Liebelei
5. L box 10//7
# 7#/2 79
Kunst und Wissenschaft.
Im „Neuen Theater“ zeigte sich Frau Niele
gestern in Schnitzlers Schauspiel „Liebelei“ in einer
neuen Rolle und zwar in einer sentimentalen, der dee
„Christine“. Das dem Wiener Volksleben entnemem
Schauspiel ist durch zahlreiche Aufführungen deknnt
und einstimmig als Spiegelbild anerkannt worden, dem
der ethische Werth inne wohnt, erzieherisch zu wirken.
Das Bedürfniß nach Theaterbesuch ist angesichts der
herrlichen Sommertage, die uns trotz Falb bescheert
sind, nicht sehr groß. Wenn das Theater am Schiff¬
bauer Damm gestern dennoch einen winterlichen Besuch
aufwies, so war es angesichts der Thatsache eben, daß
ein oft gespieltes Stück zur Aufführung gelangte, in
erster Linie das Interesse an Hansi Niese das dies
zu Wege brachte. In keiner anderen Stadt Deutsch¬
lands oder Deutsch=Oesterreichs wird wirkliche Bühnen¬
begabung so rasch und so einmüthig gewürdigt, wie in
Berlin. Als Hansi Niese zum ersten Mal hier auf¬
trat, zeigte sie sich als specifisch Oesterreichische Sou¬
brette. Das aber, was den Künstler macht, Herz und
Gestaltungskraft, das haben ihr die Berliner sofort
„abgefühlt“, und über Nacht wurde sie eine Berühmt¬
heit im Norden, was ihrem Ansehen im Süden erst
das bedeutungsvolle Relicf gab. Wäre es im umge¬
kehrten Falle nicht heute noch wie vor 30 Jahren, da
die Wiener dem Humor einer Anna Schramm keinen
Geschmack abgewinnen konnten und für die charakte¬
ristische Konnk eines Helmerding „nichts übrig“
Für 50
in
hatten? Und weiß man in München oder Stuttgart,
100
in Dresden oder Graz einem Norddeutschen Talemt
200
sofort das Bedeutende der Begabung abzusehen, wie
500
10
hier den Schwaben, Bayern, Sachsen und Oesterreichern?
. 1000
Berlin darf sich auf sein Kunstverständniß schon etwas
einbilden. Von einer solchartig begabten Darstellerin wie chnitte
Im
Hausi Niese ist immer gerade das am interessantesten, was ich steh
Abonneme
sie einer Rolle von ihrer Eigenart verleiht. Und so ändern.)
Abonnente
hat die fesche, übermüthige Soubrette wieder, wie jüngst
in einer Anzengruberschen „harben“ Rolle, in der Art,
wie sie die unbewußte Gemüthsinnigkeit der „Christine“
zur Schau zu bringen wußte, einen Blick in ihre
schöpferische Künstlerseele gewährt, der wirklich Erfreu¬
liches, Bedeutendes offenbarte. Wir sehen die geniale
aber
Niese lieber in heiteren Rollen; daß sie
eine Darstellerin von eminenter feelischer Veran¬
lagung ist, bewies sie gestern, da sie eine Rolle spielte,
die ihr „figürlich gesprochen“ nicht liegt. Ihr Erfolg
war natürlich ein großer und berechtigter. Sehr fesch
spielte Frl. Kriß die Modistin Mizi, sehr wahr Frau
Koppensteiner die Strumpfwirkersfrau, und famos
gab Jarno die Rolle des heiteren jungen Lebemannes
Theodor. Harry Walden spielte die Rolle des Fritz
überaus treffend und Link als Orchestergeiger stellte,
eine unvergeßliche Charge auf die Bühne. — Hinter
dem Schauspiel wurde des gleichen Verfassers Schwank:
„Abschiedssouper“ aufgeführt und erheiterte die vom
ersten Stück bedrückten Gemüther.
G—n.
Telefon 12801.
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte.
Ausschnitt
Nr. 23
96195
„OBSERVER“
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, IX/1. Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyelé“
Vertretungen in Berlin. Chicago, London, Newyork, Paris, Stockholm.
Ausschnitt aus: #.
vom 7%/2 79
Kunst und Wissenschaft.
O. G. Im Neuen Theauer hat gestern (Mitt¬
woch) Frau Hausi Niese den im vorigen
Sommer bereits angestellten Versuch, die Christine
in Schnitzlers Schausviel „Liebelei“ darzustellen,
wiederholt. Der fee dieses interessanten
Experimentes war gestern genau derselbe
wie im Vorjahre: Frau Niese erwies sich
e ihr Fach,
als vorzügliche Schauspielerin.
das der Sonbrette und Lokalsoubrette, trefflich
ausfüllt, höheren Aufgaben aber nicht ge¬
wachsen ist. Wohl hatte ihre Christine Momente
vor rührender Einfachheit, wohl wußte sie diese
Gesalt des armen, braven Vorstadtmädchens hier
und da mit einem seinen Schimmer natürlicher.
echter Wärme auszustatten, die ergreift und zugleich
erquickt — im ganzen aber gebrach es ihr an
dramatischer Kraft und Energie, die Rolle streng
durchzuführen und innerlich auszubauen. Schon
das Organ und die Sprechart der Frau Niese
sind für derlei Aufgaben durchaus unzu¬
reichend; leises Lispeln und unterdrücktes
Schluchzen können nie und nimmer die er¬
schütternden Töne eines zerquälten Herzens ersetzen.
Da gelang ihr im folgenden Schnitzlerschen Ein¬
akter „Abschiedssouper“ die Rolle der Ballerine
Annie viel, viel besser. Da war alles an ihr
ergötzliches Leben voll Humor und
frisches,
auch einen 50
inclusive
50 1 Schalkhaftigkeit, da erzielte sie
—
Für
Porto.
wohlverdienten Erfolg. Im
100% unbestrittenen,
Zahlbar
200 ersten Stück wirkten neben Frau Niese ——
0 noch Frl. Stesanie Kriß und die Herren Jarsto, □ im Voraus,
Link und Waldenmit Frl. Kriß ist ohne
weifel ein großes Talent; so viel Urwüchsigkeit isschnitte ist das
id Temperament verdienen hervorragende Be¬ auch steht es den
In dieser jungen Dame wird der deut= zu ändern.
e noch eine große Künstlerin er¬
lich wie immer war Herr Jarno¬
der
wrate
hr charakteristisch
en sie au
991
#ere
Gad
drückter, ichwüler Stimmnnn. Do ist der Fritz
##nichter ntag masschmal nachso erust thu — die
W0
ekrenlich um - #. Kit. Dirhasgin
escheten.
Iu guter Leht sei noch des Herrn Nennert de¬
dacht, der im Abschiedssoußer den Kollner na
diese-unbedsnende vioue genügie vollauf, uns in
Heren Neunert einen Künstler zu verrathen, der
zu beobachten und fein zu zeichnen verstehl.
Dieser Kellner war echt!#
5. L box 10//7
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Kunst und Wissenschaft.
Im „Neuen Theater“ zeigte sich Frau Niele
gestern in Schnitzlers Schauspiel „Liebelei“ in einer
neuen Rolle und zwar in einer sentimentalen, der dee
„Christine“. Das dem Wiener Volksleben entnemem
Schauspiel ist durch zahlreiche Aufführungen deknnt
und einstimmig als Spiegelbild anerkannt worden, dem
der ethische Werth inne wohnt, erzieherisch zu wirken.
Das Bedürfniß nach Theaterbesuch ist angesichts der
herrlichen Sommertage, die uns trotz Falb bescheert
sind, nicht sehr groß. Wenn das Theater am Schiff¬
bauer Damm gestern dennoch einen winterlichen Besuch
aufwies, so war es angesichts der Thatsache eben, daß
ein oft gespieltes Stück zur Aufführung gelangte, in
erster Linie das Interesse an Hansi Niese das dies
zu Wege brachte. In keiner anderen Stadt Deutsch¬
lands oder Deutsch=Oesterreichs wird wirkliche Bühnen¬
begabung so rasch und so einmüthig gewürdigt, wie in
Berlin. Als Hansi Niese zum ersten Mal hier auf¬
trat, zeigte sie sich als specifisch Oesterreichische Sou¬
brette. Das aber, was den Künstler macht, Herz und
Gestaltungskraft, das haben ihr die Berliner sofort
„abgefühlt“, und über Nacht wurde sie eine Berühmt¬
heit im Norden, was ihrem Ansehen im Süden erst
das bedeutungsvolle Relicf gab. Wäre es im umge¬
kehrten Falle nicht heute noch wie vor 30 Jahren, da
die Wiener dem Humor einer Anna Schramm keinen
Geschmack abgewinnen konnten und für die charakte¬
ristische Konnk eines Helmerding „nichts übrig“
Für 50
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hatten? Und weiß man in München oder Stuttgart,
100
in Dresden oder Graz einem Norddeutschen Talemt
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sofort das Bedeutende der Begabung abzusehen, wie
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hier den Schwaben, Bayern, Sachsen und Oesterreichern?
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hat die fesche, übermüthige Soubrette wieder, wie jüngst
in einer Anzengruberschen „harben“ Rolle, in der Art,
wie sie die unbewußte Gemüthsinnigkeit der „Christine“
zur Schau zu bringen wußte, einen Blick in ihre
schöpferische Künstlerseele gewährt, der wirklich Erfreu¬
liches, Bedeutendes offenbarte. Wir sehen die geniale
aber
Niese lieber in heiteren Rollen; daß sie
eine Darstellerin von eminenter feelischer Veran¬
lagung ist, bewies sie gestern, da sie eine Rolle spielte,
die ihr „figürlich gesprochen“ nicht liegt. Ihr Erfolg
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spielte Frl. Kriß die Modistin Mizi, sehr wahr Frau
Koppensteiner die Strumpfwirkersfrau, und famos
gab Jarno die Rolle des heiteren jungen Lebemannes
Theodor. Harry Walden spielte die Rolle des Fritz
überaus treffend und Link als Orchestergeiger stellte,
eine unvergeßliche Charge auf die Bühne. — Hinter
dem Schauspiel wurde des gleichen Verfassers Schwank:
„Abschiedssouper“ aufgeführt und erheiterte die vom
ersten Stück bedrückten Gemüther.
G—n.
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Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte.
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I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, IX/1. Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyelé“
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Sommer bereits angestellten Versuch, die Christine
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als vorzügliche Schauspielerin.
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