II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 405

Liebelei
5. LaeLEIe box 10/4

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N
Rheinischer Kuri
Baccalauriatdiploms alle vier Angeklagten frei, obschon die vorführte, Arthur Schnitzlers dreiaktiges Drama
seun
Die a
Thatsache nicht zu leugnen war, daß Déon unter dem Namen
„Liebelei“. Mit Kühnheit und Kraft weiß der Verfasser
viel b.
von Vertrand de Caseau die Prüfung bestanden hatte. Der
in das zerrissene Empfindungsleben unserer Generation hinein¬
Grund der Freisprechung ist darin zu suchen, daß Wle die
Höret,
zugreifen, mit sittlichem Ernste auch heikle Probleme zu er¬
Advokaten nachwiesen, in den bisherigen Fällen, wo solche
örtern und vor allem dichterisch zu gestalten, allen inneren
samme
Erschleichungen des Diploms zur Kenntnis der Behörden ge¬
Gehalt seines Stoffes bis auf den letzten Tropfen herauszu¬
Theate
langten, die Folge bloß in der Ungiltigkeitserklärung des
schöpfen. Eigentümlich ist es dabei, wie Schnitzler in der
neuntä
Diploms bestand. Der Hauptschuldige Déon hatte übrigens
schwülen, gewitterschwangeren Stimmung seines Stückes mit
dem u
bereits 6 Monate Untersuchungshaft abgesessen.
am 2.
□Paris, 1. Nov. (Ueberschwemmung.) Die
anderen zeitgenössischen Dichtern sich begegnet. Wir wissen
sollen
meisten französischen Flüsse sind stellenweise aus ihren Ufern
von Anfang an, daß der Held des Dramas vom Tode ge¬
besitzer
getreten und richten große Verheerungen an. Der Seine
zeichnet ist, am Rande des Abgrundes pflückt er noch die
Acosta“,
fehlen in Paris nur noch 10 Ctm. zu dem Niveau von 1876,
lieblichsten Blüten einer hingebenden Frauenliebe; ganz
Gastspie
wo das stärkste Anwachsen des Stromes im ganzen Jahr¬
ähnlich aber ist die Todespoesie in Sudermanns „Morituri“
nächste
hundert beobachtet worden ist. Alle Bewohner der Insel
(besonders im zweiten Stück dieses Cyclus), wie in Engels
Saint=Denis mußten ihre Wohnungen räumen da sie im
„Hexenkessel“. Es ist kein Leichtes, den Zuhörer den schweren
Wasser stehen. Schon seit 17 Tagen ist der Schiffsverkehr
Druck der hoffnungslosen Situation vergessen zu lassen, und
auf dem Flusse unmöglich. Am Quai des Loutre drang das
erläßt
Wasser in das Gebäude des Oktrois, der Square des Pont¬
doch vermag es der Dichter durch die ergreifende Darstellung
„Lui
Neuf ist von Wasser bedeckt der Quai de la Rapée steht
einer mit ursprünglichster Kraft liebenden Frauenseele. Dieser
Am 2
unter Wasser, in dem großen Weinlager von Bercy arbeiten
unmittelbar ergreifenden Gestalt gegenüber vermag allerdings
König
die Pumpen Tag und Nacht, um die Keller zu retten. Die
der schwächliche Liebhaber weniger zu fesseln, der die tragischen
Beschl
der Seine entlang laufende Eisenbahnlinie der Moulinaux
Folgen einer Modeliebelei auf sich nehmen muß, an der
samm
funktionirt nicht mehr, da sie unter Wasser steht.
sein Herz kaum beteiligt war und der erst im letzten Momente
(Mün
C.T.C. Lyon, 2. Nov. (Ueberschwemmung.) Die
erkennt, welchen Schatz innigster Zuneigung er kaum beachtet
Profe
Rhone und Saone steigen fortgesetzt in beunruhigender Weise.
Gener
hat. Es ist ein junger Student, Fritz Lobheimer, der in ein
Zahlreiche Häuser stehen unter Wasser. In Neuville treiben
(Mün
Möbel auf der Saone. In St. Rambert sind die Soldaten
Duell mit einem beleidigten Ehemann verwickelt ist. Den
verhis
vom Wasser in der Kaserne eingeschlossen. Die Hälfte der
tragischen Ausgang sieht er als sicher an, er betrachtet ihn
Das
Ortschaft ist überflutet. Viele Häuser sind geschlossen. Der
zugleich als Sühne für sein Verschulden. In leichtfertiger
gesan
durch die Ueberschwemmung in Lyon und Umgegend ange¬
Tändelei hat er früher das Herz eines armen jungen Mädchens
Besa
richtete Schaden ist sehr beträchtlich. Rettungsgesellschaften.
gewonnen, Christine Weirings, deren Vater als Violinspieler am
nach
organisiren die Hilfeleistung. Bisher ist kein Verlust an
Josefstädter Theater in Wien angestellt ist. Was bei dem jungen
nach
Menschenleben vorgekommen. (Tel.)
Komx
Manne nur Zeitvertreib war, ist für Christine das einzige
Hd. London, 2. Nov. (Ausstand.) Seit drei Tagen
wird.
Lebensglück. Als sie nun erkannt, daß der, den sie so hoch
verweigern die Lohnkutscher den Reisenden ihre Dienste. (Tell)
länge
gehalten, im Duelle für eine andere gefallen, eilt sie davon,
Petersburg, 31. Okt. (Ein Raubmord) set
heime
um nicht wiederzukehren. Als wirksame Folie für diese
die Stadt in Aufregung. In der Wohnung der Witw
Majo
beiden Hauptcharaktere dient das leichtsinnige Pärchen, der
Schako erschien ein Bekannter, ein Elektrotechniker. Er bat
„Dei
lustige Student Theodor Kaiser und die immer fidele
warten zu dürfen, weil er in der Nähe beschäftigt wärs
und
Modistin Mizi Schlager, beides gutmütige Augenblicks¬
Seine Bitte wurde gewährt. Frau Schako ging darauf fort
bei n
menschen; ohne viel Gewissensskrupel genießen sie ihr Leben,
um Einkäufe zu besorgen. Der Bekannte blieb mit de
schrit.
15jährigen Tochter der Witwe allein. Als diese zurückkehrtel
um sich dann so vergnügt wieder zu trennen, wie sie sich ge¬
Komx
fand sie das unglückliche Mädchen mit klaffenden Wunden
folge
funden haben. So stehen sie fassungs= und verständnislos
ermordet vor. Die Kommode war erbrochen und Wert
Mün
dem tragischen Ausgange gegenüber. Der alte, kindlich gut¬
papiere iu Höhe von 3000 Rubeln entwendet. Der Mördez
in M
mütige Violinspieler und eine klatschhafte Nachbarin bilden
hat am Ort der That seinen Paletot und seine Galoschen
in W
die übrigen Personen der Handlung. Daß das Stück in
zurückgelassen. Die Polizei ist ihm bereits auf der Spu#
Teile
Wien spielt, ist doch wohl nicht eine Konzession an den
enges
augenblicklichen Modegeschmack, der für alles „Weanerische“
Leder
Kunst, Litteratur und Wissenschaft.
schwärmt, die leichte oberflächliche Lebensauffassung dieses
Berli
U. Wiesbaden, 2. Nov. (Königliche Schau¬
von
genußfreudigen Völkchens bietet vielmehr den passendsten
spiele.) Das gestrige dritte Gastspiel der Frau E. de
Wien
Hintergrund für den Konflikt. Uebrigens sind alle Situationen,
Lacroix brachte uns Verdis „Aida“, worin die genannte
Auße
auch die verfängliche Schilderung eines Junggesellen=Soupers
Dame die Titelrolle in deutscher Sprache sang. Mit Ver¬
Mün
ohne alle gesuchte Pikanterie ober gar Frivolität mit wohl¬
kurre
gnügen konstatiren wir, daß Frau de Lacroix dabei unsere
thuender Decenz behandelt. Frau Alice Rauch fand in
Hoffnungen durchweg erfüllte, stellenweise selbst noch über¬
der Rolle der Christine wieder Gelegenheit, die ganze Inner¬
erich
traf. Das Organ klang recht sympathisch. Einige kritisch
lichkeit ihres seltenen Talents zu bewähren. Wenn man viel¬
„De¬
hochgelegenen Punkte wurden teils mit weiser Vorsicht, teif
Scei
leicht im letzten Akte für die Töne leidenschaftlicher Ver¬
durch energische Tapferkeit glücklich überwunden. Die Durch¬
tönts
zweiflung sich noch einen größeren Aufwand physischer Mittel
führung des Gesangspartes ließ überall die routinire
„Me
wünschen könnte, so gestaltete die Künstlerin dafür alles
Sängerin erkennen, die sich von Akt zu Akt freier in ihte
Sie
übrige dafür mit einer Tiefe der Empfindung und rührenden
ein?
Aufgabe einzuleben wußte und so steigenden Erfolg erzielg¬
Schichtheit, die den Weg zum Herzen der Hörer zu finden
gelaf
Haftete der Scene des ersten Aktes noch eine gewisse B¬
verstand. Herr Bartak wußte ebenfalls die Gestalt des
ein
fangenheit und Kühle des Vortrags an, so änderte sich dis
unglückseligen Helden überzeugend wiederzugeben, während
gerie
schon in dem großen Duett mit Amneris, während dis
Herr Jordan besonders in den lustigen Partien seiner Rolle
Thä
Finale des zweiten Aktes bewies, daß das Organ der Fräu
am Platze war und Frl. Schäffer mit entzückender Natür¬
de Lacroix auch ein großes Ensemble siegreich zu domi¬
lichkeit zu plaudern wußte. Den alten Musiker spielte Herr
niren imstande sei. Ihr Bestes bot uns die Sängerin in
Unger mit herzlicher Empfindung und Herr Schwartze
9
dem dramatisch bewegten dritten Akt, wo sich Gesang und
hatte seine kurze Scene (die Herausforderung zum Duell) zu
Sies
Darstellung in anerkennenswertestem Maße deckten. Die ge¬
einer prächtigen Leistung herausgearbeitet. Auch Fräulein
land
schmackvolle Wiedergabe ihres Partes im Schlußduett run¬
Pauly ist in der Rolle der Strumpfwirkersfrau noch mit
russis
dete dann die Leistung des Abends in befriedigendster Weise
Lob zu erwähnen. Reicher Beifall und Blumenspenden wurden
werl:
ab. Frau de Lacroix erntete reichen Beifall. Den
besonders Frau Dr. Rauch von de rechhlreich versam¬
Rhadamés sang gestern zum erstenmale Herr Lemisiano. Der
melten Publikum zu Teil.
neue Tenor, in dessen Entwickelung manche so große Hoffnungen
Th. R. Wiesbaden Nov. (Konzert des
setzen, während andere keine Besserung erwarten, gab mit der
Sängerchors des Wiesbadener Lehrer=Ver¬
sehr ungleichen Durchführung der genannten Partie wieder
eins.) Der genannte, von Herrn Direktor Spangenberg
Ret
beiden Teilen Anhaltspunkte zur Begründung ihrer Be¬
geleitete Verein gab am letzten Samstag, den 31. Oktober,
hat
hauptungen, vorläufig den Gegnern allerdings mehr als seinen
im Kasino=Saal sein erstes Konzert in der beginnenden
Han
Freunden. Wenn es Herrn Lemisiano gelänge, der
Saison. Unterstützt wurde er von der Konzertsängerin Frl.
Han
Th. Behr (Alt) aus Köln und dem Pianisten Herrn
schöne lyrische Timbre einzelner Töne dem ganzen Organ mit¬
inter
O. Voß aus Wien. Die Stimme der Sängerin ist von
zuteilen, das Tremoliren und Detoniren, das stoßweise An¬
weichem, sympathischem Timbre und pastoser Fülle, ein aus¬
won.
setzen des Tones u. s. w. zu vermeiden, — kurz: künstlerisch
B

tein