre als Revisoren gewaltet hatton.
ja ohne rechtes Verständnis oder rechte Würdigung der
Den Schluß des Abends bildete ein mit großer Zustimmung
Bühnenvorgänge. Wurde doch gerade bei einer Reihe durch¬
aus ernster Stellen gelacht, bloß weil sie in ihrer Art von
aufgenommener Vortrag des Herrn Dr. H. Erdmann über
der Schablone abwichen und befremdlich wirkten.
„Deutsche und Hamburger Theaterverhältnisse.“
Wie in allen modernen Stücken, so ist auch in der
Auf den Inhalt dieses Vortrages, sowie auf die Einzelheiten
„Liebelei“ wenig Handlung, nach den alten Begriffen also
des Jahres= und Kassenberichts werden wir in unserer nächsten
auch wenig Inhalt. Fritz Lobheiner liebt die Frau eines
Andern. Aber er kann dieser Liebe nicht froh werden. Die Furcht
Nummer ausführlicher zurückkommen.
vor Emdeckung, die bange Ahnung kommenden Unheils be¬
Der St. Pauli=Hafenverein hielt bei Hornhardt
drückt ihn und seine Geliebte schwer. Theodor Kuiser, ein
eine große Wobtthängkeits=Vorstellung zum Besten der Hinter¬
verbummelter, lebensfroher Student in höheren Semestern,
bliebenen der beim Hauseinsturz auf der Uhlenhorst Ver¬
sucht seinen Freund Fritz aus der verzweifelten Stmmung,
unglückten ab. Die Vorstellung war leider nicht so gut
dem Schwanken zwischen fieberhafter Erregung und schwer¬
besucht, wie es der gute Zweck verdient hätte. Die Haus¬
mütiger Sorge, herauszureißen. Er kennt nur ein Mittel:
kupelle unter Leitung ihres Kavellmeisters, Herrn Alfons Roehl,
Zerstreuung durch höchsten Lebensgenuß. Er kann diese
brachte zu Beginn der Vorstellung die Ouvertüre zur Oper
settsame Liebe seines Freundes zu der „dämonischen Frau“
„Maritana“ von Wallace und den Walzer „Lu#tige Brüber“
nicht verstehen, er sagt als Dogma: „Die Weiber haben gar
von Vollstedt zu Gehör. Sodann traten verschiedene Sve¬
nicht interessant, sondern nur angenehm zu sein.“ Als guter
zialitäten auf. Zuerst die Miniatür=Tänzerinnen Jeanne
Psychologe sucht er die Liebe seines Freundes durch
und Marie, die einen spanischen Nationalianz ausführten.
eine Liebelei zu kurieren. Deshalb hat er für den Abend,
Ihnen folgte die Truppe Allison mit ihren Leiter=Produktionen.
an dem das Stück einsetzt, seine kleine Freundin Mizi und
Diese Truppe, aus fünf Herren bestehend, zeigte, in Matrosen¬
deren Freundin, die junge Christine, eingeladen. Fritz war
Kostümen auftretend, eine ganz besondere Gewandheit, die
schon mehrfach mit Christine zusammen, sie hatte ihm ge¬
umsomehr bei Vielen aus dem Publikum Anklang fand als die
fallen, ja, er fühlte sogar, daß ihm hier vielleicht echtes
Mitglieder des St. Pauti=Hafenvereins derartige Produknonen
Liebesglück erblühen könnte. Denn Christine liebt ihn heiß,
sehr gut zu würdigen wissen, da die Produktionen der
leidenschaftlich, sie schenkt ihm den ganzen Schatz ihrer ersten,
Truppe an die Verrichtungen auf Schiffen erinnerten.
reinen Liebe. Aber Fritz ist noch zu fest umstrickt von der
Das Schulpferd „Galgennrick“, in allen Gangarten der
fündigen Liebe zu seines Nächsten Weib, um bei Christine
hohen Schule geritten vom Direktor Rentz, errregte
das Glück wirklich zu finden, das ihee Liebe bieren könnte.
große Heiterkeit. Im zweiten Teile des Programmes
Christine selbst fragt nicht nach der Zukunft, sie fragt nicht
trat zuerst „Auarte“, das Geheimnis von Boston auf, eine
danach, ob er sie später zum Weibe nehmen werde, sie will
nur eins: daß er sie jetzt liebt, daß er jetzt ihre Liebe] Illusion nach Art der „Magneta“. Nach den Gesängen der