II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 441

5. Lieb
Se
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Neues Pester Journal.
„ Sonntag, 16. Mai 1897


seine Frau zu seinen besten Freund in selschen Nyc:
Theater, Kunst und Literatur.
Beziehungen gestanden ist. Die Frau wahrte ihre Hatv
eheliche Pflicht und ihre physische Reinheit und Direkto
Lustspieltheater.
wies den Verführer ab, der darüber in den Tod
Unter den bisherigen Gastvorstellungen der
ging. Der Gatte ordnet den Nachlaß des Freun¬
Wiener Künstler bot uns der heutige Abend die leb¬
des und gewinnt aus den Briefen seiner Frau
hafteste Anregung. Wir lernten heute zwei bedeutende
die Ueberzeugung ihrer Unschuld. Gleichwohl quält
Werke hervorragender zeitgenössischer Autoren kennen,
Der
welche in der vortrefflichen Darstellung tiefen, nach= ihn der fürchterlichste Zweifel, ob die Frau nicht nur
haltigen Ein##ck hervorriefen. Die interessantere der aus Pflichtgefühl rein geblieben sei, ob sie den Ver¬
Die
beiden Nevitäten ist das dreiaktige Schauspiel storbenen nicht doch geliebt habe. Und als er nun
unter den brennenden Qualen der Eifersucht um die!
„Liebelei“ des Wiener Autors Arthur Schnitzler,
Liebe seiner Frau wirbt, schleudert ihm diese mit
in welchem wir einen hochbegabten Vertreter der
einem Aufflammen fanatischen Widerwillens das Nach d'
modernen Richtung mit Vergnügen kennen lernten.
Geständniß zu, daß sie ihn all' die Jahre her be= Kabinel
Der nordische Realismus hat sich nur schwer nach
trogen habe, daß sie nie einen Anderen geliebt alsltigke
dem sonnigeren Süden Deutschlands verpflanzt;
den Mann, der ihrethalben in den Tod gegangen.erst tret
in Wien zumal, wo noch immer etwas vom
Der Gatte weist ihr die Thüre, aber sein Lebens= bekannt
Phäakenthum des Schiller'schen Distichons in der
glück ist vernichtet. Ist das Wahrheit? Der Kon= nur ein
Luft schwebt, haben der fröhliche Hang nach
flikt ist möglich, sogar häufig. Aber die überlasse
Lebensgenuß, das leichtere Temperament und viel¬
Lösung ist widerwärtig und unglaublich. Verdient
leicht auch die geringere Schärfe der Intelligenz aus
der Mann für all' seine grenzenlose Liebe diese grau, aufzustel
der literarischen Produktion jenen Zug von geistiger
same Vernichtung? Für welche Schuld? Weil er sich und daß
Friedene
und moralischer Askese ferngehalten, der uns in den
wie ihm seine Frau haßerfüllt zuruft — sicher
Werken nordländischer Naturalisten nicht immer an¬
weitere
geglaubt und für den Verlust seines köstlichsten Be¬
genehm anmuthet. Arthur Schnitzler ist der
sitzes nicht gezittert hat? Lüge, Verstellung und Grau¬
Erste, der mit keckem Griff mitten ins warme Leben
samkeit sind nimmer Rechte der Seele. — In der Offiziäs
hineingreift und uns mit aller Härte der Thatsachen
Wiedergabe des Duettes von Liebe und Widerwillen Sachen
ein packendes Bild vor das Auge stellt, ein Bild
bedingur
voll Wahrheit und voll Schmerz, aber auch voll zeigte sich Frl. Kallina ihrem Partner Herrn
seien nic
echter Poesie, die auch im Leben an allen Ecken und Hartmann stark üb legen. Sie war von dämo¬
nischer Schönheit und ft in den aufflammenden
Frieden
Enden in zarten Blüthen zum Licht dringt, das
Aeußerungen ihrer Leiden, chaft. Die Größe und Viel¬
Starre mildert, das Lächeln adelt, die Thräne versüßt.
seitigkeit ihrer Begabung ist bewundernswerth. Dasstinop
Schnitzler's Schauspiel behandelt die alte, alte
Haus war auch diesmal vollständig ausverkauft. x. haben,
Geschichte vom gebrochenen Herzen. Junges Blut
bewillige
sucht Seinesgleichen und Eines nimmt die Sache zu
* (Volkstheater.) Johann Strauß' vor= für de
tragisch. Die beiden Studenten Fritz Lobheimer und
jüngste Operette „Waldmeister“ ist nahezu der Waf
Theodor Kaiser tändeln nach Studentenbrauch mit
anderthalb Jahre nach ihrer ersten Aufführung im der Türk
zwei jungen Mädeln. Die „Schlagermizi“, die es mit
Wiedener Theater auf der Budapester Operetten¬
Heeres a
dem flotten Theodor hält, ist eine Lebensphilosophin,
bühne erschienen, wo dem Wiener Meister einst die
denen sie
wie er selbst. Sie kennt die Eintagsliebe Bruder
größten Erfolge blühten. Dankbarkeit und Respekt
Ko
Studios und ist zu jeder Stunde zum Brechen der
für den Komponisten der „Fledermaus“ und des
alten und zum Knüpfen neuer Bande bereit. Die
„Zigeunerbaron“ öffnen dem Walzerkönig auch dann erfolgte
kleine Christine aber, die Tochter des alten Theater¬
die Pforten des Volkstheaters, wenn er nicht gerade
die Di
musikanten Weiring, liebt ihren Fritz mit der ganzen
im Triumphwagen angefahren kommt. „Waldmeister“
Gluth ihrer junger Seele, die zum ersten Mal, aber
hat heute keinen Erfolg ersten Ranges errungen, der Me
von der ganzen Sturmgewalt der Liebe erfaßt wird.
aber in der freundlichen Aufnahme des gewiß nicht
Pforte d
Für Fritz aber ist auch sie nicht mehr wie ein an¬
packenden Werkes äußerte sich die ganze Sympathie des
seligk
muthiges Spielzeug; er hat noch Zeit und Lust, auch
Publikums für den genialen Künstler und man nahm
Grundbed
Besuche von Ehefrauen bei sich zu empfangen. Die
ohne Widerstreben die feine musikalische Mache, den
jungen Leutchen begehen eben in der Wohnung Reichthum der Arabesken, welche die üppige musikalische
stillstande:
Fritzens ein fröhliches Symposion mit Wein und
Verzierungskunst Strauß' in die Partitur hineinge¬
Moccatorte, Blumen und Musik. Da klingelt es
zeichnet, gerne für die mangelnde Melodienhochfluth von zeh
plötzlich. Die Gäste ziehen sich zurück und Fritz em¬
und den hinreißenden Schwung der Gedanken insentscchi
pfängt den Besuch eines Herrn, der von ihm blitze¬
Tausch, die in Strauß' ersten Werken die Herzen ent¬
Landesgre
sprühenden Auges den — vergessenen Schleier seiner
zückten. Zwei hübsche Nummern im ersten Akte, das
Frau fordert. Der Verführer steht vor dem Rächer
duftige Blumenduett „O Jemine“ und ein Spiel= griechischer
beleidigter Ehre. Er stellt sich ihm.
couplet zu Beginn des zweiten Aktes athmeten sogar des intern
Anderen Tags besucht er Christine in der etwas wie alten Strauß'schen Zauber und wurden konvention
Wohnung ihres Vaters und nimmt zärtlichen Ab= sehr beifällig aufgenommen. Das große Finale, das
brecher,
künstlerisch glänzenden Aufbau und ein poetisches
schied von ihr. Er müsse auf einen Tag verreisen.
Walzerthema bringt, hätte nur eine kraftvollere In= Volo und
In banger Ahnung wirft sich ihm Christine schluch¬
zend um den Hals. Fritz fällt im Duell. Der alte terpretirung durch Regie, Chor und Orchester erfor= des Waffe
dert, um zur schlagendsten Wirkung zu gelan¬
Vater Christinens, dem sein Kind ihr Geheimniß
mächtigten
gen. Der Text der Operette weist dem Komponisten
anvertraut, nachdem er es schon längst errathen, er¬
Kon
fährt die Wahrheit, wagt aber nicht, es ihr mitzu= auch keine verlockenden Aufgaben zu. Die dickflüssige
Verkleidungsgeschichte, in der die naschhafte Galan=mittags f
theilen, aus Furcht, auch noch sein Kind, sein Alles,
zu verlieren. Schließlich vernimmt Christine die ent=terie eines Oberforstrathes einer Sängerin gegenüber,
statt.
setzliche Gewißheit und wie zum Hohne noch den
die Liebe eines Forsteleven zur Braut des Forst¬
Trost, Fritz habe auf dem Wege zum Duell „auch“
rathes, ein unbeholfener sächsischer Professor und
Kon
etwas Botanik besorgen in nicht sehr kurzweiliger
von ihr gesprochen. Auch von ihr! S war sie ihm
licher I
nicht mehr gewesen wie eine Blume, ein Buch, ein Weise den Themenwechsel der Handlung, die einer
verwun
Spielzeug! Aufgelöst in Thr #en, stürzt sie davon
ungarischen The. darstellung fremd ist. In das
transportire
graue Milieu der Vorgänge bringen die häufigen
und der greise Vater bricht schluchzend zusammen:
Farbe von Elassor
Sie kommt mir niemals wieder!
Verkleidungen des Fräulein 9
Was der Operette an steht wegen
Abwechälung.
leichlichen Besekungl und